Die Midgard-Saga - Hel. Alexandra Bauer
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Midgard-Saga - Hel - Alexandra Bauer страница 8
Thea tastete die Stickarbeit auf der Brust der Tunika ab. „Hat das eine Bedeutung?“
„Natürlich. Es ist das Symbol meiner Walküren.“
„Aber … ich bin keine von deinen Walküren.“
Ein Lächeln huschte über Wal-Freyas Lippen. „Das ist richtig, nur ist Sigrún schon lange davon überzeugt, dass du einen Platz in ihren Reihen bekommen solltest.“
Thea konnte nicht anders als erstaunt die Augenbrauen zu heben. Ungeachtet dessen legte Wal-Freya den Umhang über den Arm und zog als nächstes die Tunika vom Diener. Theas Blick fiel auf ein kurzärmliges, goldenes Kettenhemd. Sie mochte kaum glauben, was sie da sah. Wieder berührte sie das Kleidungsstück mit den Fingerspitzen, fuhr die einzelnen Kettenglieder nach und bewunderte die Art und Weise, wie das Rüstungsteil gefertigt worden war.
„Aber ist Gold nicht ein bisschen schwer?“, sagte Thea verhalten.
Wal-Freya warf Umhang und Tunika auf den Sessel. „Dummerchen! Das ist kein Gold.“ Sie holte nun auch das Kettenhemd vom Diener und reichte es Thea. Erneut konnte sie nur staunen, denn das Rüstungsteil wog nicht mehr als ein gewöhnlicher Mantel.
„Aber, wenn es kein Gold ist …“
„Muss es aus einem Metall sein, das es in Midgard nicht gibt“, erwiderte die Walküre mit einem Zwinkern. „Durch dieses Kettenhemd kommt sicher keine Wolfsklaue mehr durch. Los! Zieh es an! Ich kann es kaum erwarten dich damit zu sehen!“
Ehe Wal-Freya in Versuchung kommen konnte ihr zu helfen, löste Thea den Gürtel, legte Kyndill auf den Sessel und streifte die Kleider ab. Die Wanin reichte ihr eine schwarze Hose und schob ein Paar Stiefel hinterher. Thea zog die Hose an, schnürte sie zu und schlüpfte in die Schuhe. Das Fell, mit denen diese gefüttert waren, schmiegte sich angenehm weich um ihre Füße. Schon stülpte ihr Wal-Freya eine langärmlige Steppjacke über den Kopf und ließ das Kettenhemd folgen.
„Wundervoll“, kommentierte Thea, die Leichtigkeit der Rüstung bewundernd. Sie fühlte die roten Borten am Ende der Ärmel und des Kragens. Auch diese zierten kunstvolle Knotenmuster.
„Und jetzt die Tunika“, verkündete Wal-Freya feierlich.
Thea hob die Arme und schlüpfte in das Kleidungsstück. Als sie an sich herabsah, fühlte sie ihr Herz schneller schlagen vor Stolz. Erneut fuhr sie mit den Fingerspitzen über das Walkürensymbol. Sie war Teil von etwas Großem geworden. Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie sich besser gefühlt – in keinem ihrer Leben. Aber auch für Wal-Freya schien dies ein erhebender Moment zu sein. Thea hatte in den Augen der Wanin selten so viel Freude gesehen.
Wal-Freya deutete auf Kyndill. „Schnall es um!“, forderte sie Thea auf und nahm etwas Abstand, um sie zu betrachten. Ihr fröhlicher Gesichtsausdruck wurde abschätzend. „Sigrún ist ebenso wie du kein Freund von Kleidern. Aber ich finde, auch eine Kriegerin darf ein wenig verführerisch aussehen.“ Sie wandte sich um, hob den Deckel der Truhe an und warf noch einmal einen Blick hinter sich, während sie in der Kiste wühlte. Schließlich zog sie einen schwarzen Stoff heraus, breitete ihn vor sich aus und lächelte zufrieden.
„Oh bitte, Wal-Freya! Keinen Rock! Das behindert doch nur“, stöhnte Thea.
