GAUCHO. Chris Biller

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GAUCHO - Chris Biller

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Einfach seltsam. <<

      >>Warum seltsam, Rudi? Du hast der Polizei die Dringlichkeit deines Anliegens erklärt und sie kommen. Das hast du doch, oder? <<

      >>Ich wollte Lillie, ich wollte. Bevor ich ins Detail gehen konnte, griff der Beamte mir im Vorfeld ab, was ich berichten wollte. Als hätte er gewusst was ich sagen will. Es kommt mir vor, als ob ich durch meine Bestätigung dessen, was die Polizei vermutete, nun der erwartete Startschuss bin. <<

      Meine Mutter stand auf und nahm seine Hände.

      >>Dann haben sie dich die ganzen Jahre ernst genommen und geglaubt Rudi. Das ist doch gut so. Vielleicht hat das nur nie gereicht um etwas zu unternehmen. Die haben selbst noch gegen Weyers ermittelt und jetzt reicht es für eine Festnahme. Rudi, Schatz, es ist vorbei. <<

      Plötzlich hörten wir Motorengeräusche und zuschlagende Autotüren, mehrmals. Es war nicht nur ein Streifenwagen der bei den Weyers vorfuhr. Mindestens fünf, ohne Blaulicht und ohne Sirene. Beamte stürmten in Razziamanier zur Eingangstür des Hauses und verhielten sich ruhig, einer von ihnen klingelte höflich.

      Unbedacht und ahnungslos öffnete Frau Weyers die Tür. Sichtlich überrumpelt drängten sie die Einsatzkräfte zur Seite, mit der unmissverständlichen Gestik keinen Ton von sich zu geben und während einer bei ihr blieb, begab sich der Rest auf den Weg nach Elenas Zimmer. Weyers kniete gerade unbekleidet mit der Kamera neben dem Bett seiner Tochter, um abartige Nahaufnahmen von ihr zu machen, als die Beamten gewaltsam die Tür aufstießen. Er befand sich unmittelbar dahinter und wurde durch die Wucht mit der sie ihm ins Kreuz fiel, zu Boden geworfen. Bäuchlings, perplex der Lage, im schnellen Haltegriff fixiert, stöhnte die Drecksau vor Schmerz in seiner Gegenwehr, als ihm die Handschellen angebracht wurden. Erst dann teilte man ihm die Gründe, die für ihn selbst nichts Neues gewesen sein durften, mit. Der Satz seiner Verteidigung >>Ich habe nichts Schlimmes getan, wir spielen nur ein Spiel! << klang nicht nur krankhaft absurd und ließ in den Gesichtern der Polizisten die Abscheu gegen ihn widerspiegeln, sondern war auch der Beweis dafür, wie selbstsüchtig er in Kauf nahm die Persönlichkeit seines eigen Fleisch und Blutes zu zerstören.

      Elena griff voller Scham nach ihre Decke und rutschte verängstigt erschrocken von ihrem Bett. Sie kroch in die andere Ecke des Zim-mers neben den Nachtschrank, wo sie sich zitternd zusammengekauert hinhockte. Nur ihre Augen linsten nervösen Blickes auf das Geschehen über den Rand ihrer Decke, die sie bis über die Nase gezogen hatte. Sie weinte und atmete hastig. Der anwesende Notarzt und eine Polizistin näherten sich ihr vorsichtig, versuchten sie zu beruhigen, doch sie reagierte nicht. Zu tief lag der Schock und die Verankerung der Barere des Mistrauens anderen Menschen gegenüber, die sie all die Jahre in sich aufgebaut hatte. Nach einer Weile des Zuredens und in einem apathischen Zustand gefallen, ließ sie dann doch eine ärztliche Versorgung zu.

      Kurze Zeit später wurde Elena von Sanitätern auf einer Barre in den Krankenwagen gebracht, vorbei an dem Streifenwagen, in dem, mit gesenktem Kopf, ihr Peiniger saß. Ein Handtuch hatte man ihm nach seinem Erbeten aus Feigheit, nicht zu seiner Tat stehend, auf den Kopf gelegt. Angewidert gezwungen dem Recht auch solcher Unmenschen achtend und weil das abgelegte Gelöbnis es verlangte, hatten ihn die Polizisten rücksichtslos in den Streifenwagen gezerrt. Auch als er sich am oberen Holm des Einstiegs den Kopf stieß, nahmen sie es nur unberührt zu Kenntnis. Es war sehend nicht einfach für die Beamten vor Verachtung die Contenance zu bewahren.

