Schwestern. Elisa Scheer

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Schwestern - Elisa Scheer

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mach ja schon“, murmelte Tanja beleidigt.

      „Aber bitte nicht in Zeitlupe!“

      Paket auffalten, Styropor, Medikamente, Rechnung, Klebeband, Adressaufkleber… Tanja zwang sich, eine Zeitlang zu arbeiten, ohne zu denken und ohne sich zu bedauern.

      „Na bitte! Geht doch ein bisschen schneller“, lobte Alice in ekelhaft herablassendem Ton und schwenkte aufreizend ihre schmalen Hüften in den schwarzen Jeggings, also wollte sie sagen du fette Versagerin. Natürlich sagte sie es nicht, also konnte man sich nicht ärgern - Tanja ärgerte sich aber doch. Stumm arbeitete sie weiter, mindestens zwei Stunden lang, ohne auch nur einen Ton zu sagen, während Max und Alice miteinander flachsten und Tobi mit den Paketen einen Transportwagen belud und diesen schließlich mit Folie umwickelte, bevor er ihn zur Tür schob, damit der Logistiker ihn abholen konnte.

      Was, erst Viertel vor drei? Nach so vielen Stunden Arbeit?

      Nächster Stapel Paketsätze…

      Nach gefühlt tagelangem Packen war es endlich fünf und Tanja knurrte der Magen, als sie erleichtert die restlichen Pappen beiseitelegte und mit Alice zusammen die übrigen Wannen in das Regal hinter ihrem Tisch stellte.

      „Dann mal ´nen schönen Abend“, wünschte Alice ohne große Überzeugungskraft und Tanja murmelte die passende Antwort. Alice und Max traten schon auf den Hof, als Tanja noch ihre Tasche von der Stuhllehne wickelte und wieder an den Foodtruck zu denken begann. Oder Pizza?

      Nein, Chinafutter ganz offen von einem Teller essen zu dürfen, das stellte sie sich jetzt recht schön vor. Draußen stand nur noch der Wachmann, der ihr zunickte und die Tür zur Packerei dann sorgfältig abschloss. Ein Medikamentenversand lockte ja immer irgendwelche Junkies an!

      Alice, Max und Tobi waren schon auf dem Weg zum Bus, sie sah die drei noch von hinten, vom Rauch aus ihren blöden E-Zigaretten umwabert – dann konnte sie ja unbeobachtet zum Food Truck gehen und nachher zum Bus in Richtung Osten…

      Mit wieder zwei Frühlingsrollen, zwölf Wan-Tans und vier Samosas kam sie nach Hause. Schon im Lift steckte sie die Nase in die Plastiktüte und schnupperte genießerisch.

      Das hatte sie sich jetzt verdient! Das Essen kam auf einen großen Teller, die Chilisauce dazu und dann ließ sie sich aufs Sofa fallen und richtete die Fernbedienung auf den Bildschirm. Irgendwas anschauen, egal was, Hauptsache Geräusch.

      Ja, und fremde Schicksale. Im Vergleich zu denen war sie doch richtig gut? Nicht arbeitslos, nicht alkoholkrank, nicht total verschuldet.

      Sie aß und schaute und fühlte sich wieder zufrieden, Alice und Max waren vergessen und ihre blöden Schwestern, vor allem das Dauergemecker Katrins, ebenfalls.

      Aber sobald auch die Samosas verputzt waren und Tanja noch eine Tafel Marzipanschokolade als Dessert gefunden und gegessen hatte, ließ das Glücksgefühl wieder nach; sie fühlte sich vollgefressen – rülps! – und begann sich über sich selbst zu ärgern. Außerdem war diese Wohnung eine Katastrophe.

      Wieso hatte Dani ein Haus und Katrin so ein Riesending im feinen Zolling – und sie musste in diesem Loch hausen? Sie hatte eben immer Pech.

      Katrin würde jetzt sagen Also, ich verdiene auch deutlich mehr als du. Ich habe aber auch studiert und mir durch Praktika die nötigen Beziehungen verschafft – und du?

      Blöde Kuh.

      Ein richtiges Schlafzimmer wäre schön. Und eine richtige Küche. Gut, da würde Dani wahrscheinlich sagen: Wozu denn, ein Schrank voll Chipstüten reicht für dich doch?

