Diener des Feuers. Karin Kehrer

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Diener des Feuers - Karin Kehrer Diener des Feuers

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legte die Steine in den Beutel zurück und steckte ihn in die Tasche seines Wamses. Dann zog er sich aus, zuerst das Wams, dann sein Hemd. Eine Gänsehaut überlief ihn.

      Der Älteste zog amüsiert die Brauen hoch. „Du frierst? Du solltest danach trachten, das Feuer in dir nicht zu vernachlässigen. Sein Zorn könnte sich gegen dich richten.“

      Yal zuckte unmutig die Schultern. „Ich weiß. Aber ich bin erschöpft. Etwas hat einen Teil meiner Gedanken geraubt. Und ich habe mich König Edryc von Findward als Heiler verpflichtet. Doch wie es aussieht, habe ich wohl jetzt ohnehin andere Sorgen.“

      „Ja. Das könnte durchaus sein“, meinte der Älteste abwesend. Er legte seinen Zeigefinger auf Yals nackte Brust, genau unter das Schlüsselbein, vor dem Ansatz des Schultergelenks.

      Yal fühlte die Wärme des Fingers auf seiner kalten Haut. Er wusste, es würde wehtun und biss die Zähne zusammen, um sich gegen den Schmerz zu wappnen.

      Varruk begann eine Zauberformel zu murmeln. Yal schloss die Augen. Eine Welle aus reiner Energie kam auf ihn zu. Sie lief durch den Finger Varruks, traf seine Haut und bohrte sich in ihn.

      Er knirschte mit den Zähnen, um nicht laut aufzuschreien und sog zischend die Luft ein. Unerbittlich setzte der Älteste seinen Spruch fort. Yal merkte, wie seine Knie zu zittern begannen. Tränen traten in seine Augen. Er schluckte und versuchte, sie zu ignorieren, seinen Atem gleichmäßig fließen zu lassen. Rasende Glut fraß sich wie eine Flamme durch die Knochen. Schweiß trat auf seine Stirn, lief in seine Augen. Er biss sich auf die Lippen, schmeckte den metallisch-süßlichen Geschmack von Blut. Begann unkontrolliert zu zittern, als die brennende Pein sich in seinem ganzen Körper ausbreitete, bis in die Spitzen der Finger und Zehen.

      Yal keuchte auf, widerstand mit letzter Kraft der Versuchung, einfach zu Boden zu gehen.

      Varruk beendete den Spruch mit einem Heilsegen. Langsam zog er den Finger zurück. Yal spürte, wie der Schmerz ihn zu verlassen begann und einem leichten Prickeln Platz machte.

      Der Feuermagier legte die Hand auf die Stelle, die er mit seinem Finger gezeichnet hatte und sagte leise: „Gut gemacht, Yal. Ich sehe, du bist deiner Aufgabe würdig.“

      Yal senkte den Kopf. Er brachte kein Wort heraus.

      „Das Zeichen ist perfekt geworden“, meinte Varruk lächelnd.

      Yal schielte auf seine Schulter. Schwarz hob sich das Mal von seiner bronzefarbenen Haut ab. Unzählige Linien, Kreise, die einen Weg formten, der in sieben Umgängen zur Mitte und wieder hinausführte. Das Symbol für Myn Fantrix, für die Unendlichkeit und den Weg des Lebens. Er schauderte. Nun war er gezeichnet und würde keine Ruhe finden, bis er seine Aufgabe erfüllt hatte. Mit steifen Fingern griff er nach Hemd und Wams und zog sich wieder an.

      Eine eigenartige Traurigkeit ergriff von ihm Besitz. Er war ein Heimatloser, ein einsamer Wanderer zwischen den Welten. Das war wohl sein Schicksal, wie das aller magischen Geschöpfe. Er hatte geglaubt, einen Platz zum Ausruhen gefunden zu haben, sich erholen zu können von etwas, von dem er nicht einmal wusste, was es war. Hatte sein Häuschen in Findward lieben gelernt, sich gefreut, endlich ein Zuhause zu haben.

      Er hatte auch die Menschen lieben gelernt, selbst wenn sie nicht vollkommen waren. Seltsam – warum kam ihm das erst jetzt zu Bewusstsein?

