Pferdesoldaten 08 - Mit blanker Klinge. Michael Schenk
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„Noch in diesem Jahr, Gentlemen“, führte Lee aus, „werde ich einen massiven Vorstoß nach Norden führen. Ich beabsichtige den Feind zu täuschen und ihn glauben zu machen, dass wir hier am Rappahanock auf seinen Vorstoß warten. In Wahrheit werde ich jedoch den größten Teil unserer Truppen in einer Umgehung nach Norden und dann nach Osten führen. Über West Virginia und Maryland bis nach Pennsylvania, mit dem vorläufigen Ziel der Gegend um die Stadt Gettysburg, da dort mehrere Straßen und Verbindungslinien zusammenführen. Von dort aus können wir in südlicher Richtung direkt gegen Washington marschieren. Die Gentlemen aus dem Norden haben sich auf eine Verteidigung zum Süden vorbereitet und werden nicht damit rechnen, ausgerechnet von Norden angegriffen zu werden.“
„Die Kavallerie wird ihren gebührenden Anteil haben“, versicherte Stuart mit breitem Grinsen. „Unsere Reiterei war noch nie so stark. Im Augenblick haben wir hier 24 Regimenter mit fast 11.000 Mann, verstärkt durch 20 Geschütze mit rund 500 Artilleristen. Bei Gott, alleine diese Truppe würde schon ausreichen, die gottlosen Yankees zu werfen.“
Heros von Borcke, ein deutscher Adliger, den Abenteuerlust und Spielschulden in den Süden getrieben hatten, lachte selbstgefällig. „Diese Yankees werden es niemals lernen, wie Männer zu kämpfen. Jetzt sitzen sie auf der anderen Seite des Rappahanock und lecken ihre Wunden. Wir sollten einfach hinüber reiten und der Sache endlich ein Ende bereiten.“
„Und künftig auf den Spaß einer zünftigen Rauferei mit den Gottlosen verzichten?“ Stuart stimmte in das Lachen seines preußischen Freundes ein. „Auch wenn sie nicht kämpfen können, die Balgerei mit ihnen hält uns wenigstens ein wenig in Bewegung.“
„Gentlemen, ich muss doch bitten.“ Robert E. Lee sah seine beiden Gäste missbilligend an. „Sie sollten den Gegner niemals unterschätzen. Auch wenn wir ihm bislang immer wieder schwere Niederlagen beigebracht haben, so ist sein Kampfeswille noch lange nicht gebrochen. Der Norden verfügt über die weitaus größeren Ressourcen an Menschen und Material. Zudem dürfen unsere Erfolge nicht darüber hinweg täuschen, dass die Blockade der Unionsflotte zunehmend ihre Wirkung zeigt.“
Lee respektierte die kämpferischen Qualitäten des Preußen, fand dessen Überheblichkeit jedoch unangemessen. Doch auch Stuart neigte zu einer gewissen Großspurigkeit in der Einschätzung der Fähigkeiten des Gegners. Bislang mochte dies auch gerechtfertigt sein, doch Lee war bewusst, dass dies vor allem daran lag, auf welche Weise die Union ihre berittenen Verbände einsetzte. Sie zersplitterte diese in Patrouillen und Eskorten und kleinere Verbände, die gegenüber den massierten konföderierten Reitern keine Schlafkraft besaßen. Doch Lee hatte bei Chancellorsville die ersten Anzeichen erkannt, dass die Union ihre Taktik änderte.
„Gentlemen, die Herren aus dem Norden liegen uns auf der anderen Seite des Rappahanock gegenüber. Ihre Moral mag angeschlagen sein, aber täuschen wir uns nicht über die eigene Situation hinweg. Neben Ihrer Kavallerie, Jeb, die stolze 24 Regimenter und vier Batterien der berittenen Artillerie umfasst, habe ich hier die beiden Infanterie-Corps von Lieutenant-General Longstreet und Lieutenant-General Ewell. Ja, wir haben hier eine beachtliche Streitmacht versammelt, aber bevor wir wieder aktiv werden können, benötigen wir dringend Verpflegung und die meiste unserer Ausrüstung ist schlecht. Bevor wir also nach Norden vorstoßen benötigen wir Vorräte, zusätzliche Ausstattung und frische Pferde.“
„Holen wir uns von den Yankees“, meinte von Borcke auflachend.
