Mord oder Absicht?. Lothar Schöne
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„Oh, das sind Tees, spezielle Tees.“
Born sah ihn streng an: „Spezielle Tees? Sie meinen sicher Gesundheitstees. Herr Spyridakis, ich habe Ihnen doch schon bei unserem letzten Treffen erklärt, dass Spezialisten herausgefunden haben, dass kein anderer Stoff als Kaffee die Gesundheit am besten fördert.“
Vlassi legte den Kopf leicht in den Nacken: „Stimmt. Jetzt fällt es mir auch ein. Das haben Sie gesagt.“ Er lachte laut und wie befreit auf, was sein Gegenüber irritierte.
„Warum lachen Sie so grell?“, fragte Born.
Vlassi war deshalb in ein so unnatürliches Lachen ausgebrochen, weil ihm gerade bewusst geworden war, dass sein Gedächtnis funktionierte. Es war schließlich eine Weile her, dass er mit Born einen Kaffee getrunken hatte. Und er wusste es noch. Verloren war er also nicht, die Verlorenheit, in der er sich nach dem Besuch bei Dr. Niebergall wähnte, konnte er abstreifen, er konnte gewissermaßen aus der Verlorenheit heraussteigen. Ja, er war sich jetzt sicher, dass die Vokabel Verlorenheit überhaupt nicht zu ihm passte.
5 Schwarzer Humor springt aus dem Sarg
Wenige Minuten später saßen die beiden Männer im Café Rondo am Schiersteiner Hafen. Auf dem Weg dorthin wollte Volker Born wissen, woran Vlassi gerade arbeite: „Sie wissen doch, ich interessiere mich stark für grauenhafte Morde. Und möglichst blutig sollten sie sein.“
Vlassi erwiderte ausweichend: „Sie haben mich beim letzten Fall schon sehr inspiriert …“
„Nicht nur beim letzten“, fiel ihm Born ins Wort, „denken Sie nur daran, was ich Ihnen für wertvolle Infos beim Kunstfall gegeben habe, jene Mona-Lisa-Angelegenheit. Sie erinnern sich doch?“
Vlassi überlegte angestrengt, hier handelte es sich gewissermaßen um eine Nagelprobe für sein Gedächtnis. Doch auf einmal fiel ihm die Szene ein, wo er Born als Kunstjünger bezeichnet hatte – und er lachte befreit vor sich hin.
„Sie befinden sich in einer Lachphase“, stellte Born stirnrunzelnd fest.
Vlassi merkte, dass er es mit seinem Erinnerungslachen nicht übertreiben durfte, und sagte: „Mir ist gerade eingefallen, dass ich Sie als Dadaist bezeichnet habe.“
„Was gibt es da zu lachen? Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Sind Ihnen etwa jetzt Zweifel gekommen, und lachen Sie deshalb?“
„Auf keinen Fall“, stellte Vlassi klar, „Sie sind nach wie vor ein geborener Dadaist …“
„Das will ich hoffen“, nahm ihm Born das Wort ab, „so wie die Dadaisten schwimme auch ich gern gegen den Strom.“
„Und mir fällt auch noch ein“, ergänzte Vlassi, der glücklich über seine Erinnerungsleistung war, „dass Sie nichts dagegen hatten, Polizeipräsident zu werden.“
„Stimmt. Nach wie vor hätte ich gar nichts dagegen, gäbe mich aber auch mit dem Posten eines Kriminalrats zufrieden.“
„Richtig!“, jauchzte Vlassi auf, „Kriminalrat kam auch infrage.“
Die beiden waren inzwischen am Rheinufer angekommen und steuerten den Außenbereich des Cafés an. Nachdem sie einen freien Tisch gefunden hatten und sich gerade setzten, fragte Volker Born: „Warum sind Sie eigentlich auf den letzten Fall gekommen? Warum reden wir über die Vergangenheit?“
Wieder befand sich Vlassi in einer gewissen Erklärungsnot, wusste sich aber Rat: „Ich wollte Ihren Humor mal wieder hervorkitzeln. Ihr Humor ist zwar schräg, aber mitunter doch ganz hilfreich.“
Born rümpfte die Nase: „Mitunter? Ich möchte doch hoffen, dass er unentwegt hilfreich ist.“ Er machte eine kleine Pause: „Wissen Sie, was Humor ist?“
„Ja, also …“, setzte Vlassi an.
