Hüben und Drüben. Gerstäcker Friedrich

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Hüben und Drüben - Gerstäcker Friedrich

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zahllose kleine Flammen in regelmäßigen Zwischenräumen hervorbrachen. Ueber ihn gebeugt aber, das liebe, herzige Gesicht von Mitleiden erfüllt, erkannte er die fremde Maid im Walde - genau so, wie er sie damals im Sonnenlicht gesehen, nur daß sie ihm jetzt noch tausendmal lieber und schöner vorkam, und sich auch nicht im Mindesten vor ihm zu fürchten schien.

      „Ja, aber wie ist mir denn?" rief er und richtete sich erstaunt auf seinem Ellbogen empor - „wo bin ich denn hingerathen, und wer bist denn Du, Du liebes Kind, mit Deinen großen guten Augen, das ich die langen Monate da oben immer und immer umsonst gesucht habe und nirgends finden konnte?"

      „Schau', wie Du lügst!" lachte das junge Wesen schelmisch - „mich hättest Du gesucht? so? Aber ich weiß cs besser, dem alten starken Bock bist Du zu Gefallen gegangen, dem mit dem starken Gehörn auf, aber nicht mir. Gelt, ich hab' Recht? - Den aber erwischst Du schon nicht - wär' auch schad' drum, denn er ist der schönste im ganzen Gebirg."

      „Und wohnst Du denn hier unten im Berg?" frug der junge Mann, der sich noch immer nicht von seinem Erstaunen erholen konnte.

      „Nun?" meinte das Mädchen, „hab' ich's Dir denn nicht damals gesagt, daß ich im Bau wohne? Du hast's wohl nicht geglaubt? Aber willst Du da auf der feuchten Erde liegen bleiben? Warum stehst Du denn nicht auf und kommst mit?"

      „Mit? wohin?"

      „Nun, in unsere Stadt - wie Du sonderbar fragst. Du glaubst wohl, wir hausen hier unten in Höhlen und Erdlöchern wie die Füchse?"

      „Sonderbar," murmelte Raischbach vor sich hin, indem er aber doch ihrer Aufforderung Folge leistete und sich emporrichtete. Es ging auch; anfangs war's ihm gewesen, als ob er bei dem Sturz Arm und Bein gebrochen haben müsse, /119/ jetzt aber fühlte er sich so leicht und frisch, als ob seine Füße kaum den Boden berührten.

      „So," sagte das Mädchen, als sie sah, daß er wieder aufrecht stand, „nun wasch' Dir erst einmal an der Quelle da das Blut ein wenig aus dem Gesicht, denn sie brauchen drüben gar nicht zu wissen, daß Du Hals über Kopf zu uns herunter gepoltert bist, und dann wollen wir gehen."

      Der junge Forstgehülfe kam sich noch immer wie in einem Traum vor, aber er folgte doch dem Rath, und sich jetzt plötzlich wieder zu seiner Führerin wendend, frug er sie: „Aber wie heißt Du selber? Du hast mir ja Deinen Namen noch gar nicht genannt."

      „Ich hab' gar keinen Namen," lachte aber die Kleine schelmisch mit einem halben Knix, „ich bin ja Waldweible, und die laufen immer nur so herum."

      „Ach geh," sagte Bernhard, „Du wirst doch einen Namen haben! Wie soll man Dich denn rufen?"

      „Du brauchst mich gar nicht zu rufen!" lachte das Mädel, „ich bin immer da und werde Dich jetzt getreulich geleiten."

      „Aber ich muß Dich doch nennen können!"

      „Ich weiß ja auch nicht einmal, wie Du heißt!"

      „Hab' ich Dir meinen Namen nicht damals genannt?" sagte der junge Forstmann - „Bernhard Raischbach heiß' ich und bin Forstgehülfe oben im Spessart."

      „Ja, wer kann alle Namen behalten!" lachte die Maid. „Also muß ich Dich wohl „Herr Forstgehülfe" nennen, wie es die alte Lisel thut?"

      „Kennst Du denn die auch?“ rief der Jäger erstaunt.

      „Weshalb soll ich die Lisel nicht kennen, wohnt sie doch lange genug da drüben in der Forstei und ist gar ein frommes, gutes Geschöpf, die immer gleich ein Kreuz schlägt, wenn sie 'was Unrechtes wittert. Die hat eine Nase! Aber jetzt komm! Blitz noch einmal, bist ja gar nicht von der Stelle zu bringen! Droben im Walde warst Du doch flink genug auf den Füßen, und ich mußte damals geschwind machen, daß ich Dir die Wand hinunter aus den Augen kam."

