Michelle. Reiner Kotulla

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Michelle - Reiner Kotulla

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mit mir geschehen ist, zu mir selbst zu finden. Zunächst habe ich an ein Tagebuch gedacht. Da kann man zwar offen sein, erhält aber keinerlei Feedback. Das aber ist es, was ich mir von Ihnen erhoffe, erwarte allerdings, dass Sie mir ehrlich sagen beziehungsweise schreiben, ob Sie dazu bereit und, zeitlich gesehen, in der Lage sind.

       Aber was schreibe ich da, Sie wissen doch noch gar nicht, um was es eigentlich geht.

       Sicherlich haben Sie sich seinerzeit Gedanken darüber gemacht, warum ich Ihnen gegenüber so zurückhaltend geworden war. An jenem Tag, als wir im Café Alte Lahnbrücke saßen, hatte ich schon Angst, mit Ihnen zu sprechen. Ich habe Sie, nur um schnell wieder nach Hause zu kommen, an Anne verwiesen, obwohl mich der Fortgang Ihrer Geschichte brennend interessiert hat. Anne hat mir dann später, als Morina Vlado und Juri Brelow schon tot waren, alles erzählt. Auch dass Sie, dank Ihrer Ermittlungen – ich will es einmal so nennen – dazu beigetragen haben, dass Herr Brelow rehabilitiert wurde. Ich hoffe, dass Kai Ludwig eine gerechte Strafe erhalten wird. Nun schweife ich aber ab, ich wollte doch eigentlich über mich schreiben.

       Sie haben Klaus doch sicher als eine hilfsbereite Person kennengelernt. So habe ich ihn anfangs auch gesehen. Auch mir gegenüber hat er sich so verhalten. Ich musste nur andeuten, dass ich etwas brauchte, und schon war er da und half. Außerdem war er überaus höflich und zurückhaltend. Es hat etwa einen Monat gedauert, bis er versucht hat, mit mir zu schlafen. Ich nahm an, dass er noch nicht viel Erfahrung hatte. Deshalb habe ich es auch zunächst hingenommen, wenn er auf mich und meine Bedürfnisse wenig Rücksicht genommen hat. War er gekommen, verlor er sofort das Interesse an mir. Habe ich das anfangs noch akzeptiert, war ich dann doch langsam sauer, wenn er mich so einfach liegen ließ.

       Ich habe dann gewartet, bis er eingeschlafen war. Später dann habe ich versucht, mit ihm darüber zu reden. Ich glaube, er verstand überhaupt nicht, was ich ihm hatte sagen wollen. Daher wurde ich deutlicher, erzählte ihm, was ich tat, während er schlief. Ich dachte, dass ihn das erregen würde. Aber ganz im Gegenteil, er war fast empört. Sein Vater hätte ihm erklärt, dass Selbstbefriedigung eine Schweinerei sei, vor allen Dingen, wenn ein Mann das täte. Ich war geschockt, hoffte aber immer noch auf eine Veränderung. Ich dachte, dass ein längeres Zusammensein dazu beitragen könnte, und habe einen gemeinsamen Urlaub vorgeschlagen.

       Die zwei Wochen auf Korsika haben aber nichts dergleichen bewirkt. Ganz im Gegenteil, Klaus verbot mir, um ein Beispiel zu nennen, am Strand das Bikinioberteil abzulegen. Einmal, wir waren abends ans Meer gelaufen, fanden wir eine Bucht, menschenleer. Weißer Sand, das Wasser dunkelblau. Ich zog mich vollständig aus, rannte los und sprang in die Wellen. Ich schaute absichtlich nicht zurück, in der Hoffnung, Klaus würde mir folgen. Dann sah ich, dass er völlig angezogen bei meinen Sachen saß. Später machte er mir Vorwürfe, es hätte ja jemand vorbeikommen können, der mich dann nackt gesehen hätte. Ich war sauer, ging abends alleine in die Bar und habe mich dort mit einem Paar unterhalten. Klaus kam dazu, sah, wie ich gerade mit dem Mann sprach, drehte sich um und ging. Als ich in unser Zimmer kam, schlief er schon. Am nächsten Morgen machte er mir erneut Vorhaltungen, ließ seine Eifersucht heraus. Ehrlich gesagt war ich froh, als wir wieder zu Hause waren.

       Während ich das hier aufschreibe, erinnere ich mich daran, dass ich Ihnen das schon einmal erzählt habe.

       Viel schlimmer wurde alles, als ich am Morgen aus dem Haus am Fischmarkt auf die Straße trat und dort von Klaus Wagner empfangen wurde. Er machte mir Vorhaltungen und unterstellte mir, dass ich nicht nur bei Ihnen geschlafen hätte.

       Es tut mir leid, Herr Fabuschewski, aber ich kann im Moment nicht weiterschreiben. Ich erwarte auch nicht, dass Sie sich jetzt schon, hinsichtlich meiner Bitte um Hilfe, äußern.

