Die Pferdelords 09 - Die Nachtläufer des Todes. Michael Schenk
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Читать онлайн книгу Die Pferdelords 09 - Die Nachtläufer des Todes - Michael Schenk страница 17
Herdur-Mann sah ihn kalt an. „Die Zeit des Königs ist lange vorbei. Der Ruhm Julinaashs ist vergangen. Jetzt hausen Frauen in dem alten Palast und haben die Statuen der Krieger entweiht. Nehmt es hin und ertragt die Schande, eine Frau bedecken zu müssen. Uns bleibt keine Wahl, ebenso wenig wie den Frauen. Wir brauchen Kinder, wir brauchen unsere San, sonst wird das Land endgültig in Vergessenheit versinken.“
Der narbige Krieger übernahm die Spitze, und die Gruppe der fünfzig betrat die alte Brücke. Hinter ihm folgte Sebor-Mann, der schon mehrmals im Land der Frauen gewesen war, und der unerfahrene Gelbat-Mann schloss sich ihm instinktiv an. Im Gegensatz zu Herdur-Mann schien Sebor-Mann weitaus beherrschter und strahlte eine Ruhe aus, die dem jungen Mann Zuversicht einflößte. Eine Zuversicht, die er dringend benötigte, denn er kannte Frauen nur aus den Schilderungen der anderen Männer und wusste nicht, ob er ihren Anblick ertragen würde.
Gelbat-Mann war neugierig und trat näher an das Brückengeländer. Erschrocken zuckte er zurück, als prompt die gescheckten Tentakel eines Dorm aus dem Wasser zuckten und gierig in seine Richtung peitschten.
Sebor-Mann konnte ihn gerade noch zurückzerren und sah ihn strafend an. „Hör auf die Worte, die man dir sagt. Wenn der Dorm dich gepackt hätte, dann wärst du ebenso sicher tot, als wenn du einen Fehler bei den Frauen machst. Richte dich nach den erfahrenen Männern, und du kannst überleben.“
Gelbat-Mann sah den Älteren in einer Mischung aus Dankbarkeit und Schauder an. „Ich habe noch nie einen Dorm aus der Nähe gesehen. Und auch keine Frau“, fügte er rasch hinzu.
„Nun, das wird sich jetzt ändern“, versicherte Sebor-Mann lächelnd und wies zum anderen Ende der Brücke. „Dort kommen die Hüterinnen. Verhalte dich ruhig und denke an die Übereinkunft.“
Eine Gruppe von Frauen wurde sichtbar. Es waren um die Zwanzig, und sie alle waren in die knielangen eng anliegenden Gewänder gehüllt, die in Julinaash von beiden Geschlechtern getragen wurden. Die bauschigen Ärmel schlossen eng um die Handgelenke, ein kurzer Stehkragen hob sich in intensivem Rot von dem zarten Beige des übrigen Bekleidungsstückes ab. Um die Hüften lag ein geflochtener Gurt, von dem mehrere kleine Taschen und die Scheide eines langen Messers hingen. Über Brust und Rücken lag ein metallisch glitzernder Überwurf aus Ketten, die eng miteinander verbunden waren. Der Panzer reichte bis zum Saum des Gewandes und wurde an den Seiten durch Lederriemen geschlossen.
Auf die Entfernung waren die Frauen nur an Haarfarbe und Haartracht zu unterscheiden.
„Was sind das für Stöcke, die sie da halten?“, raunte Gelbat-Mann.
„Keine Stöcke“, erwiderte Sebor-Mann ebenso leise. „Die Übereinkunft mit den Frauen verbietet Fernwaffen wie Bögen oder Speere. Die verdammten Hüterinnen haben sich mit Blasrohren ausgerüstet und so den Vertrag umgangen.“
„Sie haben die Übereinkunft gebrochen?“
„Nein, sie waren nur schlauer als wir. Hinterlistiger, um genau zu sein.“
„Wir könnten auch solche Dinger anfertigen“, brummte einer der anderen.
„Könnten wir“, zischte Herdur-Mann, „aber wir tun es nicht. Solche Waffen sind eines Mannes nicht würdig. Man sieht dem Feind ins Auge, wenn man mit ihm kämpft. Diese Blasrohre sind heimtückisch und passen zu den Weibern. Damit kann man aus dem Hinterhalt töten. Kein Mann käme auf so eine Arglist.“
„Die Legenden berichten, dass wir früher Bögen und Speere besaßen“, meinte Gelbat-Mann.
