Der Hügel. Martin Renold

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das stimmt nicht“, erwiderte Arthur. „Es ist die Dufourspitze.“

      „Du lügst, ich weiß es ganz sicher“, behauptete Urs. „Mein Vater hat es mir gesagt.“

      „Dann weiß es eben dein Vater auch nicht“, erwiderte Arthur.

      „Doch, mein Vater weiß alles“, protestierte Urs.

      Arthur ließ ihn in seinem Glauben. Er wusste es ja besser. Er hätte auch mit dem auftrumpfen können, was er wusste oder konnte: Lesen und Rechnen. Er tat es nicht und lachte innerlich nur, als Urs sagte, er könne schon bis zwanzig zählen.

      Am Weihnachtsabend lagen unter dem Weihnachtsbaum einige hübsch in farbiges Papier eingepackte kleine Geschenke. Arthur sah sofort mit Schrecken an ihrer Form, dass kein Anmeldungsformular für das Gymnasium dabei sein konnte.

      Natürlich freute er sich, nachdem die Mutter die Weihnachtsgeschichte aus der Bibel vorgelesen hatte, vor allem über das Buch, aber auch über die neue Haarbürste, die warmen gestrickten Socken für den Winter und die Tafel Schokolade. Als all dies ausgepackt war, schaute er doch ein wenig enttäuscht drein. Die Mutter warf einen kurzen Blick, der nichts verriet, auf Arthurs Gesicht, dann verließ sie das Zimmer und kehrte kurz darauf mit einem riesigen Paket zurück. Wollten ihn die Eltern mit einem großen Geschenk darüber trösten, dass er nicht das Gymnasium besuchen durfte?

      Als ihm die Mutter das Paket überreichte, ahnte er, was darin war, und sein Gesicht hellte sich auf, denn die Schachtel, die er auspackte, war beinahe federleicht. Hastig holte er das zusammengeknüllte Zeitungspapier hervor und warf es zur Seite, bis auf dem Grund ein großes gelbes Kuvert erschien. Er nahm es heraus und sah, dass es das Anmeldeformular enthielt.

      Vater und Mutter freuten sich über sein Glück, das nun aus seinen Augen strahlte. Dankbar umarmte er seine Mutter. Ganz besonders aber drückte er seinem Vater die Hand. Und er fühlte sich fast ein wenig schuldig, als er daran dachte, was alles sein Vater nun für ihn in den nächsten Jahren bezahlen müsse.

      Doch es musste noch mehr als nur eine Hürde übersprungen werden, bis feststand, dass Arthur das Gymnasium besuchen konnte. Die erste Hürde war die Aufnahmeprüfung. Bei ihr saß Urs neben ihm in einer der beiden vordersten Bänke. Urs saß links gegen die Mitte des Schulzimmers, Arthur rechts bei der Wand. Ein Lehrer hatte ausdrücklich die Schüler gemahnt, nicht bei einem Nachbarn abzuschreiben. Falls jemand gegen diese Regel verstoße, würde er oder sie nicht ins Gymnasium aufgenommen. Sie sollten es gar nicht erst versuchen, denn er und sein Kollege würden ein wachsames Auge auf sie haben.

      Am Vormittag standen ein Diktat und ein Aufsatz auf dem Programm. Der Nachmittag war frei.

      Am folgenden Tag mussten verschiedene Rechenaufgaben gelöst werden.

      Arthur hatte nach beiden Prüfungen ein gutes Gefühl. Beim Diktat hatte er sicher kaum einen Fehler gemacht. Und Aufsätze schrieb er ohnehin gern. Seine Arbeit würde gewiss positiv beurteilt werden. Auch die Rechenaufgaben waren nicht allzu schwierig gewesen. Er hatte alle gelöst.

      An einem der folgenden Tage konnten sich alle Kandidaten in der Aula des Schulhauses versammeln. Es war eine gespannte Stimmung in dem bis auf den letzten Platz angefüllten Raum, noch bevor der Rektor hereinkam. Und sie stieg fast ins Unerträgliche an, als die Namen jener, die bestanden hatten, in der alphabetischen Reihenfolge heruntergelesen wurden. Der Rektor las sie langsam mit lauter und deutlicher Stimme. Urs war im Alphabet vor Arthur.

      „Baldegger, Urs“, rief der Rektor, und Urs, der neben Arthur saß, atmete erleichtert auf und schaute seinen Nachbarn glückstrahlend an. Wenn Urs aufgenommen wurde, dachte Arthur, dann wäre sicher auch er nicht durchgefallen. Sonst würde er die Welt nicht mehr verstehen. Endlich wurde auch Arthurs Name genannt. Er zeigte kaum eine Regung. Aber er fühlte es, er war der glücklichste Mensch auf der Welt.

