Die Missionäre. Gerstäcker Friedrich
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Missionäre - Gerstäcker Friedrich страница 8
„Schön. Dort trafen wir einander, denn bekannt sind wir ja schon als Kinder mitsammen gewesen, und da zufällig einmal das Gespräch auf Religion kam und ich dabei vielleicht einige Ansichten entwickelte, die ihr Besorgniß für mein künftiges Seelenheil einflößten, so ging sie scharf an die Arbeit, um mich zu bekehren."
„Und ist ihr das gelungen?" fragte der Baron trocken.
„Leider nicht," seufzte Franz. „Mit dem regen Interesse für mich aber geweckt, und da sie doch wohl einsehen mochte, daß der kurze Aufenthalt in der Residenz kaum ausreichen würde, um ihr Liebeswerk zu beenden, scheint sie beschlossen zu haben, die Sache radical anzugreifen und mich zu heirathen."
„Du spottest, Franz," sagte Berchta ernst.
„Wahrhaftig nicht, Schatz!" rief ihr Vetter. „Dort erklärten wir uns allerdings noch nicht, aber das liebe Ding wollte mir nicht wieder aus dem Kopf. Gar so herzlich hatte sie zu mir gesprochen, und eine solche Sorge, solche Angst um mich gezeigt, daß ich von der Zeit an gar nichts weiter denken konnte, als nur eben sie, und da der Vater außerdem in mich drängte, mir nun endlich einen Hausstand zu gründen, packte ich gestern auf, reiste in einem Strich nach Hohenstein und habe gestern Abend um ihre Hand angehalten und sie bekommen."
„Alle Wetter! das ging rasch -"
„Heute Morgen litt es mich nun nicht länger, Euch wenigstens hier zu sehen und die frohe Kunde mitzutheilen, und da Selma überdies auf Besuch zu einer Tante mußte und zwei Tage ausbleiben wird, benutzte ich die Zeit und ritt herüber. Voilá tout!"
„Und glaubst Du wirklich, Franz," sagte Berchta bewegt, „daß Ihr Beide zusammen passen werdet?"
„Und warum nicht, Schatz?" lachte der leichtherzige junge Mann. „Entweder sie bekehrt mich, oder ich sie. Wenn wir nur einander lieb haben, das Andere findet sich nachher schon von selber, und ich bin fest überzeugt, glücklich mit ihr zu werden."
„Das gebe Gott!" nickte Berchta.
„Und meinen Segen hast Du auch, Franz," sagte der /28/ alte Freiherr, „wenn ich auch Berchta's Befürchtung halb und halb theile. Aber das ist Deine Sache; Du mußt sehen, wie Du mit ihr fertig wirst. Uebrigens, wenn Deine Verlobte auf Besuch ist, bleibst Du doch wohl kurze Zeit bei uns?"
„Wenn Ihr mich haben wollt, heute und morgen. Uebermorgen früh muß ich aber wieder nach Hohenstein zurück."
„Schön, mein Junge; dann soll Dir Berchta Deine Zimmer gleich in Ordnung bringen lassen," nickte der Onkel; „Du wirst wieder in Deiner alten Stube einquartiert."
3.
Die Missionspredigt.
Der nächste Morgen brach an, und mit ihm kam ein ganz eigenes, reges Leben in das sonst so stille Rothenkirchen, - denn Johnson, der Missionsprediger, war noch am vorigen Tag außerordentlich thätig gewesen und hatte Boten nach allen benachbarten Dörfern ausgeschickt, um seinem Vortrag über jene „Heimath über dem Meer", wie er es nannte, die weiteste Verbreitung zu geben. Er schien auch damit einen ganz außerordentlichen Erfolg zu erzielen, denn wenn sich viele Menschen vielleicht - sobald sie erst genau erfuhren, um was es sich hier handelte - wohl nicht besonders für die Missionen interessirt haben würden, so lockten die große Mehrzahl doch schon die Worte an: „Die Heimath über dem Meere."
Viele von ihnen hatten Söhne oder nahe Verwandte in Amerika, Andere trugen sich selber mit stillen Gedanken einer möglichen Auswanderung, wenn sie es auch noch gegen Niemanden eingestanden hatten. Sie wollten wenigstens einmal hören, wie es da drüben aussehe, und das konnte ihnen natürlich kein Mensch besser sagen, als ein solcher Mann, der /29/ lange selber in jenen Ländern gelebt und dann natürlich die Verhältnisse doch auch genau kannte.
Sie zogen deshalb schaarenweise nach Rothenkirchen hinüber, und die ziemlich geräumige Kirche dort faßte kaum die Zahl der Zuhörer, die sich Kopf an Kopf in dem weiten Raum drängten.
