Jamil - Zerrissene Seele. Farina de Waard
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Читать онлайн книгу Jamil - Zerrissene Seele - Farina de Waard страница 20
»Das ist etwas, was wir bedenken sollten. Der Dämon ist ein schrecklicher Fluch, aber er hat uns möglicherweise vor einem Kampf bewahrt. Wir müssen damit rechnen, dass die Fremden die Wiese in Besitz nehmen wollen, sobald der Dämon fort ist. Wir müssen uns dafür rüsten, den heiligen Hara–Baum zu verteidigen! Sein Geist ist unser Heiler und mächtigster Schutz, das werden die Fremden notfalls im Kampf erfahren müssen.«
Asha zitterte jetzt. Der Gedanke, dass es zu einer Schlacht kommen könnte, erschreckte sie und erschien so absurd. Noch hatten sie sich ja nicht einmal miteinander verständigt!
Wenn doch bloß der Dämon wieder laufen könnte …, fing sie an, verwarf den Gedanken aber vorerst wieder.
Die Nadel trat neben den Blinden und richtete ihren stechenden Blick auf Asha, als hätte sie etwas bemerkt.
»Ashanee, Tochter von Akando, hast du noch etwas zu berichten?«
Sie straffte sich und trat vor, direkt neben Chaled. Sie berührte beinahe seine Schulter und er bewegte sich unauffällig etwas näher, um sie wie durch Zufall am Ärmel zu streifen. Sie ignorierte es mit trockenem Hals.
»Der Dämon wirkt leblos; er scheint schwach zu sein und kein einziger aus seinem Lager ist zu ihm gegangen. Sie scheinen ihn vollkommen verstoßen zu haben.«
Die Nadel wirkte zufrieden. »Das ist auch die einzig vernünftige Reaktion. Wir sollten darüber beratschlagen, wie wir uns ihnen gegenüber verhalten. Offensichtlich verstehen sie etwas von Geistern und Dämonen, vielleicht haben auch sie Schamanen. Chaled, versuch bitte, etwas darüber zu erfahren, aber sprich noch nicht mit ihnen. Beobachte sie vom Hang auf der anderen Seite aus und schau, ob du jemanden entdeckst, der ein Ältester sein könnte. So können wir am ehesten mit ihnen in Kontakt treten.«
Als die rothaarige Älteste schwieg, nickten die anderen drei zustimmend. Asha konnte deutlich fühlen, dass sich hinter dieser Geste der Zuversicht in Wahrheit Sorge verbarg.
»Ashanee, du wirst weiterhin von einem Teil deiner Pflichten als Jägerin entbunden und beobachtest den Dämon. Tu nichts, was ihn provozieren könnte, halte deine Gedanken und Gefühle weiter ruhig und besonnen, wie es deine Art als Jägerin ist, dann wird er nicht auf dich aufmerksam werden«, gebot der Blinde mit seiner alles durchdringenden Stimme.
Asha nickte rasch und verbeugte sich dann schwach.
»Ich danke den Schamanen für diese Ehre und ihr Vertrauen.«
Die Versammlung wurde von Haluschk beendet und Asha ging sofort zurück zu ihrer Mutter. Sie spürte, dass Chaled mit ihr sprechen wollte, tat aber so, als bemerke sie nichts und suchte ihre Großmutter, um sie nach Aufgaben für den Tag zu fragen.
Sie wollte jetzt nicht mit ihrem alten Freund reden, sich nicht von ihm in irgendwelche Fragen und Andeutungen verwickeln lassen.
Sie wollte in Ruhe nachdenken und sich dabei möglichst mit etwas beschäftigen, das nicht mit dem armen, besessenen Mann zu tun hatte, der ihr nicht mehr aus dem Kopf ging.
Doch im Inneren wusste sie, dass sie bald eine Entscheidung treffen musste.
Im Fiebertraum
Als Ashanee in der Nacht mit dem Wasserschlauch zu ihm kam, öffnete der Dämonenmann kaum die Augen. Sein Körper war bedeckt von kaltem Schweiß, aber innerlich glühte er vor Fieber.
Sie wollte ihm zu trinken geben, doch er verschluckte sich daran und hustete kraftlos. Sie warf einen Blick auf seine Seite und rümpfte die Nase, als sie den Geruch der entzündeten Wunde wahrnahm.
