In Amerika. Gerstäcker Friedrich

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In Amerika - Gerstäcker Friedrich

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wenig zu verdienen. Wo es viel Wild gibt, hat es keinen Wert, wo es selten ist, lohnt es der Mühe nicht, ihm nachzulaufen. Vortreffliche Geschäfte machte ich aber im Nordwesten, im oberen Teil von Missouri, Kansas und Arkansas. Ich kaufte die Felle und Pelze von den Indianern zu mäßigen Preisen, schaffte sie dann nach St. Louis, und dehnte meine Tätigkeit sogar bis in die Felsengebirge aus, von woher ich zwei wertvolle Ladungen an Biberfellen brachte. Aber ich ließ mich von da ab nicht mehr darauf ein, sie hier zu verkaufen, sondern schickte sie hinüber nach Deutschland. Hier hatte ich einmal Unglück; ein Geschäftshaus, mit dem ich mich ein wenig stark eingelassen, machte Bankrott. Dem Geschäft selber schadete das allerdings nicht, denn die Schufte wurden reich dabei, aber ich bekam fünf Prozent herausgezahlt und wurde dadurch natürlich so viele Jahre länger hier zurückgehalten.“

       „Sagten Sie mir nicht damals – und es sind lange Jahre darüber verflossen – dass Sie eine Braut in Deutschland hätten und nur deshalb so hart arbeiteten, um sich selbständig und nicht von Ihrem Vater abhängig einen Hausstand zu gründen?“

       „Sie haben ein gutes Gedächtnis, Georg“, nickte ihm Wolf lächelnd zu, „es war und ist so, und schon vor Jahren hätte ich vielleicht das langersehnte Glück gewinnen können; als aber der Krieg ausbrach, wollte ich den Staaten, die ich mir zu meiner künftigen Heimat auserwählt, nicht meinen Arm entziehen. Das Volk arbeitete daran, seine Unabhängigkeit zu sichern und den Fluch der Sklaverei wegzufegen und da durfte ich nicht fehlen.“

       „Sie haben den Krieg mitgemacht?“

       „Zwei und ein halb Jahr. Im Anfang hatte ich gar nichts davon gehört, denn ich stak bei einem Stamm der Blackfeet weit oben in den Felsengebirgen.“38

       „Und jetzt wollen Sie heimwärts?“

       „Direkt, Georg!“ rief Wolf mit leuchtenden Augen. „So rasch mich der Dampfer, der von New Orleans am Zehnten nächsten Monats hinüber nach Europa geht, dorthin bringen kann.“

       „Und wie haben Sie mich hier aufgefunden?“

       „Auf die zufälligste Weise von der Welt. Ich war in Cincinnati, um einige Geschäfte zu regeln, und saß beim Table d’hote dort zwei Tage lang neben einem Deutschen, einem ganz prächtigen Mann, mit dem ich ins Gespräch kam und bekannt wurde. Am zweiten Tage trifft mich da zufällig der damalige zweite Buchhalter der alten Backwoods Queen, ebenfalls ein Deutscher, erinnern Sie sich noch des kleinen, buckligen Menschen, der uns immer Vorschuss gab, wenn wir etwas brauchten?“

       „Gewiss!“, rief Georg schnell. „Er hieß, wenn ich nicht irre, Lorenz.“

       „Ganz recht – derselbe. Er setzte sich zu mir, und selbstverständlich lenkte ich unser Gespräch sofort auf unser früheres Beisammenleben an Bord. Wir gedachten des armen Berger39, der damals verunglückte, und natürlich auch Ihrer, und ich äußerte, dass ich viel darum geben würde, Ihnen noch einmal im Leben zu begegnen. Da frug mein Nachbar, der Ihren Namen gehört, ob Sie eines Pastors Sohn und schon längere Zeit in Amerika wären, was ich ihm beides bestätigen konnte. Dann bin ich im Stande, Ihnen den Aufenthaltsort des Herrn zu nennen, sagte er freundlich, und zwar finden Sie ihn auf Ihrem Weg nach New Orleans, gar nicht so weit von hier entfernt und ziemlich dicht am Ohio. Ich habe sogar erst heute einen Brief an seine Frau, als Einlage, von Deutschland bekommen.“

       „Einen Brief an meine Frau?“, rief Georg erstaunt.

