Deutschland wohin???. Luma Mayhér
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1.3 Die Zeit der rot-grünen Regierung unter Kanzler Schröder
Im Verlauf der 90er Jahre stieg die Arbeitslosigkeit immer weiter an. Dieser Anstieg wurde vor allem durch den Wirtschaftsumbruch in Ostdeutschland mit den zahlreichen Betriebsschließungen und freigesetzten Arbeitskräften sowie durch größere konjunkturelle Einbrüche verursacht. Das Thema Arbeitslosigkeit hatte für Westdeutschland spätestens seit dem „Wirtschaftswunder“ der 50er Jahre nahezu keine Bedeutung. 1998 waren dann aber etwa 3,5 Mio. Menschen arbeitslos. Die Tendenzen sprachen für einen weiteren Anstieg, ggf. auf 4 Mio. Der SPDKanzlerkandidat Schröder ging mit großen Ankündigungen zum Abbau dieses Problems in den Wahlkampf. Er versprach bei seiner Wahl, die Arbeitslosigkeit sehr bald zu halbieren und danach noch weiter zu reduzieren. Schröder hat dann tatsächlich die Wahl gewonnen. Der inzwischen altbacken wirkende Kanzler Kohl war zudem gegen den jugendlich, frisch auftretenden SPDKandidaten Schröder den Wählern nicht mehr zu vermitteln.
Der neue Kanzler Schröder bemühte sich intensiv um die wirtschaftliche Belebung und den Abbau der Arbeitslosigkeit. Dazu fand ein erheblicher sozialer Umbau statt. Schröder versuchte vor allem durch große steuerliche Vergünstigungen für Konzerne und Kapitalerträge sowie durch massiven Sozialabbau sein Wahlversprechen des Abbaus der Arbeitslosigkeit und zugleich einen wirtschaftlichen Aufschwung zu erreichen. Die unter seiner Regierung erfolgten Veränderungen der Einkommen-, Körperschafts- und Erbschaftsteuern hatten erhebliche Auswirkungen. Damit fand ein Wandel zugunsten der Wirtschaft, Wohlhabenden und Reichen zulasten der breiten Bevölkerung statt (Hartmann M., S. 128). Der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer, der bislang dem in Dänemark entsprach, wurde um etwa einem Fünftel gesenkt (3.4, S. 225), die Körperschaftssteuer sogar um 37,5 %, also um mehr als ein Drittel. Hingegen erfuhren die Reichen mit hohen jährlichen Millioneneinkommen eine steuerliche Entlastung von etwa 25 %, die sehr Reichen um über 40 %. Aufgrund der neuen Steuergesetze verzichtete der Staat bei den reichsten Deutschen sogar auf jährliche Steuereinnahmen in der Höhe von fast 1,6 Milliarden € (Hartmann, M., S. 129).
Zugleich erfolgte unter Schröders Kanzlerschaft ein deutlicher Abbau der sozialen Errungenschaften seiner Vorgänger, insbesondere aus der Regierungszeit des Kanzlers Brandt, z. T. auch noch aus der Regierung unter Kanzler Schmidt. Der Arbeitgeberanteil für die Sozialversicherungen erfuhr eine erhebliche Kürzung und es wurden die Voraussetzungen für befristet Arbeitstätigkeit und den Niedriglohnsektor geschaffen. Es waren Veränderungen, wofür die konservativen Parteien der CDU und CSU im Bundestag nie die notwendige Mehrheit erhalten hätten, solange die SPD Oppositionspartei war. Besonders gravierend waren die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenunterstützung sowie die starke zeitliche Begrenzung für das Arbeitslosengeld. Es waren letztlich die Regelungen, die der damit beauftragte Akteur, der frühere VW-Betriebsrat und SPD-Mitglied Peter Hartz, entwickelte. Sie werden bis heute als Hartz-4 bezeichnet. Peter Hartz wurden später erhebliche Unregelmäßigkeiten nachgewiesen, die er als Betriebsrat bei VW beging. Das Gericht ahndete diese Straftaten mit einer Geldstrafe in Höhe von 400.000 €. Der damalige Wirtschaftsminister Clement brachte weitere Veränderungen, wie die Abschaffung der Meisterpflicht für etwa 50 Berufsrichtungen und das Entgelt der 1-Euro-Jobber. Die Abschaffung der Meisterpflicht hatte nie die daran geknüpfte Erwartung eines deutlichen Anstiegs der Beschäftigtenzahlen gebracht. Stattdessen bewirkte sie einen deutlichen Qualitätsabbau bei handwerklichen Leistungen sowie sinkende Bereitschaft, eine Lehre zur Ausbildung zu absolvieren. Auch deshalb fehlt es heute an qualifizierten handwerklichen Fachkräften. Aus diesen Gründen hatte sich in den letzten Jahren die Handwerkerschaft zur Rückkehr zur Meisterpflicht ausgesprochen, die inzwischen in einigen Berufen wieder gegeben ist. Eine weitere Ausweitung wird von der Politik diskutiert. Die Möglichkeit einer Belebung durch Förderung der Selbständigkeit im Handwerk wurde hingegen unzulänglich genutzt.
