CFS/CFIDS/ME. Hanspeter Hemgesberg
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Mit einer Textwidergabe aus dem ‚Pschyrembel’ habe ich begonnen; es gebietet die Fairness der kompletten Textwidergaben, dass nunmehr zum Thema CFS noch das „Lexikon der Medizin“ (Springer Verlag) zu Wort kommen soll und wird. Hier heißt es: ...
... „ätiologisch ungeklärtes Syndrom, das durch anhaltende oder rezidivierende Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Depression, Nachtschweiß u.ä. gekennzeichnet ist; ein Teil der Autoren vermutet einen Zusammenhang mit Virus-Infekten (deshalb oft auch als postvirale Müdigkeit oder myalgische Encephalitis bezeichnet), während andere Autoren auf psycho-dynamische Faktoren verweisen (Stress, Zeitdruck, Erfolgs-Zwang, oft bei selbstunsicheren, sensiblen, abhängigen Menschen); bisher gibt es keine allgemein anerkannte Therapie“ ...
Schon näher dran an der Realität, aber immer noch vorbei am Ziel!
Soviel dazu!
Eine gegenwärtige Arbeitshypothese:
Es wird angenommen, dass unser menschl. Genom im Laufe der Evolution mit und von unzähligen Retroviren „durchseucht“ wurde. Von Viren, die zum allergrößten Teil längst nicht mehr infektiös wirken. Sie könnten aber die Existenz von sogen. „springenden Genen“ [= Transposon; d.s. DNA-Abschnitte bestimmter Länge im Genom. Es umfasst ein oder mehrere Gene und hat die Fähigkeit, seine Lage im Genom zu verändern (Transposition). Zu unterscheiden ist zwischen von RNA und von DNA gebildeten Genomen. Transposons sind, wenn sie autonom sind, also ihre „Werkzeuge zum Springen" selbst mitbringen, oftmals von kleinen Wiederholungssequenzen (repeats) umgeben, die für die Transposition notwendig sind. Je nach Art des Transposons sind diese gleichgerichtet (direct repeat) oder gegenläufig (inverted repeat)] erklären. Da dieser Prozess durch die fehlende Proof-reading-Fähigkeit der Reverse Transkriptase relativ ungenau ist, erfolgen häufige Mutationen des Virus. Diese ermöglichen eine schnelle Anpassung des Virus an antivirale Medikamente und damit eine Ausbildung von Resistenzen.
Anmerkung:
Es darf aber nicht verschwiegen sein, dass in der Wissenschaft derzeit heftig & kontrovers über XMRV als zumindest Co-Ursachen-Faktor für CFS diskutiert wird.
Die derzeitige mehrheitliche Meinung ist die, dass XMRV wahrscheinlich nicht Mitauslöser für ein CFS ist.
Zu den Retroviren gehören die HTLV [Humanes T-Lymphotropes Virus; bisher beim Menschen bekannt 4 Typen] und HIV [Humanes Immun-Defizienz-Virus].
Wissenschaftliche Erkenntnisse aus letzter Zeit
Bei CFS-Kranken ist die Fähigkeit, adäquat auf Stress zu reagieren, mehr oder weniger stark abgeschwächt.
Das heißt, dass die angepasste Ausschüttung von Glucocorticoiden und von Katecholaminen () gestört ist; dies haben Forschungen von Bates, Berg, Bieger, Behan und auch von Chaudhari im letzten Jahrzehnt herausgefunden.
Eine Erklärung hierfür ergibt sich durch die enge Verknüpfung und Kommunikation der Hormon-Verbund-Achse von „Hypothalamus, Hypophysenvorderlappen, Schilddrüse, Nebennierenrinde & Gonaden“ – mit Minderung CHR Corticotroping Releasing Hormone), ACTH (Adreno-Corticotropes Hormon), Cortisol und Testosteron () – mit dem sympathischen Nervensystem (sNS ()) im Hirnstamm bei Reizeinwirkung.
Ferner gibt es deutliche Hinweise dafür, dass ‚psychischer Stress’ direkt Einfluss auf hypothalamische Kernbereiche nehmen kann.
