Crow Kingdom. Tino Falke

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Crow Kingdom - Tino Falke

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Vorteile verheißen, ist sein Park ganz offiziell eine Stadt, die über ihre eigene Polizei, Rechtsprechung und sonstige Bürokratie entscheiden kann. Was die Verträge erklärt, mit denen es der Belegschaft später schwer bis unmöglich gemacht wurde, einfach zu kündigen. Doch noch wollte niemand weg. Wir wollten endlich hinein!

      Als wir sechs und meine Beine wieder geheilt waren, wurde der Park endlich eröffnet. Noah und ich hatten unsere Eltern belagert, seitdem wir das Datum wussten. Je näher der Termin rückte, umso mehr Lieferwagen fuhren durch unser Dorf. Wir konnten nicht sehen, was darin war, doch in unserer Fantasie waren die Wagen randvoll mit Popcorn und Zuckerwatte. Würde man die großen Ladeluken öffnen, kämen einem Luftballons und Kuscheltiere entgegen. Ein Tankwagen, der ziemlich sicher Tausende Liter Cola enthielt, entwurzelte einen Baum im Stadtzentrum, doch Noah und ich jubelten, als er an meinem Haus vorbei in Richtung Park fuhr. Dann war der Tag endlich gekommen.

      Am Ende des ersten Rabe-Buches feiern die Bewohner und Bewohnerinnen von Corona ein großes Fest zu Ehren ihres neuen Freundes. Die Tiere singen, tanzen und essen Kuchen. Auf dem Platz in der Mitte der Stadt errichten sie ein großes Lagerfeuer und grillen Nüsse an langen Stöcken. Rabe umarmt jeden seiner neuen Nachbarn und dankt ihnen für den warmen Empfang. Und obwohl weiter die Sonne scheint, geht er mit einem Lächeln auf dem Schnabel schlafen.

      Bei der Eröffnungsfeier von Corona Kingdom gab es weder Feuer noch Grillnüsse, trotzdem waren Tausende Menschen aus der Region gekommen. Nicht nur so gut wie alle Leute aus unserem Dorf, auch Kinder aus anderen Orten liebten Rabe im Wald und waren gespannt auf den Park. Meine Eltern kauften mir meine erste Rabe-Mütze, schwarz mit großen Cartoon-Augen und gelbem Schirm, und Noah aß Softeis, bis er Bauchschmerzen hatte. Wir ließen uns die Gesichter bemalen. Wir trauten uns auf die kleine Rabenflug-Achterbahn und fieberten der Parade entgegen, die für das Ende der Feier angekündigt war. Zu Feuerwerk und lauter Musik betraten schließlich die sieben Tiere den Platz, überlebensgroß und um ein Vielfaches beeindruckender als die unbewegten Bilder aus dem Buch. Sie winkten der Menge zu, und ich war mir sicher, Rabe hatte mich direkt angesehen. Von diesem Moment an war es um uns geschehen.

      Jahrzehnte später erzählte Sonja mir von Themistokles. Laut dem Athener Feldherrn beherrschte sein Sohn seine Frau, seine Frau ihn, und er beherrschte das ganze antike Griechenland, letztendlich hatte sein Sohn also das Sagen über ein ganzes Weltreich. Etwa zwei Jahrtausende danach versuchte Hitler, Kinder für seine Ideologie zu gewinnen, um sie als Erwachsene auf seiner Seite zu haben. Wer die Jugend hat, hat die Zukunft. Und Bellmore hatte uns.

      Woche für Woche sparten Noah und ich unser Taschengeld, um uns weitere Parkbesuche leisten zu können. Unsere Wünsche zu Geburtstagen und Weihnachten waren jahrelang nichts anderes als Eintrittskarten für Corona Kingdom. Als wir alt genug waren, halfen wir Nachbarn im Haushalt und Garten, um etwas dazuzuverdienen. Wenn Noah bei mir übernachtete, saßen wir die ganze Nacht am Fenster und beobachteten die Lichter im nahen Park, der auch geschlossen beleuchtet blieb.

      Die zwei anderen Rabe-Bücher erschienen, und der Park wurde um weitere Attraktionen erweitert. Noah und ich fuhren sie alle. Wir warfen die Arme in die Luft und verloren den Inhalt unserer Jackentaschen, wir übergaben uns und stellten uns noch mal an. Und seitdem man Fotos von sich während der Fahrt kaufen konnte, sammelten sich unzählige Bilder von uns an den Kühlschränken unserer Eltern.

      Abwärts rasend am Ende von Eulenflug.

      Abwärts rasend nach dem ersten Lunaphobia-Looping.

      Mit weit aufgerissenen Augen, schreiend, lachend, jedes Bild einmal in meiner Küche und einmal in Noahs. Wer uns aufwachsen sehen wollte, fand hier alles auf einen Blick.

