Am Himmelreich ist die Hölle los. Ilka Silbermann

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Am Himmelreich ist die Hölle los - Ilka Silbermann

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so leichtsinnig gewesen wärst, hätte sie auch die Ausbildung machen können. Denn dann wären wir …“

      „Fängst du schon wieder mit dieser Leier an?“, schimpfte Rolf zurück, schrumpfte jedoch sichtbar in sich zusammen. Leise fügte er hinzu: „Das lässt sich jetzt nicht mehr ändern“, und senkte traurig den Kopf.

      Gerda bekam augenblicklich Gewissensbisse. „Es tut mir leid, Rolf. Ich hatte wohl genauso viel Schuld daran wie du. Ich hätte …“

      ***

      Einige Zeit später klopfte es an der Küchentür. Verwundert sah Sabrina hoch, während Orko augenblicklich zu knurren begann.

      „Ruhig, Orko, bleib!“, wies sie ihn an. Er gehorchte und blieb auf seinem Platz liegen. Sie stellte ihre Tasse ab und wollte sich gerade erheben, als schon die Tür zur geräumigen Wohnküche geöffnet wurde und der Kopf des Älteren durch den Spalt lugte.

      „Entschuldigung! Im Schuppen sind Fahrräder. Dürfen wir sie uns ausleihen? Wir zahlen.“

      Im Nu legte er einen Zwanzig-Euro-Schein auf die Arbeitsplatte neben der Tür.

      Vor lauter Überraschung war Sabrina zunächst sprachlos. So nickte sie nur.

      Augenblicklich verschwand der Fremde. Es hatte eindeutig etwas Unheimliches.

      Verwundert sah sie auf die geschlossene Tür, stand auf, nahm den Zwanzig-Euro-Schein an sich und betrachtete ihn fast bewundernd.

      Ein schöner Schein, dachte sie. Er fühlte sich wie frisch gedruckt an – so glatt und fest. Augenblicklich erfüllte sie Freude, die das Gefühl der Beklemmung vertrieb. Der kam nun wirklich gerade recht. Es herrschte Ebbe in ihrem Portemonnaie.

      Die Ferienwohnungen warteten alle auf Gäste, bis auf die soeben vergebene. Erst in einem Monat begann ihr Saisonjob in Bensersiel. Das Arbeitsüberbrückungsgeld reichte vorn und hinten nicht. Ihre Reserven, die sie eigentlich für überraschende Reparaturmaßnahmen hütete, gingen zur Neige.

      Gut, dass ihre drei Hühner gerade wieder anfingen zu legen. Da gab es zumindest mal ein Ei.

      ***

      „Was für eine Frechheit!“, erboste sich Gerda. „Hast du das mitbekommen? – Rolf!“, rief sie ungeduldig.

      „Ja, natürlich“, murrte ihr Angetrauter.

      „Das gefällt mir gar nicht. Scheint hier herumzuschleichen und sich alles ganz genau anzusehen. Geht ungefragt in den Schuppen – und dringt durch den Hintereingang ins Haus ein –, das gefällt mir gar nicht“, wiederholte sie sich.

      „Das sehe ich genauso! Was machen wir jetzt?“

      Gerda überlegte einen kurzen Augenblick: „Komm, wir sehen uns die beiden einmal genauer an.“

      Draußen machten sich derweil die beiden Männer auf dem großflächigen Hof an den Rädern zu schaffen.

      Sie prüften den Luftdruck der Reifen, die Funktionsfähigkeit der Bremsen, sogar die Beleuchtung. Schließlich stellten sie die Sattelhöhe ein. Werkzeug fanden sie bei den alten Rädern in der kleinen Tasche unterhalb des Sattels. Sogar Flickzeug befand sich darin. Also alles vorschriftsmäßig.

      Der Ältere schien zufrieden. Blickte auf sein Smartphone, das ihm offensichtlich als Navigationshilfe diente, gab einen knappen Befehl, und beide stiegen auf, wobei der Jüngere mit dem Damenfahrrad vorliebnehmen musste.

