Hüben und Drüben. Gerstäcker Friedrich

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Hüben und Drüben - Gerstäcker Friedrich

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Letzte schien aber nicht nöthig zu werden, denn schon um neun Uhr Morgens hörte Förster Buschmann den scharfen Krach einer Büchse, und als er nun, die eigene Waffe über die Schulter gehangen, direct der Richtung zuhielt, traf er auch bald darauf mit seinem Forstgehülfen zusammen, der einen capitalen Achter auf der Decke hatte.

      Bernhard schwenkte ihm lustig seinen mit dem ,,Bruch" schon besteckten Hut entgegen, und der Alte nickte vergnügt vor sich hin, als er den braven Hirsch, mit dem Eichenzweig im Geäß und die Kugel wie abgezirkelt mitten auf dem Blatt, verendet im Schatten eines alten Eichbaums, nahe einer zu Thal rieselnden Quelle liegen sah.

      „Bravo, mein Junge!" rief er aus, „das war gerade das rechte Stück und ein tüchtiger Schuß, mit dem wir Ehre einlegen können; er spart uns auch eine Masse Schererei, und wenn die Kreiser jetzt kommen, können sie ihn gleich auf ihren Wagen packen und fortschaffen. - Der scheint auch nicht mehr weit gegangen. Kam er flüchtig?"

      „Gleich dort am Rand von den Felsen äste er sich," erzählte der junge Forstmann, „und ich war mit gutem Wind und Deckung bis auf fast achtzig Schritte angebürscht, denn /94/ ich konnte nur manchmal die Stangen zu sehen bekommen, wenn er den Kopf hob, um zu sichern. Weiß aber der liebe Gott, was ihn verscheucht haben mag, denn meinen Schritt auf dem weichen Moos konnte er wahrlich nicht hören, äugte auch nicht einmal der Richtung zu, wo ich mich befand. Wie ich aber daneben hinter den Büschen vorkrieche, höre ich, daß er flüchtig wird, und jetzt war ich mit einem Satz auch draußen im Freien. Rechts ab konnte er nicht, der Kluft wegen, so mußte er hier über die Lichtung, und wie er die Kugel kriegte, machte er einen Satz s o hoch."

      „Das ist ein famoses Zeichen," schmunzelte der Alte.

      „Er ging auch nicht mehr weit. Dort drüben, bei der jungen Weißtanne, ist der Anschuß, und hier unter der Eiche hielt er plötzlich, that sich nieder und verendete auch gleich darauf, da ich versteckt blieb und ihn nicht weiter störte."

      Der alte Förster nickte leise und zustimmend mit dem Kopf, und trat indessen, während sein junger Gehülfe den kurzen Bericht abstattete, an den Rand der hier ziemlich steil abfallenden Felsen, um das da unten ausgebreitete Terrain zu überblicken.

      Es war ein wilder, eigenthümlicher Platz hier mitten in den Bergen, und Bernhard selber war auf all' seinen Streifzügen noch nie in die Nähe desselben gekommen.

      Gerade zu ihren Füßen fielen die Sandsteinfelsen wohl achtzig oder neunzig Fuß steil ab, und nach rechts und links, wohin er sah, schien eine ganz ähnliche Mauer eine unten liegende flache und moorige Ebene, auf der auch wenig mehr als Haidekraut und kleines niederes Gestrüpp wuchs, einzuschließen. Der ganze innere Raum mochte ein paar Morgen umschließen, und sah genau so aus, als ob er in früheren Jahrhunderten - oder vielleicht Jahrtausenden - die ganze offene Stelle ausgefüllt hätte und nur einmal, bei einer innern Erderschütterung vielleicht, weggesunken wäre.

      „Sind Sie schon an dem Platz hier gewesen, Raischbach?" sagte der Alte nach einer längeren Pause, in der er schweigend über die wüste Stelle hinausgeschaut.

      „Nein, Herr Förster," sagte der junge Mann; „das ist ein wildes, wunderliches Terrain; bin aber noch nie hierher /95/ gekommen - heute zum ersten Mal. Es kann hier gar nicht so weit von der Grenze sein."

      „Ist es auch nicht," nickte der Förster; „die Schlucht, die von dort herüberkommt, wo Sie neulich die wilde Katze geschossen haben, bildet die Grenze und die Stelle hier heißt „der Fuchsbau" - giebt auch schmählich viel Füchse hier, denn da drinnen sind sie ungestört, und man darf nicht einmal einen Hund hineinlassen, weil die Wand voller Risse und Spalten steckt, die oft Gott weiß wie tief hinuntergehen. Gleich im ersten Jahr, als ich herkam, habe ich dort drüben in dem einen Loch meinen besten Dachshund verloren, und mich nachher wohl gehütet, wieder einen in die Nähe zu bringen."

