Mörderische Spiele. Michael Bardon
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»Tom, für dich gilt das Gleiche wie für deine Kinder«, sagte sie, ohne sich zu mir umzudrehen.
Ich hielt für einen kurzen Moment inne und bewunderte den schlanken Körper meiner Frau. Ihr blondes Haar trug sie wie meistens offen, es fiel in sanften Wellen über ihre schmalen Schultern. Selbst nach 16 Ehe-Jahren war ich noch immer von ihr fasziniert und konnte mir beim besten Willen keine andere Frau an meiner Seite vorstellen.
»Und was soll das sein?«, fragte ich stirnrunzelnd.
»Zieh deine Schuhe gefälligst aus, oder willst du den Küchenboden freiwillig putzen?«
Freiwillig? Ich? Bestimmt nicht!
»Klar, kein Problem mein Schatz. Ist sowieso viel bequemer ohne«, sagte ich und schlüpfte schnell aus meinen Dockers.
»Stell sie aber bitte vor die Tür. Am besten auf das Schuhregal, du weißt schon, dieses da, das wir im letzten Herbst extra dort aufgestellt haben.«
»Warum bist du heute so pingelig?«, wollte ich wissen, hob aber sicherheitshalber meine Schuhe hoch und stellte sie vor die Tür.
Ich kannte meine Frau, kannte ihre Launen, kannte ihren Sinn für Gerechtigkeit und Ordnung. Irgendetwas musste passiert sein? Irgendetwas stimmte hier nicht!
»Nun rück schon raus mit der Sprache! Was haben die Kinder wieder angestellt?«, fragte ich, als ich meine Frau zärtlich von hinten in die Arme schloss.
Für einen kurzen Moment legte Mia ihren Kopf an meine Brust, dann befreite sie sich aus meiner Umarmung und wandte mir ihr hübsches Gesicht zu. Ein kleines Veilchen zierte ihr linkes Auge und unter der Augenbraue sah ich eine deutliche Schwellung.
Erschrocken zog ich die Luft durch meine Zähne und stammelte: »Wer …, was …, woher kommt dieses Veilchen?«
Mia schaute mich für einen kurzen Moment mit ihren eisblauen Augen an, dann huschte ein Lächeln über ihr Gesicht und sie sagte mit gefährlich leiser Stimme: »Ein kleines Rätsel gefällig, mein Schatz? Es ist blau, hat signalrote Streifen, ist ziemlich groß, stinkt und liegt auf der Kellertreppe herum? Was könnte das deiner Meinung nach sein?«
Die Erkenntnis traf mich mit der Wucht einer Abrissbirne!
Am Sonntag hatte ich meine neuen Laufschuhe auf der Treppe zum Keller ausgezogen. Eigentlich wollte ich sie ja mit Zeitungspapier ausstopfen und zum Trocknen in den Heizungsraum stellen. Aber über einen guten Vorsatz war ich nicht hinausgekommen. So hatte ich die Schuhe aus Faulheit oder Vergesslichkeit einfach auf dem Treppenabsatz stehen lassen.
»Na, hast du eine Idee? Oder soll ich dir noch weitere Tipps geben, mein Dicker?«
»Oh Gott, mein Schatz, das tut mir leid. Ich hatte diese blöden Sportschuhe total vergessen. Ehrlich, das passiert mir nie wieder, das verspreche ich dir«, sagte ich mit heiserer Stimme.
Wenn ich mir vorstellte, was alles hätte passieren können, dann wurde mir im Nachhinein noch ganz schlecht.
Die Tür flog auf. Unsere Kinder stürmten in die Küche. Achtlos warfen sie ihre nassen Rucksäcke auf den Boden und stapften auf feuchten Schuhsohlen zum Herd.
»Hallo Mum, hallo Dad, was gibt’s zu essen?«, fragte Phil und spähte dabei in die dampfenden Töpfe hinein.
»Du hast ja ein Veilchen«, rief Julia erschrocken und musterte ihre Mutter aufmerksam.
»Ja, euer Vater hat mich geschlagen«, behauptete Mia mit ernstem Gesicht, doch in ihrer Stimme schwang schon wieder ein Lachen mit.
