Europarecht. Bernhard Kempen

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Europarecht - Bernhard  Kempen Grundbegriffe des Rechts

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Familienangehörigen von Unionsbürgern (→ Unionsbürgerschaft) stehen gewisse Rechte zu. Den natürlichen Personen sind Unternehmen gleichgestellt, die in einem Mitgliedstaat ansässig sind.

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      Verpflichtungsadressaten der Dienstleistungsfreiheit sind zunächst die Mitgliedstaaten. Zudem haben die Unionsorgane (→ Organe und Einrichtungen) bei ihren Maßnahmen die Dienstleistungsfreiheit zu beachten. Unter besonderen Voraussetzungen können zudem Regelungen oder Handlungen privater Rechtspersonen, wie z.B. Gewerkschaften, an den Gewährleistungen der Dienstleistungsfreiheit zu messen sein.

      DDienstleistungsfreiheit (Michael Rafii) › III. Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit

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      Die Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit setzt voraus, dass die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind.

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      Eine direkte Anwendung der Dienstleistungsfreiheit scheidet aus, wenn der Sachverhalt abschließend durch sekundärrechtliche Normen (→ Normenhierarchie) geregelt wird. Von großer praktischer Bedeutung sind etwa die für den Bereich des öffentlichen Auftragswesens erlassenen Vergaberichtlinien (z.B. Öffentliche-Auftragsvergabe-Richtlinie [RL 2014/24/EU]). Der EuGH zieht allerdings regelmäßig die primärrechtliche Dienstleistungsfreiheit ergänzend heran, da die sekundärrechtlichen Regelungen im Lichte des → Primärrechts auszulegen sind (EuGH, Urt. v. 3.4.2008, C-346/06 – Rüffert –, Rn. 36).

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      Auf sekundärrechtlicher Ebene wurden zudem Erleichterungen für den freien Dienstleistungsverkehr geregelt. Das Ziel, Hindernisse für die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen zu beseitigen, verfolgt die Dienstleistungsrichtlinie (RL 2006/123/EG). Sie enthält für den Bereich des Dienstleistungsverkehrs insbesondere verfahrensrechtliche Erleichterungen, indem z.B. gem. Art. 6 Dienstleistungsrichtlinie zentrale Ansprechpartner in dem Mitgliedstaat vorhanden sein müssen, bei denen sich der Dienstleistungserbringer über die für seine Tätigkeit geltenden Anforderungen in dem Mitgliedstaat informieren kann. Im Hinblick auf die Anerkennung von Berufsabschlüssen aus anderen Mitgliedstaaten sind die Vorgaben der Berufsanerkennungsrichtlinie (RL 2005/36/EG) zu beachten. Bei der Erbringung von Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat ergeben sich aus der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG) weitere Rechte für die Familienangehörigen des Dienstleistungserbringers.

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      Weiterhin muss der Schutzbereich in persönlicher und sachlicher Hinsicht eröffnet sein und ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegen.

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      Auf die Dienstleistungsfreiheit können sich gem. Art. 56 UAbs. 1 AEUV die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union berufen, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, als demjenigen, in dem die Dienstleistung erbracht wird. In Abweichung vom Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit muss der Berechtigte über keine Zweigniederlassung oder eine sonstige sekundäre Niederlassung in dem Mitgliedstaat verfügen, in dem er die Dienstleistung erbringen möchte. Neben dem Leistungserbringer kommen auch die Empfänger einer Dienstleistung, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, als Berechtigte in Betracht (EuGH, Urt. v. 6.11.2003, C-243/01 – Gambelli –, Rn. 55).

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      Ein aus der Dienstleistungsfreiheit abgeleitetes Recht auf Einreise und Aufenthalt in dem Mitgliedstaat, in dem eine grenzüberschreitende Dienstleistung erbracht wird, steht zudem den Angehörigen eines Unionsbürgers zu, die nicht selbst die Unionsbürgerschaft besitzen (EuGH, Urt. v. 11.7.2002, C-60/00 – Carpenter –, Rn. 38 f.). Ein entsprechendes Aufenthaltsrecht ergibt sich allerdings mittlerweile aus Art. 6 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie. Des Weiteren können Unionsbürger bei der Leistungserbringung Arbeitnehmer aus Drittstaaten einsetzen, die in dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates ansässig sind und dort über eine Arbeitserlaubnis verfügen (EuGH, Urt. v. 9.8.1994, C-43/93 – Vander Elst –, Rn. 26).

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      Staatsangehörige aus Drittstaaten können sich nicht unmittelbar auf die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 UAbs. 1 AEUV berufen, selbst wenn sie in einem Mitgliedstaat ansässig sind (EuGH, Urt. v. 3.10.2006, C-290/04 – FKP Scorpio –, Rn. 68). Von der diesbezüglichen Rechtsetzungskompetenz der Unionsorgane in Art. 56 UAbs. 2 AEUV wurde bislang kein Gebrauch gemacht. Über Art. 36 ff. EWR-Abkommen wird allerdings der freie Dienstleistungsverkehr auf das Gebiet der EFTA-Staaten erstreckt (→ Europäische Freihandelszone [EFTA]). Auf diesem Wege sind auch Staatsangehörige aus Island, Norwegen und Liechtenstein Berechtigte der Dienstleistungsfreiheit. Mit der Schweiz wird die Dienstleistungsfreiheit über ein spezielles Freizügigkeitsabkommen in ähnlichem Umfang gewährleistet. Des Weiteren können sich besondere Regelungen aus völkerrechtlichen Vereinbarungen ergeben. Von praktischer Bedeutung ist insbesondere das Assoziations- oder Kooperationsabkommen der EU mit der Türkei (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 21.10.2003, C-317/01 – Abatay –, Rn. 58 ff.).

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      Gem. Art. 61 i.V.m. Art. 54 UAbs. 1 AEUV können sich Gesellschaften, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet wurden und die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben, wie die Unionsbürger auf die Gewährleistungen der Dienstleistungsfreiheit berufen. Ausgenommen sind gem. Art. 61 i.V.m. Art. 54 UAbs. 2 AEUV Gesellschaften, die keinen Erwerbszweck verfolgen.

      aa) Begriff Dienstleistung

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      Der sachliche Schutzbereich der Dienstleistungsfreiheit ergibt sich aus Art. 57 AEUV. Gem. Art. 57 UAbs. 1 AEUV sind Dienstleistungen i.S.d. Verträge Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen. Art. 57 UAbs. 2 AEUV enthält eine exemplarische, nicht abschließende Aufzählung der umfassten Tätigkeiten. Als Dienstleistungen gelten danach insbesondere gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche und freiberufliche Tätigkeiten. Völlig untergeordnete und unwesentliche Leistungen sowie in sämtlichen Mitgliedstaaten verbotene Tätigkeiten

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