„Damals hatten wir auch noch einen König und keinen Kronenträger.“ Sebor-Mann stieß den Jüngeren an. „Und jetzt Ruhe. Denk daran, lass dir keinen Widerwillen anmerken, wenn die Weiber dich nun berühren.“
Ein anderer Mann lachte leise. „Bald muss er weit mehr tun, als sich nur berühren lassen.“
„Es gibt Schlimmeres“, meinte Sebor-Mann.
„Du musst es ja wissen“, kam die Erwiderung. „Du gehst ja nun schon zum dritten Mal in die Stadt der Frauen.“
Sebor-Mann nickte. „Man gewöhnt sich daran. Soll ich einen anderen Mann für mich leiden lassen?“
„Ruhe“, zischte Herdur-Mann. „Ich verlange Disziplin von meinen Bullen.“
Die Gruppe der Hüterinnen stand am Ende der Brücke und versperrte den Männern den Weg. Die Gesichter waren unfreundlich, und die Hände lagen an den gefährlichen Blasrohren.
„Es ist die Zeit der Empfängnis“, sagte Herdur-Mann anstelle einer Begrüßung. „Ich bringe fünfzig Bullen, wie die Übereinkunft es verlangt. Gebt den Weg frei, Hüterinnen, damit wir unsere Pflicht erfüllen.“
„Wir werden den Weg freigeben und euch zur Stadt Julinaar eskortieren, wenn wir uns vergewissert haben, dass ihr keine Bedrohung des Friedens darstellt.“ Eine der Frauen, die einen seltsam geflochtenen Lederknoten auf der rechten Schulter trug, deutete mit dem Blasrohr auf Herdur-Mann. „Stellt euch in einer Reihe auf. Wir werden nachsehen, ob ihr verborgene Waffen tragt.“
„Wir halten uns an die Übereinkunft“, knurrte Herdur-Mann.
„Lasst es euch geraten sein“, erwiderte die Anführerin der Wache genauso unfreundlich. „Wir kennen die Heimtücke von euch Männern.“
Vier der Frauen tasteten die Männer mit raschen und kundigen Bewegungen ab. Die Anführerin nickte und machte eine einladende Bewegung. „Geht voraus, Bullen. Ihr kennt den Weg. Weicht nicht von ihm ab. Wir folgen euch und behalten euch im Auge.“
Ja, einige der Männer waren bereits in der Stadt der Frauen gewesen, zudem war der Weg mit Steinen gepflastert und bequem. Er war eine der einst königlichen Straßen, welche die Dörfer und Städte des Reiches Julinaash miteinander verbunden hatten. Nun waren nur zwei Städte und etliche kleine Siedlungen geblieben. Es gab einfach nicht mehr genug Menschen, um das Land wie einst zu bevölkern, und die Übereinkunft zwischen den Geschlechtern hielt die Bevölkerung auf einem nahezu gleichbleibenden Stand. Selbst die beiden großen Städte waren nur noch teilweise bewohnt. Einst hatte es drei Brücken gegeben, die den Strom des Eten überquerten, doch eine von ihnen waren zerstört worden, um den Wechsel zum jeweils anderen Ufer leichter kontrollieren zu können.
Das Land der Frauen unterschied sich nicht von dem der Männer. Dennoch fühlten diese sich sehr unbehaglich. Waffenlos und dem Schutz der Hüterinnen anvertraut, versuchten sie ihre Unsicherheit hinter einer Maske des Gleichmuts zu verbergen.
Gelbat-Mann gelang das nur unvollkommen. Der Anblick der Frauen hatte ihn aufgewühlt. „Sie sehen so anders aus als wir“, raunte er Sebor-Mann zu.
„Natürlich sehen sie anders aus. Es sind schließlich Frauen.“
„Ich wusste ja schon, dass sie Brüste haben“, flüsterte der junge Mann fasziniert, „aber sie haben so wenige Haare. Also, am Körper meine ich. Ihre Haut ist ganz glatt. Sie schimmert wie ein See im Mondlicht.“
Einer der anderen hatte das gehört. „Lass dich nur nicht von ihnen verzaubern. Denke daran, sie sind Frauen. Voller Heimtücke und sehr gefährlich.“
Sie würden mehrere Tageswenden durch das Land der Frauen marschieren müssen, bevor sie Julinaar erreichten. Sie waren darauf vorbereitet, und jeder trug eine Tasche mit Proviant bei