Europarecht. Bernhard Kempen

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Europarecht - Bernhard  Kempen Grundbegriffe des Rechts

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      Insbesondere mit Blick auf die Mittel- und Osteuropäischen Länder, die 2004 (Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn) bzw. 2007 (Rumänien, Bulgarien) in die EU aufgenommen wurden, haben sich die AA in eine vollumfängliche interne Assoziierung verwandelt. Auch die sog. Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit den Staaten auf dem West-Balkan (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien) verfolgen die Zielsetzung einer Beitrittsassoziierung. Bis zu seinem Beitritt im Jahr 2013 zählte auch Kroatien zu den Vertragsparteien.

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      Auch das AA mit der Türkei, das bereits 1964 in Kraft trat, sieht eine Beitrittsperspektive vor. Über eine sog. Heranführungsstrategie wurde die Türkei schrittweise auf die Errichtung einer Zollunion und schließlich Beitrittsverhandlungen mit der EU vorbereitet, welche im Oktober 2005 aufgenommen wurden. Zwischenzeitlich wurde die Assoziierung anhand diverser Assoziationsratsbeschlüsse weiter intensiviert (vgl. etwa Art. 6 bzw. 7 Beschluss 1/80 u.a. zur Freizügigkeit türkischer Arbeitnehmer bzw. derer Familienangehörigen). Wann bzw. ob ein EU-Beitritt der Türkei erfolgen wird, ist angesichts aktueller politischer Spannungen zwischen der türkischen Regierung und einigen EU-Mitgliedstaaten aufgrund u.a. der menschenrechtlichen Lage in der Türkei derzeit jedoch äußerst fraglich.

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      Freihandelsassoziierungen sollen dem langfristigen Ziel des Aufbaus einer Freihandelszone zwischen der EU und dem jeweiligen Partner dienen. Eine besonders intensive Form stellt hierbei das EWR-Abkommen (→ Europäischer Wirtschaftsraum [EWR]) mit Liechtenstein, Island und Norwegen dar, dem vor ihrem EU-Beitritt auch Österreich, Schweden und Finnland angehörten. Es sieht eine umfassende Übernahme des Binnenmarktrechts der Union, einschließlich der Grundfreiheiten (→ Grundfreiheiten: Allgemeine Lehren) vor.

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      Auch die vergleichsweise jungen Abkommen mit Georgien, der Republik Moldau und der Ukraine sind als Freihandelsassoziierung zu klassifizieren. Zwar dienen sie auch Zielen der östlichen Nachbarschaftspolitik der EU, legen jedoch einen Schwerpunkt auf die Schaffung einer Deep and Comprehensive Free Trade Area, Art. 25 ff. Ukraine-AA. Eine solche sieht neben dem Abbau von Zöllen und sonstigen Einfuhrbeschränkungen auch andere weitreichende Harmonisierungen von Standards etwa im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe (vgl. Art. 148 ff. Ukraine-AA), der Wettbewerbspolitik (vgl. Art. 253 ff. Ukraine-AA) oder des Schutzes von Rechten an geistigem Eigentum (vgl. Art. 157 ff. Ukraine-AA) vor (→ Freihandelsabkommen).

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      Entwicklungsassoziierungen verfolgen entwicklungspolitische Ziele und weisen in der Regel asymmetrische Strukturen auf. Wie etwa die AKP-Abkommen (→ Entwicklungszusammenarbeit) sehen sie oftmals den einseitigen Abbau von Handelshemmnissen oder andere Privilegien zugunsten von sich entwickelnden Staaten vor, um Einfuhr und Absatz ihrer Ursprungserzeugnisse auf dem europäischen Binnenmarkt zu erleichtern. Auch das AA mit sechs zentralamerikanischen Staaten weist entwicklungspolitische Elemente auf, angesichts seines starken Schwerpunkts im handelsrechtlichen Bereich ist es jedoch nicht letztgültig in die hier aufgestellten Kategorien einzuordnen.

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      Die Kompetenz der Union, i.R.d. europäischen Nachbarschaftspolitik Abkommen mit Partnerstaaten abzuschließen, ist grundsätzlich in Art. 8 Abs. 2 EUV verankert. Dennoch wurden in der Vergangenheit eine Vielzahl von Nachbarschaftsabkommen auf Art. 217 AEUV gestützt. Sofern dies der Fall war, gelten sie als AA. Ein Beispiel für die jüngste Generation dieser Nachbarschaftsabkommen sind die AA mit den Mittelmeeranrainerstaaten, welche die Beziehungen zwischen jenen und der EU intensivieren sollen. Die Abkommen enthalten verschiedene Elemente einer Freihandels- und Entwicklungsassoziierung.

      AAssoziierungsabkommen (Maximilian Oehl) › III. Kompetenz und Verfahren beim Abschluss von AA

III. Kompetenz und Verfahren beim Abschluss von AA

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      In der Literatur und wohl auch zwischen den EU-Organen (→ Organe und Einrichtungen) herrscht Streit, ob Art. 217 AEUV der Union eine originäre Regelungskompetenz i.R.d. Assoziierung überträgt, die sich auf alle Bereiche des Unionsrechts bezieht oder ob sie AA grundsätzlich nur dann abschließen darf, wenn sie in den jeweiligen Regelungsgebieten über ausdrückliche bzw. implizite Außenzuständigkeiten verfügt.

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      Um diesem Streit zu entgehen, werden in der Praxis viele AA als sog. gemischte Abkommen geschlossen, was zur Folge hat, dass sie sowohl von der Union als auch von jedem einzelnen EU-Mitgliedstaat ratifiziert werden müssen. Um die mit diesen Ratifizierungsprozessen einhergehenden Verzögerungen umgehen zu können, werden daher oftmals die handelsrechtlichen Bestandteile der AA als Interimsabkommen auf Grundlage von Art. 207 AEUV abgeschlossen, die als solche keiner Ratifizierung durch die jeweiligen Parlamente der EU-Staaten bedürfen. Ferner sind zusätzliche Durchführungsabkommen erforderlich, welche es dem Rat formell erlauben, für die Mitgliedstaaten in den jeweiligen Assoziationsorganen eine gemeinsame Position auch dort zu vertreten, wo diesen die Regelungskompetenz zukommt.

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      Diese zusätzlich notwendigen formaljuristischen Elemente stehen in einem Spannungsverhältnis zur intensivierten demokratischen Legitimation, die den AA bei Ratifikation als gemischte Abkommen zuteil werden.

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      Das Verfahren zum Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen (→ Völkerrecht [als Teil d. EU-Rechts]) der Union mit Drittstaaten bzw. Internationalen Organisationen ist in Art. 218 AEUV geregelt. Bei dem Abschluss von AA gelten einige Eigenheiten, die in erster Linie Ausdruck der besonderen politischen Bedeutung von Assoziierungen sind.

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      So muss die Ermächtigung zur Aufnahme von Assoziierungsverhandlungen nicht wie sonst üblich mit qualifizierter Mehrheit, sondern einstimmig durch den Rat erfolgen, Art. 218 Abs. 8 UAbs. 2 S. 1 AEUV. Gerade bei AA kann der Rat ggf. einen Sonderausschuss bestellen, mit welchem sich der Verhandlungsführer der Union abstimmen muss, Art. 218 Abs. 4 AEUV. Auch die Unterzeichnung des AA muss einstimmig vom Rat beschlossen werden, Art.

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