GAUCHO. Chris Biller

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GAUCHO - Chris Biller

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Junge, Junge, zum 100.mal. Wenn du so weiter machst, hast du bald mehr Narben als Berlin Straßen hat.“

      Die erste Zeit ist sie wegen jeder Kleinigkeit mit mir zum Arzt oder sogar ins Krankenhaus gefahren. Je öfter ich jedoch etwas hatte, umso mehr wusste sie sich selbst zu helfen und verarztete mich gleich vor Ort.

      Es kam hin und wieder vor, das sie sich dann darüber beschwerte, dass sie mit mir immer wieder Scherereien hatte und unsere Nachbarn diese Probleme nicht haben würden. Die hätten schließlich eine Tochter. Ein ruhiges braves Mädchen, die nicht von irgendwelchen Bäumen fällt oder durch zu enge Zäune kriecht und sich sämtliche Gliedmaßen aufreißt.

      Aber wenn sie das sagte, grinste sie mich im nächsten Augenblick an, wuschelte mir mit der Hand durch die Haare und sagte: „Du bist ja auch ein richtiger Junge und zwar meiner!“

      Dann gab es einen Schmatzer auf die Stirn und ich durfte weiter spielen gehen. Also was ich unter spielen verstand.

      Unsere besagten Nachbarn wohnten zu unserer Linken. Sie hießen Weyers und ihre Tochter hörte auf den schönen Namen Elena. Sie war wie gesagt vier Jahre älter als ich und bildhübsch. Lange schwarzgelockte Haare, schlank mit rehbraunen Augen. Die Gene ihrer Schönheit kamen von ihrer Mutter, die ursprünglich aus Italien stammte, allerdings vom Temperament her dem Klischee nicht annähernd entsprach. Ihr Vater, deutscher Herkunft, untersetzt mit lichtem Haar, arbeitete ebenfalls als Schichtarbeiter bei derselben Raffineriegesellschaft. Somit waren unsere Väter zwar Kollegen, hatten aber durch verschiedene Tätigkeitsbereiche direkt miteinander nie etwas zu tun.

      Trotz beidseitiger Freundlichkeit kam es zwischen unseren Eltern nie zu einem innigen Kontakt. Meine Mutter sprach zwar ab und zu mit der von Elena, aber laut ihren Angaben, ging es selten über Alltägliches hinaus. Ganz ähnlich, jedoch ungewollt entstanden was mich anbetraf, war auch das Verhältnis zwischen mir und Elena. Vorm Haus war sie sehr selten und wenn, dann für sich ganz allein mit Seilspringen, Fahrrad fahren oder Sonstigem beschäftigt. Sie verhielt sich schüchtern, war wortkarg und auf eine Art unerreichbar. Gut, die geschlechtlichen Interessen sind halt unterschiedlich, auch der Altersunterschied trägt sicherlich dazu bei, aber derart frappierend? Die Tatsache dass sie anscheinend keine Freunde hatte, die sie besuchten, erklärte den aufkommenden Verdacht, es könnte womöglich an mir liegen, als haltlos. Auch unsere wortlosen nur durch Gestiken ausgeführten Begrüßungen von Fenster zu Fenster, bei denen sie wie ausgewechselt immer so niedlich lächelte und schon fast fröhlich übertrieben winkte, ließen den Gedanken einer Abneigung zu mir absurd erscheinen. Es fiel ihr offensichtlich leichter, sich aus sicherer Entfernung mit mir zu unterhalten. Was ich wiederum nicht ganz verstand und oftmals ihr Gehampel als äußerst fragwürdig was ihre Persönlichkeit entsprach deklarierte. Trotz allem empfand ich es als sehr angenehm und wir freuten uns beide jeden Tag darauf, wenn wir uns auf diese Art sahen. Es wurde schon beinah zu einem Ritual.

      Die unerklärliche Strenge ihres Vaters trug zu ihrem Verhalten mit dazu bei. Er passte auf wie Schießhund und die übertriebene Fürsorge ließ beim ihm nur einen bestimmten Zeitraum zu, in dem sie an die frischen Luft durfte. Immer zu denselben Uhrzeiten musste sie ins Haus zurück. Hatte sie mal bei ihren Beschäftigungen die Zeit vergessen, so keifte ihr Vater schon an der Eingangstür energisch fordernd, sie sollte doch sofort herein kommen. Ich beobachtete des Öfteren, dass darauf in ihrem Zimmer das Licht anging und ihr Vater die Vorhänge zu zog. Sie musste wohl schlafen, brauchte ihre festgelegten Ruhephasen oder hatte womöglich eine Krankheit von der ich nicht wusste, die sie dazu zwang am helllichten Tag in ihr Bett zu müssen. Zumindest war das die einzige Schlussfolgerung womit ich mir dieses Vorgehen erklären konnte. Mein Vater sagte nur, als ich ihn dennoch einmal nach dem Sinn fragte und was die Elena denn wohl für ein Problem hätte, „ Weißt du mein Junge, es gibt Dinge im Leben, die muss man nicht verstehen. Glaube mir, auch ich habe mich das schon einige Male gefragt, so hat jeder seine Eigenarten. Was dem einen als völlig normal erscheint, ist für den anderen genau das Gegenteil.“

      Das war zwar keine richtige Antwort auf meiner Frage, aber es reichte für mich um unbeschwert weiter meine Wege zu gehen.

