GAUCHO. Chris Biller

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GAUCHO - Chris Biller

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klappte ich den hochbeinigen Tritt aus und stellte ihn unter Elenas Fenster in den weichen Morast. Ich wollte mich beeilen, wenn ich dabei gesehen werde, wie sollte ich aus dieser Nummer wieder heraus kommen? Hastig unüberlegt stieg ich mit einem Satz auf die zweite Stufe, wodurch sich der Tritt durch mein Gewicht nach rechts bis zur Unterseite der ersten Stufe in den Boden verabschiedete. Reflexartig griff ich nach dem Blitzableiter der sich zur linken neben dem Fenster befand. Um mein Gleichgewicht wieder herzustellen, versuchte ich mich mit der rechten Hand von der Mauer abzustützen, rutschte jedoch in diesem Augenblick mit meinem rechten Fuß, der ja immer noch komplett mit Schlick überzogen war, seitlich von der Stufe, wobei ich unwillkürlich nach vorn schnellte und mir den Kopf an der Außenfensterbank einschlug. Vor Schreck und schmerzerfüllt, sprang ich von dem Tritt in den schmatzenden Rasen und verharrte in gehockter Haltung eine Weile um den Schmerz in meinem Kopf zu überstehen. Der Einschlag war gewaltig, mein Schädel brummte wie verrückt und ich wunderte mich warum Elena oder sonst wer im Haus nichts bemerkt hatten. Ich war mir sicher, dass sich das ganze Haus bewegt hatte. Ich bekam für einen Moment durch dieses unangebrachte Missgeschick eine enorme Wut im Bauch. Musste das unbedingt passieren? Am liebsten hätte ich den Blitzableiter von der Wand ge-rissen, ihn um den Tritt gewickelt und mit aller Wucht durch die Fensterscheibe geworfen. Aber ich zwang mich zur Beruhigung und der zweite Versuch war dann weitaus erfolgreicher. So erfolgreich, dass ich mir noch lange danach wünschte, ich hätte nach dem ersten Versuch einen Rückzieher gemacht. Mit zitternden Knien vor Aufregung aber dieses Mal sicher, stand ich nun auf den Tritt. Die Außenfensterbank war auf Brusthöhe und ich beugte mich mit dem Gesicht so nah es ging an die Scheibe heran. Ich sah aber nichts. Eine Laterne die nicht unweit vorm Haus auf dem Grundstück stand, spiegelte sich im Fensterglas und ich formte zur Sichthilfe mit den Händen einen Trichter um meine Augen. Nun konnte ich etwas erkennen. Schemenhaft durch den vom Licht transparent wirkenden Vorhang sah ich Elena. Ich hatte alles erwartet, dass sie in ihrem Zimmer zu sehen sei, wäre keine Überraschung gewesen, aber es stockte mir der Atem. Sie lag unbekleidet auf ihrem Bett und streichelte sich am ganzen Körper. An ihren Brüsten, zwischen ihren Beinen. Ihre Kleidung lag verstreut um das Bett herum und auf ihrem Nachtschrank befanden sich Utensilien zur Hilfe der Selbstbefriedigung, die mir damals mehr als unbe-kannt waren, aber ein gewisses Fremdschämen in mir verursachten. Was machte sie da nur? Es kam mir vor, als würde ich von meiner heilen Welt durch dieses Fenster in eine andere, schlimme Welt blicken. Das unscheinbare und schüchternde Mädchen mit dem süßen Lächeln von Nebenan, lag wie die Natur sie schuf nicht unweit vor mir und praktizierte Dinge mit sich, die ich nicht wechseln konnte. Die Aufregung in mir ließ den Puls bis in meinen Kehlkopf hämmern und in meinem Magen bäumte sich ein Gefühl wie kurz vor dem Erbrechen auf. Ich musste so schnell und heftig atmen, dass die Fensterscheibe ständig beschlug und ich sie nach jedem dritten Atemzug mit dem Ärmel abwischen musste. Es wäre eine Lüge zu behaupten, dass mich das mit Elena nicht irgendwie angemacht hätte, obwohl es auf eine Art befremdend war. Ich empfand es als unwahrscheinlich dass es genau das war, was sie all die Jahre fast jeden Tag in ihrem Zimmer anstellte. Warum sollte sie das tun? Wer würde das über-haupt so oft mit sich machen wollen? War Elena womöglich besessen von sich selbst?

      Ich versuchte einen klaren Kopf zu bewahren. Wenn es eine Antwort auf meine Fragen gab, dann war sie vielleicht genau hier zu finden.

      Ganz rechts, so weit es möglich war, fing ich an ihr Zimmer in meinem Fokus zu inspizieren. Schritt für Schritt, langsam, tastete ich Sämtliches mit meinen Augen ab um eventuell Klarheit zu erlangen.