      Varruk wartete geduldig, bis Yal fertig angezogen war. So etwas wie ein Lächeln war auf seinem Gesicht, als er sagte: „Ich wünsche dir viel Glück, Yal Rasmon. Möge deine Aufgabe zu einem guten Ende kommen.“

      Yal nickte. Er musterte die Herrinnen und Herren der Elemente. Das Bedauern und die Furcht in Sel Dragmons Miene ließ ihn schlucken. Lalana Yallasirs Gesicht war eine weiße Maske. Die anderen lächelten. Mitleidig, wie ihm schien, oder auch unverbindlich. Sein Schicksal als Marionette Varruks berührte sie nicht wirklich.

      Er hüllte sich in seinen Umhang, verneigte sich und ging.

      *****

      „Was sollte das eben? Du spielst mit uns. Und du hast mir versprochen, den Namen des Mörders zu nennen!“ Lalana Yallasir spuckte vor Wut. Sie riss die Hände hoch und eine Wasserfontäne schoss aus dem Boden, sprühte durch die Halle. Varruk Erasant wich ihr geschickt aus und richtete seine Handfläche gegen den Strahl. Eine Garbe aus orangeroten Flammen fraß das Wasser auf. Heißer Dampf zischte, legte sich auf den Tisch und die acht Stühle.

      „Mäßige dich, meine Liebe“, sagte er in schleppendem Tonfall. „Ich bin stärker als Madryl, mich kannst du nicht am Gängelband führen. Außerdem scheinst du mir nicht richtig zugehört zu haben. Ich habe niemals etwas versprochen. Erinnere dich!“

      Vielleicht. Vielleicht auch nicht, lachte Varruk in ihren Gedanken.

      Ein heißer Pfeil schoss durch Lalanas Kopf. Sie stöhnte auf.

      „Weißt du es wieder?“

      Sie nickte, noch immer stöhnend.

      Varruk strich mit der Hand sanft über ihre Stirn. „Es tut mir leid. Ich weiß, wie groß dein Verlust ist und wie sehr du leidest. Aber ich habe auch für dich eine Aufgabe. Das wird dich ein wenig von deinem Kummer ablenken.“

      „Welche Aufgabe?“ Lalanas Gesicht wirkte plötzlich grau und eingefallen, um viele Jahre gealtert.

      „Du kannst in Findward bleiben, du liebst doch diese Gegend, nicht wahr? Achte auf den Jungen.“

      Ein rosiger Hauch erschien auf Lalanas Wangen. „Yal Rasmon? Wer ist er?“

      Varruk zuckte mit den Schultern. „Das ist nicht von Belang für dich. Er ist außergewöhnlich in jeder Hinsicht, du wirst aufpassen müssen.“

      Lalanas Blick schweifte in die Ferne. „Er erinnert mich an Madryl“, murmelte sie.

      „Das dachte ich mir. Nun – vielleicht könnte es dir Spaß bereiten, ihn nach deinem Willen zu formen. Doch sollte er seine Aufgabe deswegen nicht vergessen.“

      „Du benutzt ihn als deinen willigen Diener, oder? Und du scheinst ihn zu kennen. Hast du ihn schon öfters mit irgendwelchen Aufgaben betraut?“

      In Varruks gelben Augen erschien ein wachsamer Ausdruck. „Wie kommst du darauf? Er war einer meiner Schüler und hatte Schwierigkeiten, das ist alles.“

      Lalana wich seinem Blick aus und hob die Hände. „Nur so ein Gedanke. Ich nehme an, es kommt daher, dass ich mich frage, woher du die Abbilder der Elementsteine hast. Ich wusste nicht, dass sie in deinem Besitz sind. Madryl hat mir ihr Versteck nicht verraten.“

      Der alte Magier lächelte. „Nun, vielleicht hat es damit zu tun, dass ich ein Feuermagier bin und du nicht. Du solltest dir im Übrigen deinen schönen Kopf nicht über Dinge zerbrechen, die dich nichts angehen.“

      Lalana schnappte hörbar nach Luft. „Du …“

      Varruk schnitt ihr mit einer energischen Handbewegung das Wort ab. „Still. Du wirst deine Rache bekommen. Aber noch nicht jetzt.“

      Ein Fauchen entwich der Wassermagierin. „Ich werde dich daran erinnern, Herr des Feuers, darauf kannst du dich verlassen!“

      Sie wirbelte um ihre eigene Achse und verschwand in einer Gischt aus bläulichem Wasser.

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