Mörderische Schifffahrt. Charlie Meyer

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Mörderische Schifffahrt - Charlie Meyer

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aus den Feldern. Einen Tag nach dem Desaster bin ich noch einmal rausgefahren, habe ihre Spuren auf der nassen Erde verfolgt und das Mistvieh tatsächlich gefunden. Keine hundert Meter weit entfernt, mitten auf der Straße zwischen den beiden Kleingartenkolonien. Tot. Ein Auto hat sie erwischt.« Er hatte dem Taubenzüchter am nächsten Morgen tatsächlich eine überfahrene Katze frei Haus geliefert, allerdings eine, die er rein zufällig auf der anderen Weserseite gefunden hatte. Im Industriegebiet zwischen der Puddingpulverfabrik Vogeley und der Mewa, als er auf dem Weg zum Baumarkt war, eine neue Steckdose besorgen. Hamlet holte alles aus der Wand, was mit weniger als drei Schrauben befestigt war. Freds große Hoffnung bestand darin, dass es eines schönen Tages einen gewaltigen Kurzschluss gab, und die Wohnung nach verbrannter Katze stank.

      Alice überlegte eine Weile. Sie versuchte sich vorzustellen, wie Fred mit einer großen Lupe in der Hand gebückt über die Felder rannte, immer den Pfotenspuren nach, und schüttelte den Kopf. Es musste eine andere tote Katze gewesen sein, die er zufällig gefunden hatte, nur würde sie ihm das ebenso wenig nachweisen können wie der Taubenzüchter. Zwei zu null für ihren Chef. Kein guter Tag für die Rache. Sie sollte sich wieder angewöhnen, morgens ihr Horoskop zu lesen.

      »Okay«, sagte sie ernüchtert. »Kommen wir wieder zum Geschäftlichen. Würdest du mich – bitte – über den Inhalt eurer Besprechung mit dieser Patrizia Müller in Kenntnis setzen. Ich hoffe zumindest, dass mein Gehirn scharfsinnig genug ist, all die scheinbar unbedeutenden Einzelheiten analytisch denkend in einen logischen Zusammenhang zu bringen. Wollen wir uns setzen? Gibt es Kaffee? In einer Stunde muss ich auf dem Schiff sein, denn, während ihr hier Klönschnack gehalten habt, habe ich mir einen neuen und sehr lukrativen Job gesucht.«

      Einen kleinen, heiklen Moment lang stutzte Fred, dann begriff er trotz seiner Übermüdung und rang sich Worte ab, die ihm aus dem Herzen gekommen wären, wenn er sie an jemand anderen hätte richten können. »Super! Tolle Arbeit. Die Detektei ist stolz auf dich. Jetzt musst du nur noch den Mörder überführen, dann sind wir aus dem Schneider. Also, um auf die Besprechung zurückzukommen. Der Rattenfänger Dickie Blume hieß mit vollständigem Namen Benediktus Blumenthal-Sowieso und war zweiunddreißig Jahre alt. So, wie es sich anhörte, war er nicht eben der freundliche Junge von nebenan. Nett war er zu denen, die ihn hofierten und unnett zu jenen, die dies eben nicht taten. Er ...«

      »Unnett? Was ist das denn für ein Wort? Neue deutsche Wortschöpfung?«

      »So in etwa. Unnett ist der Ausdruck, den Patrizia Müller exklusiv für ihren toten Freund kreierte. Er stellte Menschen bloß, die ihm nicht die nötige Aufmerksamkeit zollten. Was nun mögliche Motive für den Mord betreffen: Blumenthal war spielsüchtig, sowohl privat als auch bei den Banken hoch verschuldet, hatte aber schon private Insolvenz angemeldet, sodass wir dort wohl kaum das Motiv finden werden. Er war arrogant seinen Mitmenschen gegenüber und ein Träumer, der sich eine Karriere erhoffte, ohne etwas dafür zu tun.«

      Alice runzelte die Stirn und besah sich kritisch das belegte Brötchen aus der Metzgerei. Leberkäse? Sie hatte Parmaschinken, nicht Leberkäse gesagt. Igitt. »Ein Motiv hätte mir vollkommen gereicht. Danke der Nachfrage«, sagte sie leicht geistesabwesend, während sich ihr Magen entschieden verknotete. Für Leberkäse Zutritt verboten.

      »Er wollte Musiker werden. Klarinettist bei den Berliner Symphonikern, aber er übte nicht. Er träumte eben nur. Spielsüchtig war er in Bezug auf einarmige Banditen, und deshalb, beziehungsweise aus dem Grund, weil er wegen versuchtem Diebstahl vor Gericht kam, musste er bei Pik-As, einer Selbsthilfegruppe, antreten und lernte Frau Müller kennen.«

      »Okay. Jetzt das Ganze noch mal in allen Einzelheiten. Zur Belohnung schenke ich dir anschließend mein Leberkäsebrötchen.«

      Fred Roderich schilderte ihr alle Einzelheiten, soweit sie sich in seinem übermüdeten Hirn verfangen hatten, und Alice lauschte mit wachsendem Interesse. Dann aß Fred das Leberkäsebrötchen und hörte zu, wie Alices Magen knurrte.

