Dreizehn. Das Tagebuch. Band 1. Carl Wilckens

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Dreizehn. Das Tagebuch. Band 1 - Carl Wilckens Dreizehn -13-

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und wischte sich Storms Blut vom Gesicht. »Was ist in sie gefahren?!«

      »Storm«, murmelte Ronald.

      »Verdammt!«, brüllte Baine und rammte die Faust wiederholt gegen die Zellenwand, dass seine Fingerknöchel bluteten. »Wenn ich hier rauskomme, werde ich diese Mistkerle erwürgen!«

      Dem folgten mehrere Minuten betretenen Schweigens.

      »Waren das die gleichen Kerle wie gestern?«, fragte Baxter schließlich.

      »Ich denke schon«, murmelte Arwin. »Möge Zuris sich der Seele unseres Genossen annehmen.«

      »Mit denen stimmt doch irgendwas nicht«, meinte der Sänger mit schwacher Stimme und sah zu End.

      Sein Gegenüber wandte sich um. »Sie sind von Hirnmarodeuren befallen. Die Bösen Geister strömen derzeit in großer Zahl durch das Loch im Himmel in unsere Welt.«

      »Durch das Loch im Himmel? Also liegt dahinter die andere Seite? Die Welt der Enerphagen?«

      End nickte. »Wir befinden uns in einer gewaltigen Synaígieblase. Ihre Innenwand umschließt den ganzen Planeten, ihre Außenwand die Welt der Enerphagen – schwer vorstellbar, ich weiß, aber die vierte Dimension ist nun mal komplex. Jemand hat versucht, uns vor den Bösen Geistern zu beschützen, indem er uns versteckte und sie zugleich in ihrer Welt einschloss.«

      »Hey, Neuer«, rief Baine. »Wie heißt du?«

      »Bill«, antwortete der Mann. Seine Kehle war eingerostet, seine Stimme farblos. Er räusperte sich und wiederholte seinen Namen mit demselben Ergebnis.

      »Kommst du klar?«, forschte Baine nach.

      »Der Himmel fällt uns auf den Kopf«, sagte Bill heiser. »Und du fragst, ob ich klarkomme?« Baine hätte wohl in einem Anflug von Galgenhumor freudlos gelacht, hätte sein neuer Zellennachbar nicht so bitterernst geklungen. »Heute Nacht sind alle Insassen im Zellenblock 1 einer nach dem anderen durchgedreht – alle außer mir. Liam zuerst, als er plötzlich anfing, seinen Kopf gegen die Zellenwand zu donnern, bis er das Bewusstsein verlor. Als er wieder zu sich kam, biss er sich die Pulsadern durch und verblutete. Danach war Stuart an der Reihe. Hintereinanderweg nahmen sich meine Zellengenossen das Leben … Truman, Brandon, Walto, Luke, Brook, Arnold und zuletzt Mick. Als ich dachte, dass nun meine Zeit gekommen war, betraten die beiden Wärter den Zellenblock. Teile der Decke waren durch die Erdbeben runtergekommen, und sie wollten uns auf die anderen Zellenblöcke aufteilen. Der Anblick meiner neun toten Genossen ließ sie völlig kalt. Sie lachten bloß und meinten, wer zu dumm zum Leben sei, habe es verdient, zu sterben.« Er brach ab und rang einen Moment lang um Fassung. »Das ist die Apokalypse, nicht wahr? Der Himmel zerbricht, und die Menschen fallen dem Wahn anheim.«

      »Ist für das, was in Zellenblock 1 geschehen ist, vielleicht auch ein Hirnmarodeur verantwortlich?«, wandte sich der Sänger beunruhigt an End. Sein Gegenüber antwortete nicht. Wieder einmal starrte er an die Betonwand seiner Zelle, als handelte es sich um ein Panorama. Hatte er Bill überhaupt zugehört? »Hey!«

      Erst jetzt schüttelte er den Kopf. »Was der Neue sagt, klingt eher, als wären seine toten Zellengenossen nicht Herren ihrer selbst gewesen. Dazu wäre ein Folkore nicht imstande.«

      »Also ein Alb? Oder ein Norn?«

      »Alben laben sich nicht am Leid der Menschen«, meinte End. »Und Norn gehen für gewöhnlich subtiler vor. Vermutlich war es ein nicht kategorisierter Enerphag mit instabiler Dunkler-Mana-Aktivität.«

      »Müssen … wir damit rechnen, dass er auch hierher in den Zellenblock 13 kommt?«, forschte der Sänger nach.