Stuart drehte seinen Hut in den Händen und spielte versonnen mit den daran befestigten Straußenfedern. „In diesem Jahr werden wir die Yankees so hart schlagen, dass ihnen keine andere Wahl bleibt, als die Konföderation endlich anzuerkennen. Lassen Sie mich mit meinen Reitern hinter den Linien des Feindes operieren. Ich werde seinen Nachschub vernichten und seine Verstärkungen auseinander treiben. Wir wissen von unseren Agenten in der Union, dass die Leute kriegsmüde sind. Noch eine weitere entscheidende Niederlage und Lincoln bekommt keine Soldaten mehr.“
„Ich kann das nur hoffen, Jeb“, seufzte Lee. „Denn auch wenn wir immer wieder siegen, so steht es doch nicht gut um die Konföderation.“
Kapitel 5 Nachtmarsch
Am 8. Juni 1863 waren die Reiterregimenter der Union vorbereitet. Jedes Ausrüstungsteil war überprüft worden. Die Hufschmiede hatten die Pferde, dort wo es erforderlich gewesen war, neu beschlagen. In den geteerten Haversacks wurden Rationen für drei Tage mitgeführt, auch wenn man für den Vorstoß ins Feindesland nur einen Tag veranschlagte. Die Patronentaschen waren aufgefüllt und man hatte ältere Papierpatronen durch frische ersetzt.
Alfred Pleasonton konnte und wollte sich keine Schlappe leisten und bereitete seine Truppe entsprechend vor. Der General teilte seine 7.981 Kavalleristen in drei Corps ein, die zusätzlich durch 3.000 Infanteristen und 700 Artilleristen mit 34 Geschützen verstärkt wurden. Die Fußsoldaten wurden in zwei Brigaden gruppiert und gehörten zur Elite der Potomac-Armee.
Brigade-General John Buford führte an der rechten Flanke seine 1ste Kavallerie-Division, eine Reservebrigade Kavallerie, die Infanteriebrigade unter Brigade-General Adelbert Ames und berittene Artillerie. Buford sollte den Rappahanock bei der Beverly Furt durchqueren und gegen Brandy Station vorrücken. Dort würde er sich mit Brigade-General David Gregg und dessen linkem Flügel treffen. Gregg´s 3te Kavallerie-Division sollte eine andere Furt, acht Meilen unterhalb der von Buford genutzten, passieren. Kelly´s Furt, noch weiter südlich, wurde von der 2ten Kavallerie-Division unter Alfred Duffie, einer Infanteriebrigade unter Brigade-General David Russel und berittener Artillerie genutzt.
Major Matt Dunhill und die 5te U.S.-Kavallerie waren der ersten Kavallerie-Division von Brigade-General John Buford zugeteilt. Dessen Division bestand aus der 2ten, 5ten und 6ten U.S.-Kavallerie, der 6ten Pennsylvania (Rush´s Lancers) und 17ten Pennsylvania, der 8ten Illinois, der 3ten Wisconsin, 2ten Maine sowie der 6ten und 8ten New Yorker Freiwilligenkavallerie. Hinzu kamen eine Infanteriebrigade mit der 86sten New Yorker Freiwilligeninfanterie und drei berittene Batterien.
Der Marsch zur Beverly Furt nahm fast den gesamten Tag in Anspruch. Gegen Mitternacht ließ Buford seine Division rasten. Man war noch knapp zwei Meilen von der Furt entfernt und befand sich damit noch außerhalb der Sichtweite der konföderierten Wachen.
John Buford ritt mit Matt Dunhill zu den eigenen Vorposten. Sie bestanden aus Reitern der 5ten U.S.-Kavallerie. Die beiden Offiziere stießen zu ihrer Überraschung auf Major-General Pleasonton und einige seiner Stabsoffiziere, die mit einer Eskorte der 8ten New Yorker Freiwilligenkavallerie nach vorne geritten waren.
Ringsum herrschte Schweigen. Für die Truppen war Ruhe befohlen und das Anlegen von Feuerstellen war strikt verboten. Gelegentlich war leises Schnauben zu hören und das Scharren von Hufen, doch dies würde nicht bis zum Fluss dringen.
Pleasonton benutzte ein Fernglas, obwohl man in der dunklen Nacht kaum etwas erkennen konnte. Als er Buford und Matt bemerkte, setzte er es ab. „Was meinen Sie, John, haben die Rebellen uns entdeckt?“
Buford schüttelte den Kopf. „Ausgeschlossen, Sir. Ihre Vorposten befinden sich noch ein gutes Stück jenseits der Furt. Schätze, sie dürften um die drei Meilen entfernt sein. Nein, die wissen nicht, dass wir hier sind.“
„Aber das wird sich ändern, sobald wir mit dem Durchfurten des Rappahanock beginnen“, meinte Pleasonton zögernd.
Buford tastete nach seiner geliebten Pfeife, erinnerte sich dann jedoch seufzend an das Rauchverbot. „Wir werden Nebel bekommen. Ich spüre das in meinen Knochen. Der wird die Sicht behindern und dämpft auch die Geräusche. Schätze,