      Derweilen stellte die ebenfalls angerückte Kripo das Haus systematisch auf den Kopf. Durchsuchte akribisch jeden Raum, jeden Winkel und jedes mögliche Versteck nach Beweisen. Weyers musste schon lange im Visier der Kripo gestanden haben, nur so war das anfangs gebrachte Aufgebot an Polizisten, die Genauigkeit und der Aufwand ihrer Vorgehensweise zu erklären. Die Ernsthaftigkeit des Verdachts war durch langjährige Fahndungen allgegenwärtig und wurde letztendlich bestätigt. Plump versteckt, hinter einer laienhaft gezogenen Wand auf dem Dachboden, fand man einen frei zugänglichen Abstellraum. In ihm Kartons gestapelt, Türme dicht an dicht. Bezeichnet mit Jahreszahlen und Inhaltsverzeichnis, zurück reichend bis ins kleinste Kindsalter von Elena. In ihnen sortiert und archiviert unzähliges Foto und Filmmaterial von Elena, in jedem Alter, in jeder Stellung, mit ihrem Vater, mit anderen Erwachsenen oder allein bei unvorstellbaren, unwürdigen und kranken Aktivitäten. An Abart nicht zu überbieten, die sichergestellten Adressbücher. Namen alphabetisch in Tabellen aufgelistet mit deren Vorlieben, Bestelldatum und Preise. Viele von Ihnen waren Stammkunden, bekamen krankes Material zum Vorzugspreis.

      Ein Volltreffer für die Kripo, der das Leiden Elenas aber auch vieler anderer Kinder bedeutete.

      Die Staatsanwaltschaft und der Richter sahen die massive Schuld Weyers ohne jeden Zweifel als hinreichend erwiesen. Aufgrund der Härte des pädophilen Vergehens in seiner schlimmsten Form an Schutzbefohlenen, seiner bestialischen Vorgehensweise des sexuellen Missbauchs an seiner Tochter und den Aufbau eines unterhaltenden Kinderpornorings, verurteilte das Gericht ihn später zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung. Das Urteil wurde von seiner Verteidigung nicht einmal angefochten sondern stillschweigend hingenom-men.

      Tage nach diesem Ereignis, kehrte Elena noch einmal an dem Ort der Schande, die sie so lange ertragen musste, zurück. In Begleitung einer Betreuerin, die man ihr vom Amt zugeteilt hatte, ging sie schweren Schrittes zur Haus-tür und wartete wie eine Fremde bis ihre Mutter ihr auf machte. Die Fronten waren verhärtet. So wenig es zu verstehen war, das Elenas Mutter sie stumm für den Zusammenbruch der Familie verantwortlich machte, war es ebenfalls kaum zu verstehen, das Elena deswegen tatsächlich das schlechte Gewissen plagte. Elena sollte nach all dem Leid die Schuldige sein. Sie erfuhr weder Reue noch Einsicht.

      Nur wenige Habseligkeiten packte sie, Dinge, die sie nicht allzu sehr erinnerten. Sie schaute, als sie das Haus ohne Abschied, ohne würdigen Blickes ihrer Mutter verließen, auf dem Weg zum Auto noch einmal in Richtung meines Fensters. Schämend unsicher versuchte sie zu grinsen, zu lächeln. Ihre sonst so strahlenden Augen hatten jeglichen Glanz verloren, ihr Körper wirkte erschöpft zusammengefallen.

      Als sie los fuhren, schaute ich ihnen so lange ich konnte hinterher. Es war das letzte Mal, das ich Elena sah.

      Elena hielt ihr ganzes Leben dieses Martyrium aus, in der Hoffnung irgendwann befreit zu werden. Das war das, was sie bestärkte nicht aufzugeben, durchzuhalten. Als es am Ende soweit war und sie erlöst wurde, brach die Scheinwelt in ihr zusammen. Die Kraft die sie am Leben hielt, verschwand und die psychischen Wunden fraßen sich wie Säure unaufhaltsam in ihre Seele ein. Einen Monat nachdem sie nach der Festnahme ihres Vaters bei einer Pflegefamilie neuen Halt und liebevolle Fürsorge erfahren sollte, wusste sie diesen inneren Druck nicht mehr Stand zu halten. Sie entschied sich für den einzigen letzten Ausweg den sie sah und beendete ihr junges Leben. Man fand sie am frühen Morgen in ihrem Zimmer, erhängt an einem Heizkörper mit dem Gürtel ihres Morgenmantels, den sie allzu oft für ihren Vater ausziehen musste.

      Elenas Mutter war auf der Beerdigung nicht zu sehen. Sie trauerte auf ihre Weise und es kam vor, dass sie ganz in schwarz gekleidet in sich gekehrt um das Haus lief. Manchmal saß sie auch stundenlang auf der kleinen Sitzbank vor dem Haus, die Bank auf der Elena all die Jahre wartete bis ihr Vater sie zu sich rief. Im Laufe der Zeit sah man sie jedoch immer seltener. Ihr Ruf und die Blicke der Menschen waren unerträglich geworden. Sie verbarrikadierte sich zunehmend, verließ kaum das Haus. Das Grundstück verwilderte und Kurierdienste erledigten den Einkauf von Lebensmitteln. In der Nachbarschaft hieß sie nur „die Frau des Kinderfickers“ und eines Tages, war auch sie über Nacht verschwunden.

      Wohin, weiß keiner.

      Seitdem stand das Haus leer. Es sollte verkauft werden aber die darin stattgefundenen Ereignisse sprachen sich soweit herum, dass niemand bereit war dort einzuziehen. Ein Verwalter kümmerte sich um das Nötigste, ließ es ansehnlich für eventuelle Käufer erscheinen. Bis Heute ohne Erfolg.

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