      „Und den steilen Pfad bist Du wirklich hinabgesprungen?" /120/

      „Bah, was ist denn das weiter?" lachte das Mädchen; „jeder Fuchs geht ja da aus und ein."

      Dabei hatte sie ihn an der Hand genommen und führte ihn jetzt die Höhle entlang deren Ende zu, wo sie in einen langen schmalen Gang auszumünden schien. Der Gang aber führte immer mehr bergab, und als Bernhard den Blick zurückwarf, kam es ihm vor, als ob er sich etwas drehe.

      „Aber wo geht denn das hin?" frug er.

      „Wirst's gleich sehen," lautete die Antwort - „Du weißt ja doch, daß jene alte Stadt, von der Dir der Förster erzählt, gerade an der Stelle gestanden hat, wo jetzt der tiefe Grund liegt, und da müssen wir hinunter; aber 's ist nicht weit mehr," tröstete sie ihn, „siehst Du, da unten kannst Du schon den hellen Schein erkennen."

      „Wo kommen nur all' die Flammen her, die Ihr hier brennt?"

      „Die Flammen?" sagte das Mädchen - „ei, das ist Erdöl, das aus den verschiedenen Ritzen und Spalten herausschwitzt und blos angezündet zu werden braucht, wenn man es unten hell zu haben wünscht. Erdöl giebt's genug und überall; das brennt ewig."

      Raischbach wußte gar nicht, wie ihm eigentlich geschah; immer aber mußte er wieder seine Begleiterin ansehen, und er konnte sich gar nicht denken, daß es etwas Lieberes auf der Welt geben möge, als ihr freundliches Gesicht. So weiß und zart sah ihre Haut aus, so leicht von Roth waren ihre Wangen angehaucht, und was für wundervolles, dunkel kastanienbraunes Haar sie hatte - und was für Augen - ihr Feuer brannte ihm tief in's Herz hinein, und wie er den Druck ihrer Hand fühlte, als sie ihn den steilen, schlüpfrigen Hang hinableitete, war es ordentlich, als ob es ihm die Nerven bis in die Fußzehen und Fingerspitzen hinein erzittern machte. Sie selber aber schien von dem Eindruck, den sie auf den jungen Forstmann ausübte, nicht die geringste Ahnung zu haben, sondern schritt so unbefangen und ruhig neben ihm her, als ob er eben nichts wie ihr täglicher Begleiter wäre.

      Da öffnete sich plötzlich vor ihnen der bis jetzt schmale Gang zu einer weiten Ebene, die aber von einem blendend /121/ hellen Lichtkörper erleuchtet wurde, während hoch darüber dunkle und undurchdringliche Nacht zu liegen schien, und in der Ebene sah der Forstgehülfe eine weite, alterthümliche Stadt, mit einer breiten, aber niedern Kirche und einem Kirchthurm, dessen fast moscheenartig gerundete Kuppel wie von lauterem Golde blitzte und strahlte. Als er aber genauer hinsah, bemerkte er, daß gerade diese Kuppel der Körper sei, von dem aus das Licht über die ganze Gegend floß, so daß sie wie eine strahlende Sonne über den Häusern lag.

      Seine Aufmerksamkeit wurde indessen bald einem Haufen riesengroßer, doch furchtbar magerer Rüden zugelenkt, die mit schrecklichem Geheul und Gebell auf sie einfuhren und nicht übel Lust zu haben schienen, über sie herzufallen. Bernhard griff auch schon nach seinem Hirschfänger, um sich und seine Begleiterin zu vertheidigen. Diese aber lachte und rief: „Laß nur den Hirschfänger stecken, Freund, die thun uns nichts, das sind die Hunde des Grafen Hackelnberg und blos darauf abgerichtet, rechten Lärm zu machen."

      „Dem Grafen Hackelnberg gehören die?" rief der Forstgehülfe, „dem wilden Jäger?"

      „Ja, gewiß," sagte das Mädchen, „der hat sich hier schon lange bei uns eingenistet, reitet aber nur selten noch aus, denn er leidet so furchtbar an der Gicht."

      „Der wilde Jäger?" rief Raischbach erstaunt aus, während die Hunde wieder von ihnen abließen - „aber ich dachte immer, der Graf Hans von Hackelnberg Hause im Harzgebirge?"

      „Da war er auch früher," nickte das Mädchen, „aber es muß ihm wohl dorten langweilig gewesen sein, und weil er hier bessere Gesellschaft gefunden hat, ist er hierher gezogen. Oh, es

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