      „Sonderbar," sagte Raischbach, „ob der Platz nicht wie eingesunken aussteht -"

      „Hm," brummte der Alte und sah sich vorsichtig dabei um - „wir wollen hinüber nach dem Rendezvous gehen, wohin wir die Kreiser bestellt haben - 's ist gar nicht so weit von hier, und wenn wir der Schneuße folgen, kommen wir ganz in die Nähe."

      Damit rückte er sich seine Büchse wieder auf die Schulter und schritt langsam voran, Bernhard folgte ihm, und Beide gingen die ganze Strecke lang schweigend neben einander hin; nur unterwegs brach sich der Förster ebenfalls einen Bruch ab und steckte ihn sich, alter Sitte folgend, auf den Hut - war doch ein jagdbarer Hirsch erlegt, und dabei durfte keine althergebrachte Form versäumt werden.

      So erreichten sie nach einer Weile das bestimmte Rendezvous, eine kleine offene Waldblöße, an deren Rand ein Bürsch-Haus gebaut war, um den Kreisern, wenn sie hier in der Nähe Dienst hatten, ein Obdach zu bieten. Der Förster trug allerdings den Schlüssel dazu in der Tasche, aber bei dem prachtvollen Wetter dachten die beiden Jäger nicht daran, sich in das dumpfige Haus zu setzen, und Buschmann, mit seinem Hirschfänger einen Zweig von einem dort stehenden breitästigen Weißdorn schlagend, hing seine Büchse an den Zacken und warf sich dann auf das Moos im Schatten des Baumes nieder, welchem Beispiel sein junger Forstgehülfe folgte.

      „Wenn wir jetzt eine Flasche Bier hätten," sagte dieser, /96/ indem er sich, in Ermangelung eines andern Labsals, wenigstens seine kurze Pfeife stopfte und in Brand setzte - „das müßte jetzt schmecken."

      „Die Kreiser bringen ein paar Flaschen mit," nickte der Förster, „denn ich wußte ja nicht, was wir noch für Arbeit mit dem Hirsch bekamen."

      „Das ist gescheidt - und die müssen bald kommen."

      „Etwa in einer halben Stunde spätestens," sagte der Förster und qualmte stärker - „aber - was ich gleich sagen wollte, Raischbach - Sie - Sie meinten vorher da drüben am Bau - am Fuchsbau meine ich - an der wunderlichen Stelle, die rings von steilen Sandsteinfelsen wie eingedämmt ist, daß sie fast so aussähe, als ob der Platz eingesunken wäre."

      „Ja wohl, Herr Förster, es hat merkwürdige Aehnlichkeit, und drin im Tyrol müßt' ich genau so eine Stelle, wo sich auch die Leute erzählen, daß dort vor uralten Zeiten eine Alm gestanden hätte - und jetzt ist's ein See, kein Mensch weiß wie tief."

      „Es kommt Alles vor in der Welt, Raischbach," nickte der Alte still vor sich hin - „Alles - wir sehen‘s nur manchmal nicht, oder wollen's eben nicht sehen."

      „Und hat der Platz irgend eine Bedeutung?"

      „Dort an Ort und Stelle," sagte der alte Mann, „mochte ich Ihnen nicht gern Red' und Antwort stehen; man spricht nicht gern davon, wo die Worte bis hinunter in den Grund schallen können, und wenn Sie die Kreiser frügen, würde Ihnen wohl keiner Auskunft geben; aber das ist Thorheit, denn einem frommen Christen kann der Spuk nichts anhaben."

      „Aber welcher Spuk, Herr Förster?"

      „Der im Bau drunten."

      „Im Fuchsbau? Also ist es wirklich ein eingesunkener Platz?"

      „Das sieht ein Kind ein," nickte der alte Forstmann, der hier wieder vollständig auf seinem Steckenpferd saß. „Da hat vor alten Zeiten eine große und reiche Stadt gestanden, mit einem Kirchthurm, dessen Kuppel sie so dick vergoldet hatten, daß man Abends bei Sonnenuntergang das Blitzen bis drüben in die fernen Berge sehen konnte. - Aber auf einmal war's /97/ aus - was sie getrieben, der Herr nur weiß es, aber übermüthig sind die Leute jedenfalls geworden, und eines Tages, als Jemand vom nächsten Dorf hinein zur Ortsbehörde wollte, trifft er an der Stelle, wo sonst die stolze Stadt gelegen, einen See mitten im Wald an. Erst glaubte er auch, er hätte den Weg verfehlt, und versucht's dann mit einem andern, aber es war dasselbe. Alle die breiten

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