      Er schaute nicht begeistert, doch sein Vordermann rief ihm etwas zu, das seinen Gesichtsausdruck aufhellte.

      „Hast du verstanden, was sie gesagt haben?“, fragte Gerda ihren Mann, als die beiden den Hof verlassen hatten.

      „Nicht ein Wort“, entgegnete er achselzuckend. „Nur, dass der Ältere scheinbar Iwan heißt und der Kleine Anton.“

      „Oje! Iwan, der Schreckliche!“ Gerda schaute ganz unglücklich drein. „Genau diesen Eindruck macht er auch. – Ich sag dir, da stimmt was nicht! Ich wüsste zu gerne, was sie vorhaben.“

      ***

      Kurzes Klopfen an der Küchentür, und wieder schob sich der Kopf des Älteren durch den Türspalt.

      Erschrocken guckte Sabrina hoch. Diesmal würde sie sich zur Wehr setzen. Orko war schon aufgesprungen und rannte wütend bellend zur Tür, die flugs und geräuschvoll geschlossen wurde.

      „Halten Sie die verdammte Töle zurück!“, klang es dumpf durch die Tür.

      Sabrina gefiel dieses ungehobelte Verhalten überhaupt nicht, doch was sollte sie machen? „Orko, komm!“, befahl sie ihrem Beschützer. „Orko!“ Sie wurde streng. Widerwillig gehorchte der Hund. „Sitz!“, befahl sie ihm. Und dann: „Bleib!“

      Sie ging zur Tür und öffnete sie. „Hören Sie mal, so geht das nicht!“

      „Der Hund ist ja lebensgefährlich!“, fiel ihr der Angesprochene ins Wort.

      „Er beschützt mich bloß. Das ist seine Aufgabe“, erwiderte Sabrina streng. „Sie müssen schon meine Privatsphäre respektieren, Herr, Herr … Wie heißen Sie eigentlich?“

      „Nennen Sie mich Igor. Einfach Igor!“ Er versuchte sich versöhnlicher zu zeigen. „Das kann ich verstehen. Leben Sie alleine?“

      Sabrina wurde vorsichtig. „Was wollen Sie von mir?“

      „Essen!“

      Sie hob verdutzt die Augenbrauen, wandte sich kurz um und schaute zu ihrem Teller Haferbrei auf dem Tisch, ihrem Abendessen, und dann wieder zu Igor.

      „Wir zahlen!“

      „Ja, ja!“ Sabrina wurde ungeduldig. Gleichzeitig war es ihr peinlich, dass man möglicherweise sehen konnte, dass sie praktisch nichts im Haus hatte.

      „Das nützt jetzt gar nichts! Darauf bin ich nicht vorbereitet. Ich vermiete Ferienwohnungen. Das bedeutet, dass Sie sich selbst verpflegen müssen. Sie können nach Bensersiel oder Esens fahren und dort zu Abend essen.“

      Der Mann griff in seine Hosentasche, zog ein dickes Bündel Geldscheine heraus, fingerte daraus vier Fünfzig-Euro-Scheine und drückte sie ihr in die Hand.

      Als er ihre Hand nahm, sprang Orko auf und begann zu knurren.

      „Ruhig, Orko!“, befahl Sabrina sofort.

      „Er … – wirklich wachsam. Sie kaufen morgen in der Frühe ein. Wir brauchen nicht viel zum Frühstück. Kaffee und Ei. Neun Uhr Frühstück. Mittags brauchen wir nichts, dafür abends kochen und Bier und Wodka, eisgekühlt. Das Geld müsste reichen. Wenn Sie mehr brauchen – sagen.“ Diesmal bemühte er sich, seine Stimme vertrauenerweckend klingen zu lassen.

      „Augenblick!“, rief Sabrina ihm hinterher, als sie sich von der Überraschung erholt hatte.

      Er drehte sich im Flur noch einmal zu ihr um.

      „Wie lange bleiben Sie denn?“ Sabrina überlegte, wie viele

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