      »Wär möglich«, entgegnete End.

      Seine Teilnahmslosigkeit brachte den Sänger an den Rand der Verzweiflung. »Es muss eine Möglichkeit geben, uns zu schützen«, sagte er händeringend.

      »Knoblauch schützt einen vor den meisten Folkloren und nicht kategorisierten Enerphagen«, entgegnete End ungerührt. »Frag mich jetzt nicht, wie wir den auftreiben sollen.«

      Wieder löste betretene Stille die Konversation im Zellenblock 13 ab.

      »End weiß scheinbar, was hier vor sich geht«, erklärte Baine seinem neuen Zellennachbarn und kratzte sich am Nacken. »Was er erzählt, klingt vollkommen verrückt. Aber nach allem, was passiert ist … lass es mich so sagen: Wenn ich noch meiner eigenen Wahrnehmung glauben kann, dann auch ihm.«

      »End?«, wiederholte Bill. »Also ist es wahr? Godric End ist in diesem Zellenblock?« Die anderen Insassen bejahten. »Ich war in Onslow dabei, Mann!«, sagte Bill aufgeregt.

      »Ein historischer Tag«, erwiderte End spöttisch.

      »End erzählt uns, was wirklich passiert ist«, brummte Arwin. Ihm war anzuhören, dass die Wahrheit ihn nicht glücklich machte.

      »In Onslow?«, fragte Bill verständnislos.

      »Generell«, entgegnete Jed.

      »Kannst du ihm nicht eine kurze Zusammenfassung geben, End?«, fragte Baxter seinen Zellennachbarn.

      »Klar«, entgegnete End. Baxter stutzte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass End so leicht einwilligen würde. Immerhin kostete es sie eine Zigarette pro Tag, damit er ihnen seine Geschichte erzählte.

      »Wenn du auch noch deine Füße in den Zellengang streckst, könnte ich sie dir währenddessen massieren«, fügte End in sarkastischem Tonfall hinzu.

      »Ich meinte ja nur …«, sagte Baxter kleinlaut.

      »Und wenn du zwei Zigaretten bekommst?«, schlug Jed vor. Nun wirkte End interessiert.

      Ehe er antworten konnte, hatte der Sänger seinen Tabakvorrat überprüft. »Dann habe ich vielleicht nicht mehr genug Tabak für den Rest der Geschichte«, meinte er.

      »Ich habe Tabak«, meldete sich Bill zu Wort. Der Sänger glaubte zu sehen, wie sich Ends Nasenflügel blähten, als könnte er das Kraut wittern, während der Neuankömmling eine Zigarette drehte. Bill reichte sie an Baine weiter, Baine an Arwin, Arwin an Baxter. Letzterer hielt die Zigarette in den Zellengang, sodass End sie sehen konnte.

      »Haben wir einen Deal?« Wortlos trat End vor die Zellentür, steckte einen Arm durch die Gitterstäbe und hielt die Hand auf. Baxter legte die Zigarette hinein, und End zog sich in seine Zelle zurück wie ein Raubtier in eine Höhle, um seine Beute zu verspeisen. Er holte die Streichholzschachtel, die ihm der Sänger am Tag seiner Ankunft in Blackworth zugeworfen hatte, aus der Hosentasche und steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen. Dann zog er eines der Zündhölzer über seine Schuhsohle und entzündete den Tabak.

      Was noch riefe jenen Ausdruck der Verzückung in Ends Miene wach, wie es der jeweils erste Zug einer Zigarette tut?, fragte sich der Sänger. Nicht viel, vermutete er.

      »Ich schätze«, begann End, sobald er die Zigarette aufgeraucht hatte, »du kennst die Geschichten vom Unterrumpf. Du weißt, dass ich dort aufgewachsen bin. Du hast vielleicht auch schon mal gehört, dass ich eine Zeit lang für eine der Banden auf der Swimming Island als Auftragsmörder gearbeitet habe. Und natürlich kennst du die Geschichten davon, wie ich Baron Enoch Ashbee tötete.« End holte einmal tief Luft. »Wovon du gewiss noch nie gehört hast, ist das Tagebuch von William Walker. Du weißt nicht, dass er meine Schwester tot aufgefunden hat –

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