       Herzliche Grüße,

       Michelle

      Alexander erinnerte sich gut daran, wie es ihn erstaunt hatte, als Michelle Carladis, die ihm seinerzeit die ersten wichtigen Informationen für sein Erstlingswerk geliefert hatte, plötzlich den Kontakt zu ihm abgebrochen hatte, ohne ihr Verhalten genau zu begründen. Klaus Wagner hatte er als einen hilfsbereiten Menschen in Erinnerung, der nicht lange gezögert hatte, als Michelle ihn bat, Alexander beim Einzug in seine neue Wohnung am Wetzlarer Fischmarkt zu helfen. An einem Abend danach, Michelle und er hatten sich bis spät in die Nacht hinein bei ihm in der Wohnung unterhalten, war Michelle nicht mehr nach Hause gegangen und hatte bei ihm übernachtet. Am Morgen hatte er von seinem Schlafzimmerfenster aus beobachten können, wie Klaus Wagner Michelle Vorhaltungen machte, als sie aus dem Haus trat. Ein wenig hat er Wagner verstehen können, und er hatte überlegt, wie er selbst in dieser Situation reagiert hätte. Er war jedoch davon ausgegangen, dass Michelle Wagners offensichtliches Missverständnis hatte aufklären können. Gut erinnerte er sich auch noch daran, wie er Michelle später auf der Alten Lahnbrücke getroffen hatte und sie überreden musste, mit ihm eine Tasse Kaffee trinken zu gehen. Sie hatte sich vor dem Betreten und nach dem Verlassen des Cafés verstohlen umgesehen, so, als ob sie befürchten musste, beobachtet zu werden. Weil er aber so sehr mit seiner eigenen Arbeit beschäftigt war, hatte er nicht weiter darüber nachgedacht und Michelle aus den Augen verloren.

      Alexander musste nicht weiter überlegen und klickte auf „antworten“.

       Liebe Michelle,

       noch weiß ich nicht wie, aber dass ich Ihnen helfen möchte, ist für mich keine Frage. Sie können auf mich zählen.

       Alexander

      „Hallo Alexander, lange nichts von dir gehört.“ Peter, sein Vater, wohnte in der Weißadlergasse, circa einhundert Meter vom Fischmarkt entfernt. Ohne vorher bei ihm angerufen zu haben, war er losgegangen. Es war einer von diesen Sommerabenden, der versprach, einem ausgedehnten Biergartenbesuch nicht im Wege zu stehen. Entsprechend dicht besetzt waren die Tische vor dem Bistro, einem gemütlichen Lokal, direkt gegenüber von Alexanders Wohnung. Alexander wohnte in dem Haus, das seinerzeit das Reichskammergericht beherbergt hatte, an dem Goethe eine kurze Zeit gewirkt hatte. Aber das Geschoss mit Alexanders Wohnung war erst viel später auf das alte Gebäude gebaut worden, wie der Vermieter ihm erklärt hatte. Alexander zögerte, konnte den Besuch bei seinem Vater auch verschieben, tat es aber nicht. Er folgte der kurzen Schwarzadlergasse und bog ab in die Weißadlergasse. „Ja, und ich habe auch schon ein schlechtes Gewissen, weil ich mich schon so lange nicht mehr bei dir gemeldet habe.“ Das Unangenehme zuerst, dachte Alexander und berichtete von seinem Besuch bei Renate. Peter hörte zu und lächelte wissend, wie es Alexander schien.

      „Ich habe es gewusst, seit ihr damals von Sardinien zurückgekommen seid. Sag mir doch bitte in Zukunft Bescheid, wenn du verreist. Dann muss ich mir keine Sorgen machen. Kinder wird man nicht los. Leben sie in der Ferne, macht man sich weniger Gedanken um sie, als wenn sie in der Nähe wohnen.“

      Alexander versprach, sich zu bessern. Jetzt war er erleichtert. Er hatte sich dieses Gespräch schwieriger vorgestellt, hatte Angst gehabt, sein Vater würde ihm Vorhaltungen machen, weil er mit dessen Freundin eine Beziehung begonnen hatte. Jetzt dachte er, dass zunächst alles gesagt sei, wusste aber auch, dass sie noch einmal darüber reden mussten. Peter hatte zwei Flaschen Schwarzbier auf den Tisch gestellt, kellerkalt. Pilsener tranken sie beide gerne aus der Flasche, Schwarzbier lieber aus einem Glas. „Zunächst wollte ich dich anrufen, bevor ich dich aufsuche. Ich dachte, dass ich dich vielleicht störe.“

      „Warum solltest du mich stören?“

      „Eher wobei, Peter.“

      „Ach so, ich verstehe. Du willst wissen, wie es um meine Beziehung zu Marina Nowak steht?“

      „Nun,

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