Der Hügel. Martin Renold

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zu Christus oder zu Gott zu beten? Kannst du denn zu dem stehen, was diese konservativen Päpste vertreten?

      Nein, entgegnet Sabine, aber das interessiert mich auch nicht, mir geht es nur darum, an einen Ort hingehen zu können, wo ich spirituell beheimatet bin. Da kann ich auch beichten, wenn ich das Bedürfnis habe, mich einem Menschen anzuvertrauen, der mir hilft. Du warst zwar kein schlechter Vater, aber in den letzten Jahren, als ich noch daheim war, hätte ich manchmal gewünscht, einen Vater zu haben, dem ich mich hätte anvertrauen können.

      Ja, das war die Zeit vor der Scheidung gewesen. Da hatte Klara Tochter Sabine auf ihre Seite gezogen, sich ihr anvertraut und sie zur Freundin gemacht, so dass Konrad die innere Entfremdung seiner Tochter zu ihm schmerzlich empfunden hatte. Der Vorwurf von Sabine und dass sie sich lieber einem katholischen Priester anvertraut als ihrem Vater, trifft ihn nun ebenso hart wie ihr Schritt zum Katholizismus.

      Konrad denkt zurück an die Zeit, als seine Kinder wirklich noch Kinder waren. Da lief alles doch so gut. Da brauchte er sich nicht in das Leben seiner Kinder einzumischen. Er ließ allem seinen Lauf. Wann schon hatte er mit seinen Kindern über Gott gesprochen oder über das, was sie bewegte? Er glaubte, es genüge, seinen Kindern ein Vorbild zu sein. Ja selbst als es in seiner Ehe zur Krise, ja, um die Wahrheit zu sagen, zu einer Zerreißprobe kam, hatte er nicht mit seinen Kindern gesprochen. Nein, ich werde euch nie verlassen, war das Einzige, was er gesagt hatte. Dann hatte er sich bemüht, die Kinder nichts von seinen inneren Kämpfen anmerken zu lassen und weiterhin Vorbild für sie zu sein. Jetzt sieht er ein, dass dies nicht genügte.

      Es ist bei einem Besuch Sabines bei ihrer Schwester Anna, als beide die Gelegenheit benutzen, den Entscheid, katholisch zu werden, gemeinsam ihrem Vater zu eröffnen und sich dann auch miteinander in einer katholischen Bistumskirche von einem konservativen Bischof firmen zu lassen.

      Ihr habt uns Kindern schon früh biblische Geschichten erzählt, sagt Anna zu ihrem Vater, und ein Tisch- und ein Abendgebet waren selbstverständlich. Daran dass sie am Tisch gebetet hatten, kann sich Konrad nicht mehr erinnern, nur dass meistens die Mutter am Abend am Bett mit den Kindern gebetet hat. Auch zur Kirche hatten sie die Kinder schon früh mitgenommen, wann immer das möglich war.

      Es gab zwar eine Zeit, in der Konrad auch nicht mehr in die Kirche gegangen ist. Er hat in einer christlichen Firma gearbeitet. Im Verwaltungsrat saßen ein Pfarrer und ein Theologieprofessor und der Präsident gehörte einem besonders frommen Verein an. Zwei Jahre zuvor hatte die alte Firma, in der er einen führenden Posten innegehabt hatte, mit dieser neuen Firma fusioniert. Konrad hatte bald danach gemerkt, dass diese Fusion auf gefälschten Daten beruhte, dessen Urheber der Präsident war. Doch der versuchte die Schuld erbarmungslos auf andere abzuschieben, auch auf Konrad. Es war eine schlimme Zeit gewesen. Konrad hatte seine Arbeit geliebt, aber unter diesen frommen Vorgesetzten, hielt er es nicht aus. Nach drei Jahren hatte er die Firma verlassen. Selbst der Pfarrer und der Theologieprofessor, die sich hinter den Präsidenten stellten und sich vor der Wahrheit verschlossen, hatten ihn enttäuscht. Ein paar Mal war er noch in die Sonntagspredigt in seiner Wohngemeinde gegangen. Doch die Worte, die der Pfarrer, der nichts mit der Firma zu tun hatte, sprach, waren ihm wie leere Hülsen vorgekommen. In einem Gespräch, in dem er dem Pfarrer seine Situation schilderte, hatte er das Gefühl, an eine leere Kirchenwand zu sprechen. Auch dieser Pfarrer schwebte hoch über dem, was unten im täglichen Leben geschehen konnte und auch wirklich geschieht.

      Das hat nichts mit meinem Glauben zu tun, hatte sich Konrad damals gesagt. Sein Glaube an einen Gott war unerschüttert.

      Das alles kommt ihm jetzt in den Sinn. Er kann seine Töchter verstehen. Aber finden sie in der katholischen Kirche das, was sie in der evangelischen nicht gefunden haben – die Geborgenheit?