Und dahinein trat Johnson, in seinem schlichten schwarzen Rock, mit der hohen Stirn und den klugen Augen, die ganze Gestalt edel und von dem Gefühl getragen, ein Werk zu fördern, dem er sein ganzes Leben gewidmet, für das er Alles geopfert, was. er sein nannte. Konnte man es ihm gerade da verdenken, wenn er kleine, unbedeutende Opfer von Anderen forderte? Ja, konnte man solche Unterstützung selbst nur ein Opfer nennen?
Als er mit seiner ruhigen, klangvollen Stimme, die den ganzen Raum vollständig ausfüllte, begann, herrschte Todtenstille in dem Gebäude. Er schilderte jene herrliche Welt der Südsee, jene stillen, von Korallenriffen umgürteten, von brandenden Wogen umschäumten Palmenhaine und Fruchtgärten, jenes blaue Meer und die mächtigen, bewaldeten Kuppen der Berge - ein Paradies auf Erden, aber mit der Hölle in ihrem Herzen und der Fluch blinden Heidenthums schwer und verderblich auf dem Paradiese lastend.
Er beschrieb mit grellen, furchtbaren Farben die Menschenopfer, die man hölzernen Götzen schlachtete; er schilderte mit einer Wahrheit, die seine Zuhörer schaudern machte, die Kindes- morde, die von unnatürlichen Müttern verübt wurden, weil das heidnische Gesetz sie dazu zwang. Er sprach von den Tausenden und Tausenden unschuldiger Kinderseelen, die dort selbst jetzt noch in jenen unheilvollen Gebräuchen auferzogen würden,und selbst jetzt noch gerettet werden könnten, wenn eben christliche Prediger ihre Pflicht erfüllten und den Heiden das wahre Wort brächten. Und nun ging er auf die Missionen über, auf den kühnen Muth, mit dem sie in ein fernes, unbekanntes Meer, zwischen wilde, kriegerische, grausame Volksstämme ausgezogen wären, um nach des Heilands Vorschriften seine Lehre zu verkündigen. Mit welchen Gefahren und Entbehrungen sie dort zu kämpfen gehabt, wie sie oft allein, nur unter dem Schutz des Höchsten, dagestanden hätten zwischen /30/ erhobenen Opferbeilen und geschwungenen Keulen; wie Viele dabei auch den fremden Boden, dem sie ja nur den Frieden und das Heil bringen wollten, mit ihrem Blute gedüngt hätten. Ja selbst zu Opfern waren sie selber verwendet und ihre zerstückten Glieder von den Kannibalen gebraten und verzehrt worden. Aber dennoch folgten ihnen Andere; keine Schrecken konnten sie zurückhalten. Muthig gingen sie Allem entgegen, und wie die Wahrheit überall doch zuletzt siegen muß, so ruhten sie auch nicht eher, bis sie selbst auf jenem Boden Wurzel faßten.
Nun ging er zu der Wirksamkeit der Missionäre über, wie sie nach und nach doch einen kleinen Theil der Wilden ihrem Glauben gewonnen und mit deren Hülfe sich weiter auszubreiten suchten; wie sie Kirchen bauten und Schulen errichteten, wie sie den Insulanern nützliche Gewerbe lehrten und die Thaten des Friedens verbreiteten. Aber ihre Kämpfe waren deshalb noch lange nicht vorüber. Feindliche und heidnische Horden, in der wahnsinnigen Meinung, ihre gestürzten Götzen zu rächen, überfielen die jetzt wehrlosen christlichen Stämme, so daß diese in ihrer Verzweiflung, und nur um ihr Leben und das ihrer Familien zu retten, zu den Waffen greifen mußten - aber die Wahrheit siegte dennoch. Der Glaube hatte Wurzeln gefaßt auf den Inseln und konnte nicht wieder ausgerottet werden, und jetzt lag es an Europa, an der alten Welt, die neue in ihren Bemühungen zu unterstützen und da nur hülfreich die Hand zu reichen, wo kühne und fromme Männer schon Leib und Leben gewagt hatten, um ihr schönes Ziel zu erreichen.
Von jetzt ab schilderte er nur die stille Thätigkeit in den kleinen, von den Missionären angelegten Colonien, ihren Fleiß und ihr Streben, aber auch den Mangel, dem die Eingeborenen anheimgegeben wären. Auf nichts waren sie ja vorbereitet, um jetzt auf einmal in ein gesittetes Leben überzutreten. Ihre Tracht stand im Widerspruch mit den Gesetzen der Sittlichkeit; Kenntnisse besaßen sie gar keine; wie Kinder mußten sie herangezogen und gekleidet werden, wie hülflose Kinder, die sie, wenn auch nicht an Körper, doch sicher an Geist waren. Aber lernbegierig hatten sie sich gezeigt, und bei der Masse /31/ der Zuströmenden, die Belehrung verlangten, fehlte es noch immer an Lehrern, besonders an Lehrerinnen;