Die Pferdelords 10 - Die Bruderschaft des Kreuzes. Michael Schenk
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Der alte Unterführer kannte Wege, die notwendigen Männer zu finden, auch wenn die nicht unbedingt den Vorstellungen des Hochgeborenen entsprachen, die dieser von Gardisten des Königs hatte. So durchkämmten Renter ta Marek und sein Unterführer auch die zahlreichen Schenken und fanden jene, die betrunken oder verschuldet genug waren, die drei goldenen Schüsselchen zu nehmen. Ta Marek war überrascht, dass allmählich genug Männer für einen Beritt zusammenkamen.
Ein schwacher Beritt, der immer noch deutlich unter der Sollstärke lag, aber es war, wenigstens auf dem Papier, ein Beritt. Auf dem Hof der Garnison war es hingegen kaum mehr als ein Sammelsurium jüngerer und älterer Männer.
Schließlich wurde die bunt zusammengeworfene Schar vom Stadtkommandanten kurz gemustert. „Die Gardekavallerie muss wahrhaftig in Not sein“, hatte der gemeint. „Kleidet die Burschen ein, dann werden sie immerhin wie Gardisten des Königs aussehen. Wenigstens bei Dunkelheit und wenn der Betrachter sehr kurzsichtig ist.“
In gewisser Weise hatte der Kommandeur recht.
Die einheitlichen Uniformen und polierten Vollrüstungen der Garde machten die Männer, rein äußerlich, zu einem jener Beritte, auf den jedes Garderegiment stolz gewesen wäre. Doch bis dahin mussten Renter ta Marek, sein Unterführer und die neuen Gardisten noch einen weiten Weg zurücklegen.
„Wir haben Männer und wir haben Pferde“, brummte der Unterführer. „Nun beginnt der schwierigste Teil, Euer Hochgeboren. Kaum einer von den Burschen kann sich derzeit auf einem Pferderücken halten, geschweige von ihm kämpfen. Immerhin sind die Pferde bereits zugeritten. Wir werden die Leute also hinaufbekommen. Die Frage ist nur, wie lange sie oben bleiben.“
„Notfalls binden wir sie am Sattel fest“, sagte Renter grimmig. „Sie müssen die Formationen zu Fuß und zu Pferde erlernen, ebenso den Umgang mit den Waffen.“
„Das ist eine verdammte Menge Arbeit, Euer Hochgeboren. Da könnten wir etwas Hilfe gebrauchen.“
„Der Kommandant gehört zur Stadtgarde und wird wenig Interesse daran haben, uns zu unterstützen. Ihr kennt doch die Rivalitäten zwischen den Truppen des Königs und jenen der Städte und Provinzen.“
„Immerhin ist ein Beritt der Gardekavallerie hier stationiert, der die Handelsstraße bestreift. Redet mit deren Ritter. Möglicherweise leiht er uns einen oder zwei seiner Unterführer aus, bis unsere Männer so weit sind.“
Es war die Lösung für manches Problem, welches Renter ta Marek plagte. Zudem stellte auch der Kommandant zwei Ausbilder der Stadtgarde ab.
Aus dem bunten Haufen der Angeworbenen formierte sich langsam, aber zunehmend ein Beritt. Mancher der neuen Gardisten mochte es bereuen, das Handgeld des Königs genommen zu haben, doch der unbarmherzige Drill schweißte sie zugleich zu einer Einheit zusammen. Nur zwei Männer mussten zu Renters Enttäuschung ausgemustert werden, da sie den Anforderungen gesundheitlich nicht gewachsen waren. Ein Dritter brach sich beim Sturz vom Pferd das Bein und würde nie wieder reiten können.
Allmählich gewann der junge Hochgeborene an Zuversicht, wenn er die Männer hinter dem Wimpel des fünften Beritts der zweiten Gardekavallerie reiten sah. Seine Stimmung stieg weiter, als er zum Kommandanten befohlen wurde, der gute Neuigkeiten für ihn hatte.
„Ich habe den fünften Beritt sehr sorgfältig beobachtet, Hochgeborener ta Marek, und ich bin angenehm überrascht, welche Fortschritte Ihr erzielt habt.“ Renter überhörte die versteckte Anspielung, dass der Kommandant wohl an seinen Fähigkeiten gezweifelt hatte, denn die nachfolgenden Worte waren höchst erfreulich. „Es gibt einen allgemeinen Befehl des Kronrates, die neue Festung in Nerianet nach Möglichkeit zu verstärken. Somit werdet Ihr und Euer Beritt nach Nerianet abkommandiert. Dort könnt Ihr den Männern sicher den letzten Schliff geben.“
Renter ta Marek war in höchstem Maße beglückt. Sein Wunsch ging doch in Erfüllung ... Dienst an der Grenze in der neuen Festung von Nerianet.
