Crow Kingdom. Tino Falke
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Crow Kingdom - Tino Falke страница 3
Willkommen in Corona Kingdom!
Sobald die Eingangspforten unter dem großen Torbogen geöffnet werden, strömen auch schon die Ersten herein. Zur Linken wartet bereits ein Souvenirshop. In der Wechselstube zur Rechten kann man sein Geld gegen die Währung des Parks eintauschen.
Der Torbogen ist strahlend gelb, am äußeren Rand ragen gleichfarbige Stäbe in alle Richtungen. Sonnenstrahlen. Denn in Corona Kingdom scheint immer die Sonne. Nirgends ist es so schön wie hier. Die Parkregeln sagen, ich muss alle Eintretenden anlächeln, nachdem ich ihre Tickets kontrolliert habe. Ich gebe ihnen einen Faltplan des Geländes und wünsche ihnen viel Spaß. In Scharen pilgern sie auf die Welcome Avenue.
Geschrien wird nur aus Freude. Gelaufen wird nur, um so bald wie möglich alles zu sehen. Es wird noch Monate dauern, bis wir den Park in Schutt und Asche legen werden.
Die Straße, auf die man zuerst gelangt, bietet noch keine echten Attraktionen. Zu beiden Seiten öffnen Geschäfte und Restaurants ihre Türen. Die Geschäfte bieten nichts als Merchandising, die Restaurants nichts als Fast Food. Bevor das erste Fahrgeschäft überhaupt in Sichtweite kommt, soll die Kundschaft bereits die Hälfte ihres Geldes ausgeben. Die bunten Plastikmünzen und Scheine, die man im Park bekommt, sind unhandlich groß und unangenehm grell, damit die Leute sie möglichst schnell wieder loswerden wollen. Nur einer der vielen Tricks von Bellmore, um den Umsatz zu steigern. Doch was Jasper Bellmore beschließt, ist Gesetz. Er ist der Gründer des Parks. Der König von Corona.
Jeder weiß, dass es in den Rabe-Büchern kein Königreich gibt. Die Kinderbuchtrilogie, auf der all das basiert, handelt von simplen Tieren im Wald, doch für den Vergnügungspark war das nicht genug. Es ist so sinnvoll wie Schlumpf Safari Tours oder Planet Astérix, aber den Leuten, die uns besuchen, ist das egal. Hauptsache, wir bieten ihnen rasante Achterbahnen, bunte, laute Paraden und Fotogelegenheiten mit all ihren Lieblingsfiguren.
Nachdem die Menschentraube, die schon vor der Parköffnung am Eingang stand, sich auf der Welcome Avenue verteilt hat, nähern sich meine Kolleginnen und Kollegen in den Kostümen. Die ikonischen Figuren lösen bereits Jubel aus, als sie den Fahnenmast am Ende der Straße passieren. Während sie auf die begeisterten Kinder und Erwachsenen am Sonnentor zukommen, hissen zwei Angestellte die Flagge mit dem Logo des Parks – der Silhouette eines Raben, aufwärts fliegend, vor einem gelben Kreis.
Die Flagge muss zügig und mit einem Lächeln gehisst werden. Sie darf nicht den Boden berühren. Sie darf nicht beschmutzt oder beschädigt werden.
Alles muss perfekt sein. Wer gerade Reinigungsschicht hat, muss den ganzen Tag lang Müll aufsammeln. Zum Glück wechseln wir uns ab. Kundschaft begrüßen, Burger braten, Klos putzen – mit Ausnahme von Reparatur und Wartung ist kein Bereich exklusiv, wir alle sind abwechselnd für jede Aufgabe zuständig. Letzte Woche war ich es, die im Rabenkostüm den Arm um wildfremde Menschen legte, um für Fotos zu posieren. Diese Woche überreiche ich den Ankommenden Identifikationsarmbänder und teile ihnen mit, wo sie schon jetzt Andenken kaufen können. Die Hauptfigur des Parks wird heute von Carmen verkörpert.
Natürlich trägt sie nicht dasselbe Kostüm. Der Rabenkopf, ein schwerer Glasfaserball mit Schaumstoffpolsterung innen und Fleeceüberzug außen, lässt sich nur chemisch reinigen, und sobald man eine halbe Stunde in dem schweren Ganzkörperanzug herumgelaufen ist, ist der Geruch der letzten Schichten wieder da, allen Sprays und Lufterfrischern zum Trotz. Keine der Reinigungsmethoden wirkt. Man erreicht lediglich, dass einem fortan schlecht wird, wenn man Duftbäumchen riecht, und schließlich findet man sich damit ab, stundenlang den eigenen alten Schweiß zu atmen. Damit jeder ein eigenes Kostüm hat, hängen in unserer Umkleidekabine zwei Exemplare von jedem. Jetzt wackelt je eines auf den Platz am Haupteingang zu.
