Hüben und Drüben. Gerstäcker Friedrich

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Hüben und Drüben - Gerstäcker Friedrich

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habe da drüben eine Fährte gefunden und wollte eben nachgehen, als ich den Schuß hörte - ich wußte nicht, wer geschossen haben konnte."

      „Wenn's ein Wilderer gewesen wäre," lachte der Mann, „hätten Sie ihn verdammt rasch beim Kragen gehabt. Sie sind auf dem Zeug, das muß wahr sein; ich habe Sie gar nicht kommen hören."

      „Ich geh' jetzt wieder zurück, Metzler," sagte der Forstgehülfe; „nehmt den Hasen mit nach Haus und sagt dem Förster, wenn ich etwa nicht zur rechten Zeit zum Nachtessen daheim sein sollte, möchten sie nicht auf mich warten. - Ich will noch gern auf dem Anstand bleiben."

      „Na, Waidmann's Heil, Herr Forstgehülfe!" nickte der Kreiser, während Raischbach schon wieder in das Dickicht eintauchte und jetzt, so rasch er konnte, zu der Stelle zurücksprang, wo er das fremde Mädchen zuletzt gesehen - aber er fand sie nicht wieder. Er stieg den Pfad hinab, und als er weiter unten an eine sandige Stelle kam, suchte er genau nach, ob er keine Fußspur entdecken könne, denn oben in dem moosigen Weg ließ sich nichts unterscheiden; aber es blieb vergebens. Bis zu dem Eingang in den Grund kletterte er, in den nur ein kaum zehn Schritt breiter Paß hineinführte; dort aber lag gerade viel felsiges Gestein, und eine Fährte hätte sich schwer nachweisen lassen.

      Wie heimlich das da drin in dem düstern Grund aussah, und wie sonderbar kahl und phantastisch die hohen Sandstein-/106/ wände auf allen Seiten starr und mächtig emporragten - und wie dunkel der Boden war, obgleich oben auf dem Wald noch das volle Sonnenlicht lag! Sollte es denn möglich sein, daß hier drinnen wirklich ein so geisterhaftes Wesen hause, wie ihm der alte Förster erzählte, daß die Bewohner der Tiefe - daß jenes wunderbar schöne Mädchen, das so fremd und doch so lieb aussah ... - ,,Bah, Unsinn!" brummte er vor sich hin in den Bart - „der Alte steckt voll von Aberglauben, und seine Frau und die alte Lisel noch mehr; kein Wunder wär's, wenn man zuletzt selber anfinge, solche Geschichten wirklich zu glauben, wenn man sie alle Abende in der halbdunkeln Stube und halb dabei im Schlaf erzählen hört. - Nachher weiß man am Ende kaum mehr, was man noch gehört oder selber geträumt hat. - Jetzt bin ich aber doch einmal hier unten," setzte er leise hinzu, „und kann mir den Platz gleich ordentlich ansehen; komme doch vielleicht so bald nicht wieder hierher und muß die Gelegenheit benutzen."

      Damit stieg er über die Zacken hinweg und drängte sich durch das Erlengestrüpp, das hier lustig emporwucherte. - Er erschrak aber fast, als plötzlich dicht vor ihm eine Schnepfe herausstrich. Unwillkürlich fuhr er freilich mit der Bürschbüchse in die Höhe, setzte aber eben so rasch wieder ab, denn jetzt war erstens keine Jagdzeit für Schnepfen, die hier jedenfalls brüteten - und dann hatte er ja auch blos eine Kugel und groben Schrot geladen. Die Schnepfe stieß aber in den Wald hinein, und Raischbach, ihr nachsehend, murmelte leise: „Na, hier kann das vertracte Mädel doch auch nicht gut herum sein, denn sonst hätte sie die Schnepfe eben so gut aufgestört wie ich - und was hätte sie auch hier drin zu suchen," setzte er halb lachend hinzu - „ich glaube bei Gott, ich fange ebenso an zu träumen, wie unser alter Buschmann. - Aber hat sie mir nicht selber gesagt, daß sie hier unten „im Bau" wohne?" frug er sich plötzlich und blieb, seine Büchse auf den Boden stützend, stehen; „bah, das kecke, bildhübsche Ding hat mir nur ihren eigentlichen Wohnort nicht nennen wollen und mich zum Besten gehabt. Die mag schön bei sich gelacht haben, als ich so ein verdutztes Gesicht machte. -/107/ Wenn ich ihr nur noch einmal wieder begegnete oder wüßte, wo ich sie suchen könnte - Blitzmädel das!"

      Und wieder nahm er seine Waffe auf und arbeitete sich jetzt nach der rechten Wand hinüber, um den ganzen Platz einmal zu umgehen und das noch unbekannte Terrain genau zu erforschen.

