Das Nibelungenlied. Группа авторов
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136 Alsbald an dem Hofe fragten die schönen Fraun,wer sei der fremde Recke, so stolz anzuschaun:»Sein Wuchs ist so herrlich, gar reich sein Gewand.«Da sprachen ihrer viele: »Das ist der König aus Niederland.«
137 Was man beginnen mochte, dazu war er bereit.Er trug in seinem Herzen eine minnigliche Maidund einzig ihn die Jungfrau, die nimmer er geschaut.Sie sprach im Geheimen von ihm gar vieles lieb und traut.
138 Wann immer auf dem Hofe die Jugend das Spiel begann,Ritter sowie Knappen, so schaut es eifrig anKriemhild durch die Fenster, die Königin hehr.Keine Kurzweil brauchte zu solchen Zeiten sie mehr.
139 Wüsst er, dass ihn schaute, die er im Herzen trug,davon hätt er Kurzweil immerdar genug.Könnt auch er sie schauen, glauben ihr mirs könnt:ihm wäre auf dieser Erde nie ein besser Los gegönnt.
140 Wenn er bei den Recken auf dem Hofe stand,wie es noch jetzt die Leute zur Kurzweil tun im Land,so stand da so minnig der Siglinde Kind,dass ihm in Herzensliebe manche Frau war wohlgesinnt.
141 Auch er dacht zuweilen: Wie soll das geschehn,dass ich die edle Jungfrau könnte mit Augen sehn,die ich von Herzen minne, wie ichs lang getan?Sie ist mir gar fremde. Drum muss ich traurig sein fortan.
142 Wenn die mächtigen Fürsten ritten in das Reich,so mussten stets die Ritter mit ihnen allzugleich.Mit diesen ritt auch Sigfrid. Das war den Frauen leid.Er hatte durch hohe Minne viel Beschwerde allezeit.
143 So wohnt er bei den Herren – das ist gewisslich wahr –in König Gunthers Lande ein volles Jahr,da er die Minnigliche die ganze Zeit nicht sah,durch die einst viele Liebe und auch viel Leides ihm geschah.
Viertes Abenteuer
Wie Sigfrid mit den Sachsen stritt
144 Da kam fremde Nachricht in König Gunthers Landdurch Boten, die von ferne man dorthin gesandtvon unbekannten Recken, die erfüllt von Hass.Als sie die Mär vernahmen, leid war ihnen von Herzen das.
145 Die will ich euch nennen: es waren Lüdegeraus dem Sachsenlande, ein mächtiger König hehr,dazu vom Dänenlande der König Lüdegast.Dessen Freunde gern trugen jeder Unterstützung Last.
146 Ihre Boten waren kommen zum Burgundenland;dessen Widersacher hatten sie hingesandt.Man fragte nach ihren Wünschen die unbekannte Schar;dann brachte man sie eilend zu Hof, wo der König war.
147 Da sprach der König Gunther: »Nun seid mir willkommen!Wer euch hierhergesendet, hab ich noch nicht vernommen.Das möget ihr hören lassen«, sprach der Ritter gut.Da zagten sie gar heftig vor des grimmen Gunthers Mut.
148 »Wollt Ihr uns, König, erlauben, dass wir die Botschaft sagen,die wir Euch nun bringen, so wollen wirs vortragen.Wir nennen die Herren, die uns hergesandt:Lüdegast und Lüdeger, die wollen heimsuchen dies Land.
149 Ihr habt deren Hass erworben, Ihr könnt glauben das.Wider Euch hegen die Recken grimmen Hass.Sie planen eine Heerfahrt nach Worms an den Rhein.Ihnen folgen viele Recken. Daran soll Euch kein Zweifel sein.
150 Binnen zwölf Wochen soll die Fahrt geschehn.Habt Ihr gute Freunde, lasst bald sie es ersehn,dass sie Euch schirmen helfen die Burgen und Euer Land!Sie werden hier zerhauen manches schmucken Schildes Rand.
151 Oder wollt Ihr verhandeln, so legt dieses dar!Dann reitet nicht so nahe ihre starke Scharnach Worms an dem Rheine zu Euerm Herzeleid,davon verderben müsste manch guter Ritter hier im Streit.«
152 »Verzieht nun eine Weile«, der edle König sprach,»bis ich es erwogen! Ich künde es euch danach.Hab ich getreue Mannen, denen will ichs vortragen:so wichtige Botschaft muss ich meinen Freunden sagen.«
153 Dem König war die Botschaft Leides genug;die Kunde im Geheimen im Herzen er trug.Er ließ Hagen holen. Auch andere er entbot.Er hieß alsbald auch gehen zu Hofe hin zu Gernot.