»Wir müssen etwas unternehmen. Das Fieber zerfrisst deinen Körper!«
»Lezana? Lach nicht … ich sterbe und du lachst mich aus …«, murmelte er und Zorn zeigte sich schwach auf seinem glänzenden Gesicht. »Es ist kalt … und doch verbrenne ich …«
Sie schüttelte den Kopf. Er war nicht mehr bei Sinnen.
Warum hielt der Dämon noch an diesem Körper fest? Konnte er nicht erkennen, dass er verloren war? Oder vielleicht konnte er sich einfach nicht mehr von ihm lösen! Sie hatte doch gesehen, wie der Hara–Baum seine Kräfte wirkte. Hatte er versucht, den Mann zu retten und es nicht geschafft?
Ashas Gedanken rasten. Es war sicherlich der Wunsch des Hara–Baums, dass sie ihm half. Und wenn er heilte und zu Kräften kam, konnte er auch ihr helfen! Vielleicht war es von Vorteil, einen Dämon zu kennen, der einem etwas schuldete …
Einen Moment war sie überrascht über diese Gedanken und erschrak fast dabei. Das erschien ihr nicht richtig … und dennoch entschied sie sich in diesem Augenblick dazu, dem Mann zu helfen. Ihr wurde klar, dass sie ihm schon viel früher die Wunden hätte verbinden sollen, und warf einen Blick auf den kleinen Tonkrug mit Honig, der an ihrem Gürtel hing. Eigentlich hätte dies eine Opfergabe für die Geister sein sollen … doch jetzt konnte sie damit etwas wesentlich Besseres bewirken.
Vielleicht kann er sich ja auch von dem Fluch befreien, wenn er gesund wird! Dann hätten unsere Völker keinen Grund mehr, sich zu bekämpfen! Ich muss ihn retten, damit es überhaupt eine Chance für Frieden gibt!
Bei diesen Gedanken versuchte sie, seinen fiebrigen Blick einzufangen, der immer wieder wild über die Wiese huschte. »Ich werde deine Wunden säubern und versorgen, wenn du versprichst, mich trotz der Schmerzen nicht anzugreifen!«, sagte sie eindringlich.
»Nichts … nichts kann jetzt noch schlimmer kommen …«
Asha nahm das als seine Zustimmung auf. Sein Körper war ohnehin zu schwach und vom Fieber gelähmt, so dass er sich kaum rühren konnte.
Rasch eilte sie in den Wald und hackte mit ihrem Messer einige dicke Haselruten ab, schnitt sie in passende Stücke und kehrte zum Baum zurück.
Sie legte ihre Tasche auf den Boden neben ihm und zog einige Beutel und Tücher heraus, dann hob sie ihr Messer und zerschnitt das Hemd direkt über seiner blau und grün verfärbten Brust. Trotz der Prellungen konnte sie sehen, dass er zuvor ein gut gebauter Mann gewesen sein musste. Schlank und hochgewachsen, von harter Arbeit gestählt … und jetzt von dämonischen Kräften erfasst.
Sie erschauerte und schnitt auf seiner rechten Seite, dort wo die Pfeile ihn getroffen hatten, alle Stofffetzen von seinem Körper, die sie neben ihm auf einen kleinen Haufen warf. Sie ließ den Stoff an seinen Armen noch bestehen, er war zwar teilweise zerrissen, hielt aber doch die nächtliche Kälte etwas von dem Körper fern.
Sie schüttelte entsetzt den Kopf, als sie einen ersten, genaueren Blick auf seine Seite warf.
Wie hatte er bloß den rechten Arm heben können? Diese Seite seines Brustkorbs war völlig zerfetzt. Schuldgefühle brodelten in ihr. Sie hätte nicht zulassen dürfen, dass er sich die Pfeile selbst herausriss. Er hatte anscheinend ohne klare Sicht geschnitten und dann die Pfeile aus seinem Fleisch gezerrt.
Alle drei Eintrittsstellen, verbunden zu einer großen, offenen Wunde, waren tief, heiß und entzündet. Sie hatten nicht im Mindesten angefangen, zu verheilen. Wie denn auch? Mit all dem Dreck darin …
Mit gerümpfter Nase zog sie das blutverschmierte Gras aus der Wunde und spülte