Sicherlich gab es noch deutliche Mängel bei den Männern, und der Unterführer äußerte auch sofort seine Zweifel, als der Hochgeborene ihm die neuen Befehle übermittelte. „Es sind rund dreihundert Tausendlängen Weg bis zur Festung am Spaltpass. Ein weiter Ritt für ungeübte Männer, Euer Hochgeboren. Wohl ein Zehntag, bis wir dort ankommen. Es sind schlechte Reiter und mancher wird sattelwund sein, wenn wir durch Nerianets Tor reiten. Wir sollten daher langsam reiten und den Männern und Pferden Zeit geben, sich besser aneinander zu gewöhnen.“
Ta Marek drängte es an die Grenze, aber er sah ein, dass der alte Unterführer recht hatte. „Nun, der Befehl besagt nicht, wann wir eintreffen müssen. So können wir uns etwas Zeit nehmen und die Gelegenheit nutzen, den Männern unterwegs noch etwas beizubringen.“
Am kommenden Tag wurden Ersatzpferde mit den Packlasten des Reiseproviants und der wenigen privaten Habe der Männer beladen. Dann ließ Renter ta Marek die einhundertsiebzig Gardisten mit ihren Pferden auf dem Innenhof der Garnison antreten.
Alle trugen die Vollrüstungen über den schlichten graublauen Uniformen. Das helle Metall blitzte im Sonnenlicht. Ein leichter Wind spielte mit den einzelnen gelben Federn, die jeder der Männer als Zeichen seiner Zugehörigkeit zur Gardekavallerie am Helm trug. Der graue Wimpel mit dem Zeichen des Königreiches und den Insignien des Beritts flappte lustlos an der langen Lanze. Trotz der Hitze zog Renter den grauen Umhang der Garde über seine schmalen Schultern und rückte den Hauptmannshelm mit den beiden Federn gerade.
Begleitet von knappen Befehlen und dem Geschmetter eines Signalhorns saß der Beritt auf, erwies dem Kommandanten den Ehrensalut und ritt aus der Stadt. Er mochte noch nicht perfekt sein, aber immerhin, der fünfte Beritt des zweiten Gardekavallerieregimentes war auf dem Weg und der hochgeborene Ritter Renter ta Marek ritt an seiner Spitze.
Trotz der Unzulänglichkeiten war er Stolz auf sein erstes Kommando und fest entschlossen, es zum Ruhm zu führen. Ein kleines Gemetzel mit den Orks und eine Verwundung schwebten ihm da vor. Nicht zu schwer. Eine Verletzung, die einwandfrei verheilte, aber eine jener Narben zurückließ, welche die hochgestellten Damen in Alneris schwach werden ließen.
Der alte Unterführer des Beritts befürchtete genau diesen Ehrgeiz. Er hatte in seinem langen Soldatenleben schon manchen Offizier kennengelernt und schätzte Renter als einen jener Männer ein, die Ruhm oder Tod ernten würden. Der alte Soldat hatte ganz andere Vorstellungen von seinen letzten Dienstjahren und betrachtete den Ehrgeiz des jungen Offiziers mit wachsender Sorge. Offensichtlich wollte Renter auf die Garnison in Nerianet einen guten Eindruck machen und ließ während des Ritts kaum eine Gelegenheit ungenutzt, die Männer in den verschiedenen Reitformationen zu üben. Im Grunde war der Unterführer durchaus für eine solide Ausbildung. Im Kampf hing das Leben der Männer davon ab. Aber Renter legte zu viel Wert auf die Äußerlichkeit und missachtete einige der Grundregeln, die in der berittenen Truppe galten.
Schließlich, als Renter ta Marek abermals einen Scheinangriff auf eine harmlose Baumgruppe anordnete, trieb der Unterführer sein Pferd neben den jungen Offizier. „Mit Eurer Erlaubnis, Hochgeboren, sollten wir Männern und Pferden eine Ruhepause gönnen.“ Er sah den missbilligenden Blick des Adligen und stützte sich auf das Sattelhorn. „Man mag es an der königlichen Akademie nicht vermittelt haben, doch die Garde nimmt Rücksicht auf ihre Pferde. Ein Zehnteltag Ritt, danach werden die Tiere einen halben Zehnteltag geführt. Das hält sie frisch genug, um im Bedarfsfall eine schnelle Attacke zu reiten.“
„Ihr braucht mich nicht zu belehren, Unterführer.“ Renter hob den Helm kurz an und wischte sich Schweiß von der Stirn. „Dieses Wissen habe ich durchaus erlangt. Doch hier droht kein Feind und uns bleibt wenig Zeit, die Männer in den Formationen