Der damalige Wirtschaftsminister Clement führte zur Wiederbeschäftigung von Arbeitslosen die Entlohnung von 1 € / Stunde ein. Bei einer Vollbeschäftigung hätte 2002 damit der betreffenden Arbeitnehmer 165 € im Monat bzw. 1.980 € im Jahr verdient (2019 Google Angabe zur damaligen Jahresarbeitszeit von Vollbeschäftigten). Bei dem geschätzten Ministergehalt vom Wirtschaftsminister Clement hätte ein 1 €-Jobber über siebeneinhalb Jahre arbeiten müssen, um durch seine Arbeit den Betrag des Monatslohns von Minister Clement zu erreichen. Unter Einrechnung des Harz IV-Monatsregelsatzes (2005) sind immer noch je nach Regelbedarfssatz knapp zweieinhalb bis über drei Jahre Arbeit eines 1 €-Jobbers für den Monatsverdienst von Minister Clement erforderlich. In Ostdeutschland etwas mehr, weil dort die Regelsätze niedriger waren. Nun wird das verfügbare Einkommen des Ministers durch die Lohnabzüge merklich gekürzt. Das gilt aber noch stärker für 1 €- Jobber, denn die müssen von diesem schmalen Verdienst auch noch das Fahrgeld zum Arbeitsort begleichen. Unter günstigen Bedingungen sind das mindestens 2 €/Strecke, somit geht die Hälfte der 8 €, die er für 8 Stunden Arbeit erhält, an Fahrkosten drauf! Die Beschäftigung als 1 €-Jobber hat nach Presseberichten zudem für die meisten Betroffenen nicht den erhofften Wiedereinstieg in eine angestellte Berufstätigkeit gebracht. Sie ist fast eine Verhöhnung der betroffenen Personen. Es ist eigentlich unglaublich, dass diese Regelung von einer sozialdemokratischen Regierung eines SPD-Kanzlers stammt, denn zuvor war ein Leitmotiv dieser Partei soziale Gerechtigkeit.
In Anbetracht der erheblichen Ausweitung von beschäftigten Arbeitnehmern im Niedriglohnsektor sowie von Kurz- und Teilzeitarbeit warnten Experten schon damals vor einer anwachsenden Altersarmut, die diese Entwicklung nach sich ziehe. Dafür kam der zukünftigen Rentenpolitik eine wesentliche Schlüsselposition zu. Die Grundannahmen für die Renten hatten sich durch die Nazizeit, die demografischen Veränderungen und den steigenden Lebezeitraum wesentlich verändert. In der ursprünglichen Version lag das Kernanliegen darin, die Altersversorgung von den Unsicherheiten privater Vorsorge in eine staatlich garantierte, ausreichende Mindestversorgung umzuwandeln. Diese Ausrichtung erfolgte aufgrund der negativen Erfahrungen, die bei Schicksalsschlägen private Vorsorge vernichten können. Das Eintrittsalter wurde bei der Renteneinführung zur vorletzten Jahrhundertwende, trotz einer wesentlich längeren Wochenarbeitszeit als heute, mit 65 Jahren festgelegt. Der deutsche Mann erreichte zu dieser Zeit im statistischen Durchschnitt nur ein Lebensalter von 46,4 Jahren, die Frauen von 52,2 Jahren. Viele Personen erreichten also die Altersgrenze nicht, so dass die Anzahl der zu versorgenden Rentner entsprechend geringer war. Für die Finanzierung der Renten wurden jährlich aufgestockte Rücklagen gebildet. Diese Rücklagen plünderten aber die Nazis und brauchten sie zweckentfremdet zur Finanzierung ihrer Rüstung auf. Die braunen Machthaber gingen davon aus, nach einem gewonnenen Krieg die verausgabten Rentenbeiträge den besiegten Ländern aufzubürden.
Mit der Kriegsniederlage war das vorbei. In dieser Situation brauchte man ein neues Modell.
Die Regierung Adenauer deklarierte den Generationenvertrag. Der beinhaltet, dass aus den Rentenbeiträgen der Beschäftigten nicht mehr Rücklagen gebildet werden, sondern dass die Beiträge der aktuell zu versorgenden Rentnergeneration dienen, da ja für deren Finanzierung die Rücklagen nicht mehr vorhanden waren. Angesichts der in den 50er Jahren hohen Geburtenzahlen, noch mehr der Geburten im Zeitraum 1960 bis 1966/67, ein durchaus vertretbares Konzept. In der damaligen Zeit begannen dennoch einige Bundesländer zumindest für die zukünftige Beamtenversorgung Pensionsrücklagen zu bilden. Diese sinnvolle Maßnahme wurde bei Konjunktureinbrüchen mit dem Verweis auf die Praxis in den meisten anderen Bundesländern aufgegeben, um mit diesen Mitteln Haushaltsdefizite auszugleichen.
Inzwischen haben sich aber die Grundvoraussetzungen verändert. Die Geburten liegen seit Ende der 60er Jahre etwa ein Drittel unter der Sterberate. Deshalb sind langfristig immer mehr Rentner von der dann verbliebenen nachwachsenden jungen Bevölkerung zu versorgen. Gleichzeitig stieg die Lebenserwartung enorm an. Je mehr sich der Geburtenrückgang als dauerhaftes Phänomen abzeichnete, desto mehr wurden