»Nie im Leben, der doch nicht!«, sagte Phil und machte dazu eine lässig aussehende Handbewegung.
»Was soll das heißen, der doch nicht? Meinst du etwa, dass ich dazu nicht in der Lage wäre?«, fragte ich entrüstet.
»Ich glaube gar nichts. Ich weiß es! Wenn du Mum geschlagen hättest, würdest du schon lange in der Mülltonne liegen und vor dich hingammeln. Oder glaubst du etwa, dass du so etwas überleben würdest?«
»Wahrscheinlich hast du recht. Die Chance, so etwas zu überstehen, dürfte ziemlich gering sein«, nickte ich, »deine Mutter hat einfach nicht aufgepasst und ist über ein paar Schuhe gestolpert. Lasst euch das für die Zukunft bitte eine Lehre sein und stellt eure Treter gefälligst dorthin, wo sie hingehören. Wir haben da draußen im Flur«, ich deutete mit meinem Daumen über meine Schulter, »einen wunderbaren Garderobenschrank, der sich über jeden einzelnen eurer Schuhe freut. Die nächsten, die in der Gegend herumliegen, landen im Müll. Alles klar?«
»Na, da werden sich deine neuen Sportschuhe aber freuen, wenn sie demnächst Gesellschaft bekommen. Die habe ich nämlich vorhin in der Mülltonne entsorgt. Ich staune immer wieder, wie einig wir uns beim Thema Bestrafen sind, mein Schatz«, meinte Mia, schürzte ihre Lippen und nickte dazu anerkennend mit dem Kopf.
*
Was war denn heute nur los? Warum kam er nicht? Hatte er sie etwa vergessen? Oder war er bei dem Versuch, eine Frau zu entführen, verhaftet worden? Doch was würde dann aus ihr? Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieser verblendete Psychopath seinen Unterschlupf preisgeben würde.
Wenn sie ihn wirklich geschnappt haben, bin ich schon so gut wie tot, dachte sie und ein Gefühl der Hilflosigkeit schnürte ihr die Kehle zu. Andererseits wollte sie auf keinen Fall von der Polizei gerettet werden. Lieber würde sie hier in ihrem einsamen Verlies sterben!
Wenn Karl mich nicht in dieser schrecklichen Nacht aus der Garage verschleppt hätte, dann säße ich jetzt in irgendeinem Gefängnis und würde auf meine Verhandlung warten, schoss es ihr durch den Kopf.
»Da bin ich hier schon besser dran. Hier habe ich eine reelle Chance, irgendwann zu entkommen. Im Gefängnis würde ich für den Rest meines Lebens sitzen und wie ein Zombie vor mich hinvegetieren!«, murmelte sie gedankenverloren.
Warum kam der blöde Sack nicht? Warum kümmerte er sich nicht um sie?
Eine Flut von Gefühlen tobte in ihren Eingeweiden und Tausend Würmer schienen durch ihre Gedärme zu kriechen. Keine Frage, sie hasste diesen verrückten Spinner und wünschte sich nichts sehnlicher, als ihn zu erwürgen. Auf der anderen Seite vermisste sie ihn, wenn er nicht bei ihr war. Was war nur los mit ihr? Was lief in ihrem Kopf denn falsch?
Dieser Karl hielt sie gefangen wie ein exotisches, wildes Tier. Er fügte ihr Schmerzen zu, hatte eine Frau vor ihren Augen getötet und erniedrigte sie pausenlos.
Und trotzdem empfand sie so etwas wie Zuneigung für ihn! Er nannte sie liebevoll seine Nummer 1. Noch nie hatte ein Mann ihren Körper mit so viel Hingabe bewundert. Karl konnte der zärtlichste Mann sein, den sie kannte. Doch seine zarte Sanftheit konnte jederzeit in brutale Gewalt umschlagen.
Das war das Problem an ihm. Man konnte seine Launen nicht vorhersagen, er ließ sich auch nicht manipulieren. Er verhielt sich wie ein ungezügeltes Tier. In der einen Sekunde sanft wie ein Lamm und in der nächsten tödlich wie ein Skorpion.
Sie schätzte ihn auf Anfang fünfzig. Doch er hatte den Körper eines jungen Mannes. Seine Muskeln waren hart, stark und austrainiert. Seine Hände