      Auf dem gemeinsamen Heimweg redete Urs fast ununterbrochen von seinen Zukunftsplänen, während Arthur still, aber glücklich neben ihm herging.

      Am Montag der nächsten Woche rief Lehrer Fink, als nach Schulschluss alle hinausstürmten, Arthur zurück.

      „Ich habe eine Nachricht von der Kantonsschule erhalten“, fing Herr Fink an.

      Arthur spürte, dass es seinem Lehrer nicht leichtfiel, davon zu reden. Was hatte das wohl zu bedeuten? Etwas Schlimmes oder Gutes? Wohl eher das Erstere.

      „Einer von euch beiden hat dem andern abgeschrieben“, fuhr Fink fort. „Bei einer Rechnung habt ihr den gleichen Fehler gemacht. Der Rektor der Kantonsschule meint, das könne kein Zufall sein.“

      Arthur erschrak. Angst stieg in ihm auf. Das bedeutet wohl, dass beide ausgeschlossenen werden, überlegte er. Er war sich zwar sicher, nicht abgeschrieben zu haben. Das wäre auch nicht so leicht gewesen, denn er saß rechts und Urs links in der Bank. Da konnte er kaum unbemerkt über seine Hand auf sein Blatt schielen. So wie er Urs kannte, würde er ganz bestimmt leugnen. Höchstens seine Unsicherheit und Schamröte könnte ihn überführen. Auch Lehrer Fink musste solche Überlegungen gemacht haben, denn er sprach weiter:

      „Wenn du mir sagst, dass du nicht abgeschrieben hast, dann glaube ich dir, dass es die Wahrheit ist. Bei Urs wäre ich nicht so sicher. Also sage mir offen und ehrlich: Hast du abgeschrieben?“

      „Nein“ antwortete Arthur. „Ich habe sicher nicht abgeschrieben, das dürfen Sie mir glauben.“ Und dann fügte er nach einem kurzen Nachdenken hinzu: „Ich habe aber auch nicht gemerkt, dass Urs mir abgeschrieben hätte.“

      „Dein Wort genügt mir“, sagte Fink und klopfte Arthur, der doch ein wenig ängstlich vor ihm stand, beinahe väterlich auf die Schulter. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich weiß jetzt, was ich antworten werde.“

      So kam es, dass Arthur der einzige Schüler seiner Klasse war, der in das Gymnasium eintreten konnte.

      Eigenmann“, sagte der Lateinlehrer barsch und warf Arthur das Heft auf die Bank, dass es einen klatschenden Ton gab und Arthur, Schreckliches ahnend, zusammenfuhr. „Eine Zweieinhalb“. Er hielt jetzt nur noch das Heft von Barbara Lätsch in der Hand.

      „Eine Zwei“, sagte er und warf auch ihr das Heft auf die Bank.

      Hier ging es nicht nach dem Alphabet.

      Wenn der Lateinlehrer die korrigierten Klausuren verteilte, dann kamen zuerst die Besten dran. Beni, der Sohn eines Mittelschullehrers, der an der gleichen Schule unterrichtete, war immer der Beste. Sein Heft lag zuoberst, sein Name wurde nicht so vorwurfsvoll genannt, und das Heft wurde ihm in die Hand gereicht, wenn darauf die Bemerkung „eine Sechs“ folgte. Auch das Heft von Peter, dem Sohn eines reichen Kaufmanns, lag meistens weit oben. Eine Fünf war für ihn schon eine schlechte Note. Es war jeweils eine grausame Tortur für Arthur, wenn der Lehrer zwischen den Bankreihen hin und her ging und der Stoß der Hefte immer kleiner wurde. Arthur brachte es ganz selten einmal auf eine Vier.

      Für den einst besten Schüler in der Grundschule war dies eine herbe Enttäuschung, zumindest in diesem Fach einer der Letzten zu sein und auf diese Weise vor den anderen Schülern bloßgestellt zu werden. In allen übrigen Fächern war er zwar gut, aber das Latein bereitete ihm Schwierigkeiten. Wohl konnte ihm die Mutter zu Hause die Wörter abfragen, aber bei der Grammatik konnte sie ihm auch nicht helfen. In der zweiten Klasse, als Französisch dazu kam, war dies noch weniger möglich, und im Englischen, wo alles ganz anders ausgesprochen wurde als geschrieben, schon gar nicht. Immerhin gehörte in diesen beiden Sprachen Arthur bald einmal zu den besseren Schülern.

      Hans

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