      Gleich neben dem Fenster erkannte ich das Seitenteil einer Schrankwand, wie sie für Jugendzimmer üblich war. Sie reichte über Eck bis zur nächsten Wand und in ihr flimmerte ein mittelgroßer Fernseher, dem ich zunächst vom Sichtwinkel zum Bildschirm her wenig Beachtung schenken konnte. Am Ende zur dritten Wand, stand der Nachtschrank, auf dem sich zusammen mit den schon erwähnten Utensilien, auch ein kleiner runder Frisierspiegel stand dessen Spiegel sich vertikal drehen ließ. Gleich daneben, ihr Bett, das ebenso wie der Schrank und eigentlich wie alles andere in diesem Zimmer überwiegend in einem Rot gehalten war. Ein großes kitschiges Bild hatte sie darüber gehängt, mit einem goldenen verzierten Holzrahmen. Darauf zu sehen, fünf vergnügte fliegende Engel, von denen der eine auf einer Harfe spielte. Heile Welt, dachte ich, beim betrachten dieser Darstellung und bemerkte am Rande meines Blickfeldes noch einmal den Frisierspiegel. Er spiegelte das Fernsehbild, das ich zuvor nicht einsehen konnte wieder. Ich nahm an, einen Erotikfilm zu sehen, mit dem sich Elena offensichtlich in Stimmung brachte, musste dann jedoch schockierend erkennen, dass die Bewegungen auf dem Bildschirm mit den ihren übereinstimmten. Nun sah ich auch ein Stativ das unmittelbar neben dem Fernseher mit einer Kamera bestückt aufgestellt war, mit der ihre intimsten Darstellungen ohne jeden Zweifel aufgezeichnet wurden. Ich war nicht gerade dumm für mein Alter. Oft kam es vor das durchaus auch Erwachsene in einigen Dingen was meine Intelligenz anbetraf, Mühe hatten mir das Wasser zu reichen. Womit ich lediglich behaupten möchte, dass ich sehr wohl eins und eins zusammen zählen konnte. Aber diese Flut an neuen und kuriosen Eindrücken, erst recht ihren Sinn verstehen, brachte mich dann doch an meine Grenzen. Warum um alles in der Welt nahm sie mit einer Kamera auf wenn sie sich selbst befriedigte? Machte sie das immer oder wollte es der Zufall, das sie es gerade an dem Tag machte an dem ich durch das Fenster spionierte? Tat sie es für die Nachwelt, für ihre Kinder, um denen zu zeigen wie es richtig gemacht wird? Wie krank war das denn? Wieder musste ich zu dem von mir vermuteten Entschluss gelangen, Elena sei von sich sexuell besessen.

      Ich überlegte abzubrechen. Was konnte Schlimmeres noch kommen als das was ich schon gesehen hatte? Ein hin und ein her in meinem Kopf und schließlich, machte ich weiter.

      Neben Elenas Bett, auf dem sie noch immer unaufhörlich an sich herum rieb, befand sich die Zimmertür. Wüst bepackt an den darauf befindlichen Haken mit Jacken, Blusen und Hosen, so das ein komplettes aufsperren sich als Schwierig herausstellen musste, weil der Türrahmen dort schon an der vierten und demnach letzten Wand grenzte. Sie war übersät mit hunderten Fotos von Elena. Eine riesige Collage mit Bildern in allen Formen und Größen, mit und ohne Rahmen, hingen sie kreuz und quer übereinander lappend. Auf den meisten Fotos, die ich mit Mühe erkennen konnte, wirkte sie seltsam emotionslos. Sie hatte sich scheinbar selbst fotografiert, ohne eine Miene zu verziehen, ohne einen Ausdruck, wie auf einem Passfoto. Als wollte sie sich dokumentieren und ihren Wandel über die Jahre festhalten.

      Bedenklich dieser Bilder und doch unbedacht ging mein Blick langsam weiter zur linken Ecke des Zimmers. Die Erwartung auf einen harmlosen Gegenstand oder auf etwas Ähnlichen zum Abschluss zu stoßen, machten mich unbekümmert. Bis ich ein Bein sah. Ein nacktes Bein, viel mehr ein nacktes Knie und dann zwei davon. Nackte Beine in einer Sitzposition auf einem Sessel der weit in dieser Ecke stand. Meine Augen kamen vor Schreck mehrere Zentimeter aus ihrer Höhle und ich drohte fast an meiner Spucke zu ersticken. Schemenhaft zu erkennen saß dort Jemand der erkennbar nackt zu sein schien und durch eine vertraute Handbewegung ohne Zweifel vermittelte zu onanieren. Mit Ekel und Angst im Blick verkrampft, waren mir diese Bewegungen, da ich selbst zum männlichen Geschlecht gehöre, sehr wohl bekannt und obwohl ich es erahnen konnte, um wen es sich auf dem Sessel handeln musste, wollte ich es nicht glauben. Das Aufglimmen einer Zigarette im Gesicht dieser Person, als sie daran zog, verschaffte in diesem Augenblick genug Licht um zu erkennen.

      Ich verlor den Halt meiner vor Aufregung zittrigen Beine und rutschte wieder mit den Füßen vom Tritt auf dem ich stand. Meine Hände die noch immer an der Fensterscheibe klebten, verursachten durch das Abrutschen ein hörbares quietschendes Geräusch auf dem Glas und ich schlug diesmal mit dem Kinn auf die Außenfensterbank. Ohne Halt flog ich rücklings blutend auf den nassen matschigen Rasen, von dem ich mich ohne ein zögern aufraffte und so schnell ich konnte zu unserem Hintereingang rannte.

      Ich hatte ihren eigenen Vater gesehen. Wie sollte ich das verstehen, wer kann das verstehen? Das Dreckschwein saß da, völlig nackt und holte sich sexuell ergötzend durch den Anblick seiner masturbierenden Tochter Einen runter.

      Sie mussten mich gehört haben, zu laut war mein Abgang aber das interessierte jetzt nicht mehr. Wie ein Irrer stieß ich die Hintertür zu unserem Haus auf und schrie immer wieder völlig aufgelöst

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