      Im Laufe der kommenden Jahre änderte sich nicht gerade viel an der Allgemeinsituation. Erst recht nicht bei Elena. Die Zeit machte sie zunehmend reifer und immer hübscher. Mittlerweile war sie süße siebzehn und hatte das Springseil gegen das Konsumieren von Zigaretten eingetauscht. Das war auch das einzige Gravierende was sich änderte. Sie saß dann quasi ihre Zeit vor dem Haus auf einer unter dem Dachvorsprung stehenden Gartenbank ab. Oftmals war sie sehr reizvoll gekleidet und aufgetakelt, als ob sie ausgehen wollte. Die Absicht das Haus zu verlassen hatte sie allerdings nicht. Stattdessen fand eines jeden Tages am frühen Abend das gleiche Prozedere statt. Sie ging ins Haus auf ihr Zimmer, zog schon seit langem selbst die Vorhänge zu und machte ein gedämmtes Licht an.

      In dieser Zeit fing ich an, mich immer mehr von dem geheimen Platz den ich mir mühsam aufgebaut hatte zu distanzieren. Schon bald hatte ich die Lust gänzlich verloren und blieb diesem Ort fern. Ich war dreizehn geworden und passierte allmählich den Weg in den pubertären Gefilden, was meine Freizeit fast ausschließlich in Anspruch nahm. Die Momente in denen das Interesse zum weiblichen Geschlecht vorrangig wurden, kamen in immer kürzeren Abständen. Plötzlich waren meine Blicke auf jede weibliche Schönheit gerichtet, egal welchen Alters, die den in mir aufkommenden erotischen Phantasien entsprachen. Aber es gab nur Eine, die in mir die größte Neugier auf Eroberung des süßen anderen Geschlechts erweckte. Elena!

      Ich versuchte den Kontakt zu ihr zu verinnigen, indem ich Briefe meiner Zuneigung schrieb und sie, bevor Elena aus dem Haus zu gehen vermochte, unter der Gartenbank legte. Meine Gefühle in Wort verfasst, schmeichelten sie und auf ihre Weise antwortete sie an so manchen Abend vor ihrem Fenster. Sie zeigte sich mir leicht bekleidet. Erotisch adäquat in ihren Bewegungen, betonte sie ihren wohlgeformten Körper in einem hingebungsvollen Takt der meine jungen Sinne in mir, in noch fremden Wallungen brachte. In diesen Momenten gab es nur sie und mich. Worte die nie zwischen uns fielen, Zuneigung die durch Abstand von ihr zwischen uns nicht entstehen konnte, das alles war nicht so bedeutend wie das, was sie mir betörend mit ihrer selbst vermittelte. Zwei Persönlichkeiten in sich, die unterschiedlicher nicht sein konnten, ließen es nicht zu, sich näher zu kommen, bis auf die Distanz zwischen zweier nebeneinander stehende Einfamilienhäuser. Ein Gefühl, wie ein immer wiederkehrender Genuss der verbotenen Frucht im Paradies Eden und doch war es nicht genug. Ich wollte mehr, ihr näher sein, sie fühlen. Diese unerreichbare Zuneigung reichte nicht aus. Ich war zwar noch jung, ziemlich jung, aber dieses Mädchen machte mich verrückt. So beschloss ich, alles zu tun um den Grund zu erfahren. Warum sie diesen Abstand zu mir und der Außenwelt hielt. Ich hatte die naive Hoffnung, wenn ich es wüsste, könnte ich sie vielleicht sogar aus dieser inneren Gefangenschaft herausholen.

      Die Häuser in denen wir wohnten waren baugleich mit Hochparterre nur spiegelverkehrt. Mit einer kleinen Leiter oder einem Tritt wäre es ein Leichtes direkt in ihr Zimmer zu schauen um zu erfahren was dort all die Jahre vor sich ging oder ob sie tatsächlich nur schlief. Ich beschloss genau das zu tun und ging immer wieder Schritt für Schritt den Ablauf durch.

      Wir hatten Herbst und die Tage wurden zunehmend kürzer. Es dauerte mehr als eine Woche als es dann endlich soweit war und ich am frühen Abend an jenen Tag die Aktion startete. Aus unseren Hauswirtschaftsraum nahm ich den zweistufigen Tritt meiner Mutter und schlich mich vom Hintereingang hinüber bis unter dem Fenster von Elena. Tags zuvor hatte es wie aus Eimern geschüttet und der Rasen der an der Hausmauer grenzte glich einer pampigen Moorlandschaft. Bei jedem Schritt, den ich so leise wie möglich vollbringen wollte, schmatze der Boden nervend wie beim Weintreten. Nichts mit schleichen! Immer wieder schaute ich mich um. Hatte mich womöglich allein dieses blöde Geräusch schon verraten? Nein, alles war ruhig, nur rutschig war es. Der Schlick unter meinen Schuhen backte im Profil meiner Schuhsohle und mit jedem Schritt kam nicht nur immer mehr dazu, sondern ich wurde auch noch zunehmend millimeterweise größer. Unter dem Fenster endlich angekommen, hatte ich Schuhe so groß

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