„Ich sage es Ihnen“, erklärte Born, „Humor ist die beste Überlebensstrategie. Erfordert allerdings das Talent, lachen zu können. Am besten über sich selbst.“
Vlassi nickte: „Besser hätte ich es auch nicht sagen können.“
„Das habe ich mir gedacht“, lächelte Born, „und wissen Sie auch, was eine humorfreie Zone ist?“
„Das ist eine Zone, die des Humors entbehrt.“
„Nicht schlecht formuliert“, teilte Born mit, „aber man muss klarer werden. Die humorfreie Zone ist eine schauerlich unfruchtbare Gegend, die sehnsüchtig auf Düngung wartet.“
„Ah ja“, nickte Vlassi und retournierte, indem er Borns Worte wiederholte: „Das habe ich mir gedacht. Aber die Frage ist doch: wie kann man diese Gegend düngen?“
„Sie meinen, womit? Das ist doch ganz einfach. Man muss diese unfruchtbare Gegend mit Humor düngen.“
„Richtig“, bestätigte Vlassi, „Sie haben ja so recht. Mit Humor düngen, damit alles fruchtbar wird.“
Eine Kellnerin kam, die beiden orderten je einen Kaffee, und kaum war die Bedienung fortgeeilt, fragte Vlassi: „Aber wissen Sie auch, was schwarzer Humor ist?“
„Schwarzer Humor ist mein Lieblingshumor“, teilte Born mit ernstem Gesicht mit.
„Das habe ich mir schon gedacht“, grinste Vlassi, „und ich kann Ihnen sogar Ihren Lieblingshumor erklären.“
Volker Born streckte seinen Kopf vor: „Legen Sie los.“
„Schwarzer Humor ist, wenn man aus dem Sarg heraus einen Witz über das Jenseits macht.“
Born sah Vlassi einen Moment an, dann lachte er: „Sehr gut. Gefällt mir.“ Er machte eine kleine Pause: „Ich wusste schon immer, dass Sie ein sprachtüfteliger Kommissar sind.“
In dem Moment fiel Vlassi sein ureigenes Problem ein: „Man könnte auch sagen: Schwarzer Humor ist, wenn man aus der Erinnerungslosigkeit einen Witz über das Diesseits macht.“
„Nein, nein“, widersprach Born, „Sie verderben ja die Pointe. Bleiben Sie bei der ersten Fassung, die ist druckreif.“
Die Kellnerin kam und brachte ihre Kaffees. Born nahm einen Schluck, um dann sein Gegenüber zu fragen: „Erinnerungslosigkeit, wie kommen Sie denn darauf?“
„Ich bin doch sprachtüftelig. Da fällt einem so was ein.“
Born setzte seine Tasse ab: „Trinken Sie einen Schluck Kaffee. Der macht Sie weniger sprachtüftelig. Zu viel Sprachtüftelei ist ungesund.“
Vlassi schaute auf seinen Kaffee, nahm schließlich die Tasse in die Hand, ohne sie an den Mund zu führen.
„Trinken Sie nicht? Warten Sie auf eine Eingebung von oben?“, fragte der Theologe Born.
Jetzt setzte Vlassi die Tasse an seine Lippen und trank, allerdings etwas zögerlich. Dann setzte er sie ab und sagte zu Born: „Wissen Sie, ich frage mich manchmal, weshalb wir eine Erinnerung haben. Wenn wir keine hätten, wäre doch alles jeden Tag neu. Wir könnten uns in dieselbe Frau verlieben, würden es nicht wissen, und alles wäre wie beim