      Aber, alle Wetter! der Förster hatte allerdings Recht gehabt: hier gab's Füchse genug - überall fand er die Losung, und zahlreiche Spalten in der Wand waren augenscheinlich so begangen, daß wirkliche kleine Pfade hineinführten. Der Platz hier konnte ihnen freilich auch passen, denn abgelegen schien er genug, und Schlupfwinkel für die schlauen Bestien gab's wie Sand am Meer. Das Gestein sah genau so aus, als ob es mit Gewalt voneinander gerissen und überall geborsten wäre. Da konnten sie einfahren, wo sie eben Lust hatten, und wenn man sich auch oben ansetzen wollte, um ihnen aufzupassen, blieb es immer von dort herunter ein weiter und ungewisser Schuß - und hier drin selber? - Ei, wenn die Füchse ihren Winterbalg anhatten und die Pelze 'was galten, mußte er doch einmal den Versuch machen, das gab vielleicht eine ganz vortreffliche Jagd und einen guten Spaß, ihnen so unerwartet eins auf die Jacke zu brennen. Macht doch die Erlegung eines Fuchses oder überhaupt jedes Raubthieres dem Jäger mehr Freude, als ob er sonst Gott weiß 'was erlegt, denn es gilt dabei einen schlauen und gewandten Räuber zu überlisten.

      Der junge Forstgehülfe beging langsam bürschend das ganze innere Terrain, fand aber die Aussage des Försters bestätigt, und nicht eine einzige Fährte von Roth- oder Rehwild in dem ganzen Grund, dafür jedoch eine Masse niedergebrochenes und vertrocknetes Reisig - ein Beweis, daß selbst die Holzsucher, die doch sonst gewiß nicht eigen sind, den öden Platz mieden. Von einem hindurchführenden Pfad war eben so wenig eine Spur zu erkennen, und das Brombeergesträuch an manchen Stellen so dicht, daß er sich kaum hindurch arbeiten konnte. Als er den hinausführenden Paß wieder erreichte, dämmerte es unten schon, während die Wipfel der Bäume oben am Felsenrand noch im Licht der untergehenden Sonne glühten. /

      108/ Jetzt war übrigens noch gute Zeit für einen Bürschgang heimwärts - vielleicht begegnete er dem Bock doch noch unterwegs, und nachdem er sich vorher überzeugt hatte, daß kein begangener Weg von unten ab weiter zu Thal führte, stieg er wieder von außen an dem Steindamm hinauf und trat den Heimweg an.

      Den Bock traf er allerdings nicht, und es war recht spät geworden, als er die Forstei endlich wieder erreichte. Daheim erzählte er aber nichts von dem fremden Mädchen, das er heute am Fuchsbau getroffen. Wer wußte denn, was sie sich nachher wieder für Geschichten daraus zusammengebaut hätten, von Erdweible oder Moorjungfern oder sonstigem Spuk. Vielleicht traf er sie einmal wieder in der nächsten Zeit, und dann sollte sie ihm nicht so leicht entschlüpfen wie diesmal, wo ihn der alberne Kreiser mit seinem Schuß so zur unrechten Stunde gestört und abgelenkt hatte. War ihm doch nicht einmal Zeit geblieben, sie nur zu fragen, wie sie hieß.

      Und würde sie ihm das gesagt haben, wo sie ihm, auf seine Frage nach ihrer Heimath, die schnippische Antwort gab ,,im Bau"? Sonderbar - er brachte das Mädel nicht aus dem Kopf und war den ganzen Abend still und einsilbig. Der alte Förster aber lachte, denn er glaubte, der verfehlte Bock ärgere ihn, meinte auch, da würde er sich noch manchen Abend Gedanken drüber machen können, denn das sei ein alter schlauer Patron und nicht sogleich auf den ersten Bürschgang abzufassen. Sie wollten sich in vier Wochen einmal wieder sprechen, ob er ihn vielleicht bis dahin erlauert hätte - er glaube es aber nicht.

      3.

      Der Fuchs.

      Der Forstgehülfe Raischbach bekam übrigens in den nächsten Tagen keine Zeit, viel an den Bock oder selbst an die fremde /109/ Maid zu denken, denn noch in der nämlichen Nacht hatte der Kreiser Metzler, der in einer der im Wald zerstreut gebauten Bürschhütten geschlafen, einen Schuß gehört und am nächsten Morgen erst, obgleich er, wie er sagte, augenblicklich der Richtung zugeeilt sei und Alles abgesucht habe, den Aufbruch und Kopf eines Altthiers gefunden, das ein paar Wilderer dort in der Nacht erlegt und dann fortgeschleppt haben mußten. Im Anfang hätte er zwar noch eine Strecke auf dem Schweiß (Blut) nachgehen können, dann aber waren die Wilddiebe an die große Straße gekommen, die durch den Wald lief, und keine Spur weiter von ihnen zu finden. Ein paar frische Wagengleise führten allerdings vorbei, eins nach Norden, eins nach Süden, und welches von diesen sie wahrscheinlich benutzt hatten, um ihre Beute in Sicherheit zu bringen, wer konnte es sagen?

      Nachforschungen wurden allerdings gehalten, aber ohne Erfolg. Die Burschen mußten gute Helfershelfer haben, denn das Stück Wild blieb verschwunden, und wenn man auch ein paar Leute aus dem nächsten Dorf in starkem Verdacht hatte und bei ihnen sogar Haussuchung hielt, fand sich doch nichts Verdächtiges gegen sie

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