„Ich trage ein Kleid. Hast du schon einmal gesehen, dass mich das in irgendeiner Weise behindert hätte?“
„Nein, aber du bist eine Göttin. Sicher könntest du noch komplett eingewickelt kämpfen.“
Wal-Freya lachte lauthals. „Ja, vielleicht!“
„Wen sollte ich außerdem damit beeindrucken?“
„Mich!“ Wal-Freya trat an Thea heran und forderte sie auf, Steppjacke und Kettenhemd anzuheben. Kaum hatte sie Folge geleistet, band Wal-Freya den Stoff um Theas Hüfte. Erneut nahm die Wanin Abstand und nickte zufrieden. „Außerordentlich!“
Thea fuhr mit den Händen seitlich über den Rock. Tatsächlich ließ er an der Schnürung das komplette rechte Bein frei und zur linken Seite war er so tief geschlitzt, dass sie keinerlei Bewegungseinschränkung wahrnahm. Auch dieser Stoff war an seinen Rändern mit goldenen Knotenmustern verziert.
„Ich werde das Gefühl nicht los, dass das kein Kleidungsstück von dir ist“, brummte Thea.
Wal-Freya lachte. „Bin ich so leicht zu durchschauen?“
„Irgendwie schon.“
„Du wirst noch froh sein, ihn zu haben. Er hält dich zusätzlich warm. Links ist eine Tasche eingearbeitet. Sie enthält Mondsand, um deine Zauber zu verstärken. Das ist natürlich nur für Notfälle.“
„Natürlich.“
Wal-Freya öffnete einen Beutel, der neben dem Diener stand. „Nun fehlt nur noch ein bisschen Rüstzeug“, erklärte sie und reichte Thea Arm- und Beinschienen, die ebenso golden schimmerten wie das Kettenhemd. Silberne Muster waren auf ihnen abgesetzt. Thea wagte kaum zu atmen, als sie das fremdartige Metall in den Händen drehte. „Aber Wal-Freya. Das ist doch alles viel zu kostbar für mich …“
„So ein Unsinn! Zieh sie an! Diesmal werden wir keine Baba Jaga bei uns haben, wenn du wieder Unsinn anstellst.“ Sie lächelte, doch Thea konnte sehen, dass es ein abgerungenes Lächeln war.
„Glaubst du, dass es sehr gefährlich wird?“
Wal-Freya holte tief Luft. „Ich weiß es nicht. Bisher war nichts einfach und ich wage mir gar nicht vorzustellen, was passiert, wenn Hel uns dabei erwischt, wie wir Balder aus ihrem Reich schmuggeln.“
Thea seufzte bekümmert. „Was meinst du, könnte sie dann machen?“
„Wer weiß das schon, ich kenne sie nicht. In diesem Fall werden du und Kyndill sehr wichtig für uns sein. Es ist also nur recht und billig, dir ein paar kostbare Geschenke zu machen.“ Wieder lächelte sie. Dann holte sie einen, in einer ledernen Tasche steckenden Dolch aus dem Beutel. „Es kann nicht schaden, wenn du eine Klinge bei dir trägst, die nicht brennt“, sagte sie mit einem Zwinkern und befestigte den Dolch am Gürtel auf Theas Rücken.
„Denkst du, dass wir das Richtige tun?“, fragte Thea, während sie die Beinschienen über den Stiefeln anbrachte.
„Keine Ahnung. Manchmal glaube ich ja, manchmal glaube ich nein. Aber es ist mühsam, darüber nachzudenken. Wir haben uns im Thing dafür entschieden, also werde ich alles daran setzen, dass wir Erfolg haben.“
„Vielleicht hätte Juli auch einfach nur die Klappe halten sollen“, raunte Thea und schloss bereits die letzte Schnalle der Armschienen.
Wal-Freya lächelte. „Vielleicht wäre auch ein anderer auf die Idee gekommen, Balder zu befreien.“
„Fertig“, verkündete Thea.
„Fast!“ Abermals griff Wal-Freya in den Beutel und zog einen Brillenhelm hervor. „Der wird aber nicht wieder verloren!“, sagte sie, während sie ihn Thea entgegen warf.