      Und je länger wir den Park erkundeten, umso mehr gab es zu entdecken. Wir sahen frei laufende Wildkatzen hinter Büschen und im Schatten unter den Fahrgeschäften. Wir bemerkten, wohin die Angestellten verschwanden, wenn Paraden vorbei waren oder nachdem sie Müll aufgesammelt hatten. Heimlich folgten wir den Kostümierten. Hinter ein paar Dekobäumen fanden wir den Eingang zu einem System von Tunneln unter dem Park. Am Eingang, gerade so sichtbar durch eine halb offene Tür, standen Hase und Bär. Ihre großen Köpfe lagen auf dem Boden, aus den flauschigen Tierkörpern ragten kleine Menschenköpfe. Sie führten Zigaretten an den Mund und bliesen den Rauch durch den Türspalt in den Park hinaus.

      Mir war schon lange klar gewesen, dass es sich bei den Figuren nicht wirklich um riesige Tiere handelte, doch bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich sie einfach hingenommen. Die Magie von Vergnügungsparks. Jetzt standen zwei von ihnen vor mir, in ihrem Innern echte Menschen wie Noah und ich.

      Die Mitarbeiterin im Hasenkostüm lachte über irgendeine Bemerkung ihres Kollegen, dann fiel ihr Blick auf uns. Mit geweiteten Augen knallte sie die Tür ins Schloss. Inzwischen weiß ich: Wenn Bellmore erfahren hätte, dass eine Darstellerin unzureichend kostümiert von einer Besucherin gesehen worden war, wäre ihr die nächste Woche die Reinigungsschicht sicher gewesen. Die Kundschaft soll nicht daran erinnert werden, dass im Park auch jenseits der Kassen und Restaurants nur Menschen arbeiten. Das Wichtigste ist, die Magie aufrechtzuerhalten.

      Für mich hat der kurze Blick hinter die Kulissen nichts zerstört, im Gegenteil. Mein Lieblingsort auf der ganzen Welt war genauso toll wie zuvor. Nur dass man dort auch arbeiten konnte, eröffnete ganz neue Möglichkeiten. Und nicht nur als Bär oder Hase, da war ich mir sicher. Ich hatte meinen Traumberuf gefunden. Wann auch immer Erwachsene in den nächsten Jahren mich fragten, meine Antwort war klar.

      Wenn ich groß bin, will ich Rabe werden.

      4

      Wir stehen im Schatten der gewaltigen Lunaphobia, und während neben uns ein Zug mit zwei Dutzend Fahrgästen durch einen Looping rauscht, dreht sich Donnie in meine Richtung und öffnet den Mund. Er wartet, bis die Schreienden weitergefahren sind, doch mir ist schon jetzt klar, was er sagen will.

      »Weißt du, wieso es hier keine Hüpfburgen gibt?«

      Ich weiß es, aber ich kann nicht antworten, weil Kundschaft an uns vorbeispaziert. Eine Gruppe kleiner Mädchen in neu gekauften Raben- und Schwanenkleidern und passenden Plastikmasken winkt mir zu, und ich winke zurück, dann verschwinden sie im nächsten Fast-Food-Restaurant.

      »Aufblasbare Attraktionen haben die höchste Unfallrate überhaupt«, sagt Donnie und wühlt in seinem Werkzeugkasten. »Die Leute haben Angst, dass ihre Achterbahn entgleist oder sie aus der Schiffschaukel fallen, aber nirgends verletzen sich so viele Menschen wie in Hüpfburgen.«

      Ich kenne all die Beispiele, doch solange ich das Rabenkostüm trage, muss ich in Anwesenheit der Kundschaft stumm sein. Wir befinden uns hinter Lunaphobia, am Eingang des Corona Kinderkarussells, wo nachmittags nur noch wenige Leute hinfinden, trotzdem darf aus dem Kostüm keine Stimme zu hören sein. Ein fremder Akzent könnte die Leute verunsichern. Eine Stimme, die nicht zum dargestellten Tier passt, könnte die ganze Illusion zerstören. Das Gute ist, dass man so auch nicht auf irgendwelche Fragen antworten muss.

      Donnie trägt die Uniform des Parkpersonals, schwarz mit gelbem Saum an Ärmeln und Kragen. Auf seinem Rücken prangt das Parklogo. Er kann nichts dagegen tun, dass er immer wieder angesprochen wird.

      »Wo finde ich denn das Dornröschenschloss?«, fragt ein rundlicher Mann in einem »Hard Rock Café Corona«-Shirt. Donnie klärt ihn darüber auf, dass er sich vermutlich im falschen Park befindet, dann wendet er sich wieder an mich.

      »Jedes Jahr fliegen aufblasbare Attraktionen davon, weil sie nicht ordnungsgemäß befestigt wurden. 1986 wurden 13 Leute verletzt und eine Neunjährige getötet, als eine Hüpfburg in Wyoming gegen ein anderes Fahrgeschäft flog. 2007 segelte auf Hawaii eine Hüpfburg fast zehn Meter in die Luft und landete 50 Meter entfernt im Meer. Die Kinder

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