      Weißt du, fährt Anna fort, ich bin ein sehr gläubiges Kind gewesen und habe auch oft auf dem langen Schulweg gebetet. Davon weiß Konrad nichts. Anders als Sabine, hält er Anna für einen Menschen, der seine Gefühle voll auslebt. Sie brauchte die elterliche Wärme. Schon als kleines Kind, wenn er sie in den Armen hielt, konnte er sie, anders als die Mutter, beruhigen, wenn sie schrie. In seinen Armen fühlte sie sich offenbar mehr geborgen als in den Armen der oft unzufriedenen Mutter. Und auch später war Anna ein Kind, das Nähe brauchte, während die ältere Sabine oft stumm danebenstand, wenn Anna sich umarmen ließ. Darum erstaunt es ihn bei Anna weniger, dass sie die Geborgenheit in der katholischen Kirche sucht. Bei beiden ist es, denkt er, wohl weniger die Lehre der katholischen Kirche, also des geistigen Gebäudes, als die Geborgenheit in den mit Bildern geschmückten und reich verzierten und vergoldeten Räumen der Kirche.

      Nach meiner Konfirmation mit sechzehn Jahren bin ich immer mehr von der Kirche weggekommen, gesteht Anna ihrem Vater. Ich zweifelte an vielem, was in der Kirche gesagt wurde, und Gott rückte für mich immer mehr in den Hintergrund. Mit etwa fünfunddreißig Jahren kam ich durch tiefe innere Erlebnisse wieder neu zum Glauben, da ich erlebte, dass Gott direkt in mein Leben eingreift. So habe ich wieder ab und zu die reformierten Gottesdienste besucht, habe dort aber nicht mehr das, was ich suchte, gefunden. Die zwar guten Predigten haben mehr meinem Verstand gedient, als dass sie mein Herz erfüllten. In dieser Zeit habe ich angefangen, Bücher zu lesen über Schwester Faustina, Therese von Avila, die Kinder von Fatima und auch über Lourdes und vieles mehr. Auch bin ich sehr überrascht gewesen, dass die Mutter Gottes so sehr den Rosenkranz empfiehlt, ein Gebet, das ich nicht wirklich gekannt habe und es daher als Geplapper abgetan hatte.

      In unseren Herbstferien in den Bergen hatte ich den großen Wunsch, das Rosenkranzgebet kennen zu lernen. Wieder daheim, bin ich in eine christliche Buchhandlung gegangen und habe mir eine Anleitung zum Rosenkranzgebet gekauft. Dann habe ich mich zum ersten Mal in unsere katholische Kirche gesetzt und mit geschlossenen Augen vor der wunderschönen Statue der Maria mit dem Kind gebetet. Plötzlich hat mich eine sanfte Hand angerührt und eine Stimme hat mich gefragt, ob ich zum Rosenkranzgebet käme. Total erschrocken habe ich gestammelt, ich sei reformiert und kenne das Gebet nicht, aber es sei mein Wunsch, es kennen zu lernen. Die Frau, die hinter mir saß, hat mich eingeladen, einfach mitzumachen. So bin ich mitgegangen und habe den einen oder anderen Satz mitgesprochen, und dabei ist es in der Kirche so hell geworden, dass ich gedacht habe, die Sonne scheine direkt zum Fenster herein. In meinem Herzen habe ich eine große Freude und viel Licht gespürt.

      Vater Konrad hat ihr zugehört, ohne sie zu unterbrechen.

      Wenn es so ist, musst du tun, was du tun möchtest. Ich will und kann euch beiden nicht davor sein. Wenn es für euch richtig ist und ihr glaubt, dort euer himmlisches Heil und euer irdisches Glück zu finden, dann müsst ihr es tun.

      Vater Konrad kann, auch wenn es ihm nicht gefällt, verstehen, dass seine Tochter wie durch einen Blitzstrahl eine Erleuchtung bekommen konnte. Wenn es auch plötzlich über einen kommt, so braucht es doch eine lange Vorbereitungszeit. Es ist wie ein Embryo im Mutterleib, der langsam heranwächst und dann plötzlich mit einem Schrei ins Leben hineingeworfen wird. Konrad hat selber mehrmals ein solches Erlebnis gehabt. Es war plötzlich über ihn gekommen. Er hatte für einen Augenblick das Bewusstsein für das Irdische verloren und sich in einem raum- und zeitlosen Zustand gefühlt, der kaum eine Sekunde dauerte. Da hatte ihn ein Glücksgefühl überfallen, das monatelang anhielt und auch später in ihm war, wenn er daran zurückdachte. Doch auch dieser Blitz war nicht aus heiterem Himmel gekommen. Ihm war eine platonische Beziehung zu einer älteren Frau mit vielen Gesprächen und Briefen vorausgegangen, in denen es um Gott, die Liebe, um Kunst und Tod ging. Diese Lichtblitze hatte er einmal in der Natur, ein zweites Mal in der Musik und viel später ein drittes Mal in der Liebe erlebt. Warum hatte er mit dieser Frau über all diese Dinge sprechen können – er war damals noch nicht verheiratet –, aber später nie mit seiner Frau und schon gar nicht mit seinen Kindern. Auch jetzt bringt er nur dürftige Worte hervor, ohne die Tiefe und den Glanz jener früheren Gespräche.

      In der Absicht, seinem Vater die Kirche der Heiligen der Letzten Tage verständlicher zu machen, hat ihm Manfred das Buch Mormon geschenkt. Konrad hat es

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