      Dani tat ja immer so, als würde sie großartig kochen, aber Tanja hatte nicht nur einmal gehört, wie Valli und Joschi von Saufraß gesprochen hatten. Und Katrin? Die aß bestimmt da, wo sie arbeitete, Salate ohne Dressing in irgendeinem feinen Lokal, nicht in einer billigen Salatbar!

      Sie warf die Verpackungen weg – der Müllsack musste auch mal in die Tonne, der stank schon ziemlich. Später.

      Sie wollte ja nicht die Frau Langhammer treffen, die dann wieder schaute, ob sie auch keine Verpackungen in den Restmüll warf. Albernes Theater, das Zeug wurde doch sowieso irgendwo verbrannt?

      Katrin würde jetzt sagen, das sei Blödsinn und sie selbst eine ökologische Drecksau. Was wusste Katrin schon, die hatte ja wohl die Wahrheit auch nicht gepachtet!

      Ihr tat der Rücken weh. Und das linke Knie. Im Bad sah sie sich im Spiegel und erschrak wie immer: Ganz schön fett! Und immer so müde – warum nur? Sicher war die Arbeit anstrengend, aber so müde?

      Sollte sie den Spiegel wenigstens mal putzen?

      Später.

      Im Flur hingen vier Jacken an den Garderobenhaken, die blaue, die graue, die schwarze und die rosa Jacke. Passten die ihr eigentlich alle? Die graue bestimmt, die hatte sie ja vorhin erst getragen.

      Die blaue ging, als sie hineinschlüpfte. Gut, zugeknöpft war sie schon eng, aber man konnte sie noch zuknöpfen. Schwarz? Naja. Der Reißverschluss ging zu, aber atmen konnte man dann praktisch nicht mehr – und das rosa Ding war bestimmt zwei Nummern zu klein.

      Sie rollte sie zusammen und warf sie im Kleiderschrank auf den Boden, zu all dem anderen Kram, der ihr nicht mehr passte.

      Im Bad stand auch die Waage. Hm. Wollte sie das wirklich so genau wissen? Wie bei The Biggest Loser sah sie noch nicht aus, aber viel fehlte da auch nicht mehr.

      Wie konnte das passieren? Sie aß doch gar nicht so viel? Aber wenn sie sich das so ansah – das waren doch bestimmt, naja, über achtzig Kilo?

      Dani und Katrin sahen nicht so aus… Dani war das egal, Mutti auch, aber Katrin schaute sie, wenn sie sich schon mal sahen, immer leicht verächtlich an. Wahrscheinlich dachte sie dann Fettsack. Und Danis unerzogene Bälger dachten bestimmt auch nichts anderes…

      Verdammt, das war doch wohl ihre Sache? Wenn sie sich damit wohlfühlte, hatten Katrin, Valerie und Joshua überhaupt nichts zu kommentieren!

      Aber eigentlich fühlte sie sich damit eben gar nicht so wohl. Außer, wenn sie vor einem Teller mit leckeren Sachen saß.

      Sie stieg nun doch auf die Waage: 107,9.

      Betäubt wankte sie einen Schritt zurück und stolperte gegen die Badezimmertür: Hundertacht? Die Waage musste falsch gehen, anders konnte das nicht angehen!

      Achtzig, das wäre noch „vollschlank“ gewesen, wie Mutti das nannte. Schlimm genug – aber hundertacht, das war fett.

      Wirklich ungerecht! Ein langweiliger Job, eine winzige, hässliche Wohnung an der scheußlichsten Ecke Leisenbergs, nicht mal ein Auto – und jetzt noch diese Lüge über ihr Gewicht!

      Sie musste sich trösten.

      Eigentlich hatte sie ja vorgehabt, wenigstens mal staubzusaugen und vielleicht eine Ladung Wäsche zu waschen, bevor sie überhaupt nichts mehr anzuziehen hatte, aber jetzt? So ein Scheißtag! Im linken Oberschrank musste doch noch – genau, die Familientüte Käseflips! Die war jetzt genau das Richtige! Und zur Feier des Tages – sie lachte bitter auf – würde sie die nicht aus der Tüte, sondern aus der großen Glasschüssel essen. Richtig genießen! Käseflips waren hier in der Gegend schwer zu kriegen, der Supermarkt hatte sie nur manchmal, genauso wie diese tollen

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