Die Leute sind begeistert. Niemand scheint zu merken, dass Frosch fehlt.
Die beliebtesten Figuren sind sofort umringt, neben dem Raben natürlich vor allem der Schwan. Ein kleines Mädchen drückt sich an Hase und bringt ihn fast zu Fall. Teenager machen Fotos mit Fledermaus und Spinne. Direkt neben mir unterschreibt Fuchs auf einer Postkarte, direkt auf einem Autogramm von Dachs, der bereits über die unleserliche Signatur von Taube gekritzelt hat. Keiner von ihnen sieht, was er tut. Die meisten Vogelkostüme erlauben es, durch den offenen Filzschnabel die Füße der Parkgäste zu sehen. Der langhalsige Schwan und die anderen haben hingegen nur ein schmales Sichtfenster, bedeckt mit Nylon, kaum sichtbar, wenn man nicht darauf achtet. Nur mit Mühe erkennt man die Gesichter der Angestellten dahinter. Ich schaue hinüber zum Schwan und treffe Sonjas Blick. Während die nächste Gruppe sie umzingelt, zwinkert sie mir zu. Die Leute lächeln für die Kamera, und ich weiß genau: Obwohl es niemand sehen kann, lächelt Sonja mit.
Niemand spielt Schwan, wie sie es tut. Trotz der klobigen Füße gelingt es ihr, zwischen der Kundschaft umherzugleiten, statt zu watscheln wie die meisten anderen. Wenn sie sich für Fotos hinter ihre Fans stellt, hebt sie kurz die Schwingen, um sie dann sanft auf die Schultern der Posierenden sinken zu lassen. Obwohl der Schwanenkopf an einem langen, geschwungenen Hals hängt, wippt er nicht albern vor und zurück, wenn sie läuft. Und jedes Kind, das sich an sie drückt, bekommt eine echte Umarmung. Nicht, weil Sonja den Park oder die Arbeit schätzt, sondern weil es keinen Grund gibt, die Kinder zu enttäuschen, die von überall auf der Welt herkommen, um Rabe, Schwan und all die anderen Tiere zu treffen.
Die Leute lassen diese Nähe einfach zu. Niemand denkt daran, dass in den Kostümen echte Menschen stecken. Keiner der Mütter und Väter würde den alten Nestor in die Nähe ihrer Kinder lassen, doch sobald er das Bärenkostüm trägt, spielen sein Ausschlag und Haarausfall keine Rolle mehr. Auf der Straße wird Alexandra nachgerufen, dass sie aussieht wie ein Corona Chubby Meatball, doch als Eule bekommt sie einen Kuss nach dem anderen auf den Schnabel. In den Kostümen sind unsere Hautfarben egal. Niemanden kümmert, ob wir rasiert oder geschminkt sind.
Sonja hebt einen kleinen Jungen hoch und drückt ihn an sich. Sie ist blass und hat wieder Gewicht verloren, doch die Eltern mit der Kamera sehen nur einen humanoiden Schwan aus Stoff und falschen Federn. Sonjas Tattoos sind unter mehreren Schichten Kunststoff versteckt. Sie sagt kein Wort, wie all die anderen, doch ihre Stimme tönt aus allen Lautsprechern.
Du weißt, dass du willkommen bist,
Wo jeder wahrhaft fürstlich ist!
Fliegst du davon, wirst du vermisst,
Im Königreich Corona!
Es ist etwa zu diesem Zeitpunkt, dass in der Ferne Frosch sichtbar wird. Noch fällt es keinem auf, doch hinter dem Fahnenmast nähert sich die grüne Figur, eindeutig zu spät und sehr viel schneller, als es die Parkordnung erlaubt. Bellmores Regeln besagen, dass die Angestellten sich an die Schrittgeschwindigkeit der Kundschaft anpassen müssen. Um nicht den Anschein einer Bedrohung zu erwecken, ist es verboten, auf andere zu- oder von ihnen wegzulaufen. Schnellere Bewegungen sind nur gestattet, wenn jemand in Not ist und Hilfe benötigt. Diese Woche trägt Aram das Froschkostüm. Und allem Anschein nach sind ihm die Parkregeln im Augenblick egal.
Die ersten Jubelrufe von der Welcome Avenue machen auch die Leute um mich herum auf ihn aufmerksam. Nach Rabe und Schwan ist Frosch die beliebteste Figur aus den Büchern. Dutzende Handys richten sich auf den Verspäteten und filmen, wie er angelaufen kommt. Kinder springen ihm entgegen und rufen seinen Namen. Und Hunderte sehen mit an, wie Aram die erste Besucherin greift und ihr ins Gesicht schreit. Er lässt sie los und rennt zum nächsten Gast, packt ihn mit seinen dicken grünen Handschuhen und ruft etwas aus dem Inneren des Froschkopfs. Ich lächle weiter und gebe den Neuankömmlingen