      »Du solltest was essen, bevor du deinen Dienscht antrittscht«, mümmelte er.

      »Wirklich witzig!« Alice war bereits damit beschäftigt, ihre SMS zu lesen. Zwei stammten von Romeo Ich liebe dich unsagbar und Warum antwortest du mir nicht. Sie verdrehte die Augen, der Kerl fing an, ihr langsam auf die Nerven zu gehen. Vor eineinhalb Stunden erst war sie von zu Hause aufgebrochen, ihn im Bett zurücklassend, wo er friedlich vor sich hinschnarchte. Kaum war er wach, fing er an sie mit seinen SMS zu traktieren. Wo bist du? Warum kommst du nicht? Wer war der Kerl, mit dem ich dich in der Stadt gesehen habe? Verlass mich nicht, sonst hänge ich mich auf und so weiter und so fort. Er ließ keine Peinlichkeit aus, und mehr als einmal hatte sich Alice gewünscht, er würde die letzte seiner Drohungen ganz einfach wahr machen, sich einen Strick kaufen und im Wald oberhalb des Hammelsteins nach einem kräftigen Ast Ausschau halten.

      12

      »... und ins Steuerhaus«, fuhr Eddie fort, reckte die Nase ein wenig höher, um Alice in die grauen Augen blicken zu können und zog den Bierbauch ein. »... kommen mir nur Weiber ohne Schlüpfer!«

      Du meine Güte, dachte Alice verblüfft. Was für ein gewaltiges Ego doch kleine, bierbäuchige Männer um die sechzig haben. Nicht mehr als einen Kranz weißer Haare rund um die altersfleckige Platte aber jede Menge Testosteron in einem anderen Körperteil.

      »Nur ohne Schlüpfer«, echote Chris, der Zweimetermann mit dem weißblonden Schopf neben ihm und starrte sie mit hellen Augen unter hellen Brauen neugierig an. Zum Wikinger fehlten ihm nur Axt, Schild und Helm. Er war etwa halb so alt wie Eddie.

      Ups, dachte Alice. Das klein und bierbäuchig vor den Männern nehme ich zurück, Wikinger sind auch nicht besser.

      »Ich hau euch gleich die eigenen Schlüpfer um die Ohren, wenn ihr euch nicht endlich umzieht.« Eine kleine Frau mit zu viel Schokolade auf den Hüften, etwa in ihrem Alter, kam vor der Theke die Treppe aus dem Bauch des Schiffes hoch geastet, ein schweres Tablett, voll beladen mit sauberem Kaffeegeschirr in Händen. »Du bist also die Neue aus dem Hofbräuhaus?«, keuchte sie und musterte Alice aus großen, leuchtend blauen Augen. Trotz des Keuchens hörte Alice ein unterschwelliges Das darf doch nicht wahr sein! heraus, während sich die Männer murrend verzogen. »Dann kannst du gleich mal das Geschirr einräumen. Wieso bist du nicht in Schwarz-weiß?«

      Alice straffte die Schultern und wappnete sich für den Kampf, obgleich sie noch immer mit ihren ersten Eindrücken vom Schiff kämpfte. Ein weißer Halbriese mit drei Decks und zwei aufgemalten blauschillernden Libellen rechts und links der Bugspitze. Kein Fünf-Sterne-Traumschiff, eher ein in die Jahre gekommener, etwas hausbackener Dampfer. Der Wind pfiff durch den offenen Spalt der Schiebetür, kleine Kräuselwellen schwappten an den Rumpf, und unter ihren Füßen schaukelte es sacht. Die Schiffsmotoren dröhnten dumpf, das Stromaggregat brummte durchdringend. Der Salon, in dem sie stand, war ganz in Blau gehalten und reichte, beeindruckend in seinen Ausmaßen, vom Bug bis zum Heck. Blaue Stuhlbezüge, blaue Vorhänge, blauer Teppichboden mit kleinen weißen Punkten. Sogar die Mitteldecker auf den Sechsertischen, die in drei Reihen standen, waren blau, was dem Salon ohne Frage ein eher düsteres Ambiente verlieh.

      Auf diesem Schiff also war der Mord geschehen. Alice schauderte erwartungsvoll und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Herausforderung prickelte sie vom Scheitel bis zum Zeh.

      »Was?«

      »Bist du taub? Wenn es dir keine Umstände macht, würde mich interessieren, warum du nicht schwarz-weiß gekleidet bist? Weißes Oberteil, schwarze Hose. Kellnerkluft. Und bind dir deine Mähne zurück. Ich dulde keine Haare in der Suppe, schon gar keine roten.« Inga, verantwortliche Servicekraft der Libelle, schob Alice mit dem Ellenbogen zur Seite und schleppte ihr Tablett

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