154 Da kamen nun die Besten zu ihm, die man fand.Er sprach: »Heimsuchen will man unser Landmit starken Heerscharen. Das lasst euch werden leid!Ohne Verschulden will man wider uns erheben Streit.«
155 »Dem wehren wir mit Schwertern«, sprach da Gernot.»Dann stirbt, wem es beschieden; der soll liegen tot.Darob will ich vergessen nie der Ehre mein.Unsere Widersacher sollen uns willkommen sein.«
156 Da sprach der starke Hagen: »Das dünkt mich nicht gut.Lüdegast und Lüdeger sind erfüllt von Übermut.Wir können das Heer nicht sammeln in so wenigen Tagen«,sprach der kühne Recke. »Drum müsst Ihr Sigfrid dieses sagen.«
157 Herberge den Boten in der Stadt man wies.Waren sie auch Feinde, gut zu verpflegen hießsie Gunther, der reiche – das war wohlgetan –,bis er fände die Freunde, die zur Hilfe zögen heran.
158 Dem König seine Sorgen schufen jedoch viel Leid.Da sah ihn in Trauer der Degen tatbereit,der nicht wissen konnte, was ihm wäre geschehn.Da bat er den König, des Kummers Grund ihm zu gestehn.
159 »Mich wundert es gar schmerzlich«, sprach da Sigfrid,»wie Ihr so habt verändert die fröhliche Sitt,die Ihr mit uns nun lange mochtet seither pflegen.«Drauf antwortet ihm Gunther, der gar stattliche Degen:
160 »Nicht mag ich allen Leuten von dem Schweren sagen,das ich muss im Geheimen in meinem Herzen tragen.Doch soll man wahren Freunden klagen die Herzensnot.«Da ward Sigfrids Farbe beides, bleich bald und rot.
161 Er sprach zu dem König: »Empfanget meinen Eid!Ich will Euch wenden helfen all Euer Leid.Wollt Ihr Freunde suchen, so will ich einer sein.Ich denke es zu vollbringen in Ehren bis zum Ende mein.«
162 »Nun lohn Euch Gott, Herr Sigfrid! Die Rede dünkt mich gut.Selbst wenn mir Eure Stärke nimmer helfen tut,ich freue mich doch der Kunde, dass Ihr mir seid so hold.Sollt ichs noch erleben, ich wohl es Euch vergelten wollt.
163 Ich will Euch hören lassen, warum ich traurig bin:durch Boten meiner Feinde vernahm das mein Sinn,dass sie heimsuchen wollen mit einem Heer mich hie.Solches taten Degen uns in diesem Land noch nie.«
164 »Das achtet nur geringe«, sprach da Sigfrid,»und sänftigt Euern Kummer. Tut, was ich bitt,lasst mich Euch erwerben Ehre und auch Gewinn,eh dass Eure Feinde kommen zu diesem Lande hin!
165 Wenn Eure starken Feinde zur Hilfe hätten wohldreißigtausend Recken, ich sie bestehen soll,hätt ich deren tausend, Ihr könnt vertrauen mir.«Da sprach der König Gunther: »Das will ich stets vergelten dir.«
166 »Lasset mir drum folgen von Euch tausend Mann,da ich von den meinen nicht mehr stellen kannals nur zwölf Degen! So schirm ich Euer Land.Euch soll immer dienen fortan in Treuen Sigfrids Hand.
167 Dazu helfe uns Hagen und auch Ortwein,Dankwart und Sindold, die werten Recken dein;auch soll mit uns reiten Volker, der kühne Mann;der soll die Fahne tragen: niemand besser als er es kann.
168 Nun lasst die Boten reiten wieder in ihr Land!Dass sie uns bald da sähen, das gebe man ihnen bekannt,so dass unsere Städte Frieden haben fortan!«Da hieß der König entbieten jeden Magen und jeden Mann.
169 Lüdegers Gesandte zu Hofe kamen so.Dass sie nach Hause sollten, dess waren sie gar froh.Da bot ihnen reiche Gaben Gunther, der König gut,und verhieß ihnen