       „Und jetzt hätte ich ihn heilig vergessen, abzugeben, wenn wir nicht zufällig darauf gekommen wären!“, rief Wolf, indem er hastig in seine Brusttasche griff und das zierlich gefaltete Schreiben herausholte. „Wie ich aber nur hörte, dass Sie so ganz in der Nähe wohnten, erklärte ich bestimmt, Sie direkt am nächsten Tage aufzusuchen, und er bat mich dann, den Brief hier an Sie zu bestellen.“

       „Und von wem ist der Brief?“

       „Von Frau von Hopfgarten.“

       „Ja, wahrhaftig, das ist ihre Handschrift“, rief Georg rasch, „und wie hieß der Herr, kenne ich ihn oder kennt er mich?“

       „Das weiß ich nicht“, sagte Wolf, „aber vermutlich doch. Grüße hat er mir allerdings nicht aufgetragen. Sein Name ist Fortmann.“

       „Fortmann? Fortmann?“, wiederholte Georg, ein paar Mal nachdenkend. „Ich selber kenne keinen Fortmann, so viel ich mich erinnern kann, und doch ist es mir so, als ob ich den Namen schon öfter gehört hätte. Fortmann – wie einem manchmal so etwas im Gedächtnis liegt, ohne dass man im Stande ist, einen festen Halt davon zu bekommen. Man sieht es, wie durch den halbdichten Wipfel eines Baumes, in unbestimmten Umrissen und kann trotzdem dem Dinge keine Gestalt und Form geben.“

       „Es ist dasselbe“, meinte Wolf, „wenn man sich manchmal auf einen ganz bekannten Namen besinnt und kann ihn nicht finden. In unserem Hirn hat sich irgendeine Schicht über diese Erinnerung gerade geschoben, und zufällig kommen wir dann vielleicht erst später darauf – übrigens ist dieser Fortmann, wie er mir im Gespräche erzählte, Friedensrichter in Covington, einer kleinen Stadt, die Cincinnati gerade gegenüber auf dem Kentucky-Ufer liegt, und ich bin ihm unendlich dankbar dafür, mich auf Ihre Spur geführt zu haben. Ich weiß gar nicht, wie es mich geschmerzt haben würde, wenn ich später vielleicht einmal erfahren hätte, dass wir so nahe beieinander gewesen und uns doch nicht gefunden.“

       „Aber dann bleiben Sie jetzt auch wenigstens so lange bei uns, als es irgend Ihre Zeit erlaubt.“

       „Die wird knapp gemessen sein“, sagte Wolf achselzuckend. „Sie wissen so gut wie ich, was alles an Bord eines Dampfers und mit einem solchen unterwegs geschehen kann, aber es fährt sich bequemer als auf der Bahn, nur d e r Gefahr darf ich mich nicht aussetzen, meinen Anschluss zu versäumen.“

       „Also Ihre Braut weiß, dass Sie kommen?“

       „Ich hoffe es“, sagte Wolf, und ein leiser Schatten flog über seine sonst so offenen Züge. „Aber seit Jahren schon habe ich keinen Brief von daheim, obgleich ich selber immer fleißig geschrieben.“

       „Keinen Brief?“, sagte Georg erstaunt.

       „Nein“, erwiderte Wolf kopfschüttelnd. „Doch Du lieber Gott, wie habe ich mich auch in der Zeit umhergetrieben. Ich konnte ihnen ja gar keine bestimmte Adresse angeben und hatte nur noch gehofft, in Cincinnati poste restante40 Briefe anzutreffen – umsonst. Ob sie verloren gegangen sind? – Es sollen zwei Dampfer in dem Jahre gescheitert sein – ob sie von der Blockade41 nicht durchgelassen wurden, ich weiß es nicht, will mir aber jetzt meine Antwort selber holen, und das ist jedenfalls das Sicherste. Georg, mir will das Herz vor Freude in der Brust zerspringen, wenn ich mir den Moment ausmale, wo ich wieder zum ersten Mal zu ihr in die Stube trete.“

       „Es sind lange Jahre darüber hingegangen, Wolf“, sagte Georg, bedenklich mit dem Kopf schüttelnd.

       „Bah, was tun die Jahre“, lachte Wolf, „wir waren damals beide überdies zu jung, sie noch nicht einmal sechszehn, ich zweiundzwanzig; das tut selten gut. Nun haben wir beide unsere Prüfungszeit bestanden, und ich bin meines Glückes sicher.“

       Ihr Gespräch wurde hier gestört, denn die Familie wollte ebenso wenig Georg wie den jungen Fremden so lange entbehren. Dass er außerdem bei ihnen übernachtete, verstand sich ja doch von selbst.

       Georg arbeitete indes, wie uns da ja sehr häufig so geht, der gehörte Name im Kopf herum. Während Marie, glücklich über den Brief, für kurze Zeit hinunter in ihr Zimmer eilte, um ihn rasch zu lesen – denn uneröffnet hätte

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