Außerdem bestehen Interaktionen zum Immunsystem:
Dopaminerge, serotinerge und adrenerge Zentren im Gehirn sind mit einem dichten Geflecht von Zytokin-Rezeptoren (insbesondere Interleukin-1 und -6, Tumor-Nekrosefaktor alpha) ausgestattet; andererseits verfügen Immunzellen über Rezeptoren für Hormone und Neurotransmitter (Botenstoffe; s. {}).
So erklären sich Wechselwirkungen zwischen den ‚zentralen Regulations-Systemen’ des Körpers: ZNS/Autonomes Nervensystem, Immunsystem, hormonelles System. Zentral wie peripher einwirkende Stressoren (Stress-Faktoren) können die Ausschüttung von Zytokinen aus Immunzellen im ZNS und Peripherie induzieren und die HPA-Achse aktivierten mit der Folge: die Immunabwehr, die hormonelle Regulation und die neuro-mentale wie psychische Befindlichkeit und Stabilität werden nachhaltig beeinflusst. Zudem bestehen Interaktionen zwischen der Hormonverbund-Achse mit der adrenalen, der Wachstums- und der Schilddrüsen-Achse (Untersuchungen von u.a. Berg, Bieger, Demitrack und Elenkov).
Fazit:
Beim CFS findet sich fast immer eine Störung der „neuro-endokrinen Stress-Response-Achse“ i.S.e. Dysfunktion.
Zurzeit geht die Wissenschaft davon aus, dass der Hypothalamus {} im Zentrum der Funktionsstörung steht. Eine zentrale CRF-Blockade (CRF = Corticotropin-Releasing-Factor) wird angenommen, infolgedessen ACTH (Adreno-Corticotropes Hormon * {}) und Cortisol erniedrigt sind.
Folgerung:
Das macht es dann logischerweise erforderlich, das gesamte Endokrinum mit allen Achsen unspezifisch zu modulieren und zu stabilisieren (s. entsprechende Therapie) und in physiologische Balance und bestmögliche Funktionalität zu bringen!
Dr. Robert J. Suhadolnik [Biochemiker – Temple University, Philadelphia (PA)] hat seit zehn Jahren die Rolle der induzierbaren Interferon-Enzyme (2'-5' Oligo-Adenylat-Synthetase, RNase L [= Ribonucleinase L-Protein] und das doppelsträngige RNA-abhängige Protein Kinase) im Zusammenhang mit der Krankheit „CFS“ untersucht. 1996 entdeckten Dr. Robert Suhadolnik und seine Mitarbeiter/-innen ein neues 2'-5'A-bindendes Protein, dessen biochemische Eigenschaften mit RNase L vergleichbar sind. Dieses neu entdeckte Protein hat ein niedrigeres Molekulargewicht als native RNase L und wird als Low Molecular Weight (LMW) 2'-5'A-bindendes Protein bezeichnet. Das native RNase L-Protein wird dementsprechend als High Molecular Weight (HMW) bezeichnet.
In Zusammenarbeit mit den Klinikern Daniel Peterson und Paul Cheney konnte Dr. Suhadolnik das Vorhandensein des LMW-Proteins bei einer Reihe von CFS-Patienten nachweisen.
Seine Ergebnisse wurden in einer unabhängigen Untersuchung durch Dr. Bernard Lebleu (Institut für Genetische Molekularmedizin der Universität Montpellier, Frankreich) in Zusammenarbeit mit dem Kliniker Kenny De Meirleir von der Freien Universität Brüssel (Belgien) bestätigt.
In der Diagnostik(möglichkeit) hat die Forschung/Wissenschaft einen großen Fortschritt zu verzeichnen.
Ob es allerdings ein ‚Quantensprung’ sein wird und ist, das muss erst noch die nächste Zukunft zeigen. Mehr als ein Hoffnungsschimmer – die Diagnose „CFS“ nunmehr deutlich rascher und mit weit geringerem Aufwand und somit Belastung für den Kranken eindeutig stellen zu können – ist es aber bereits heute allemal!
Es handelt sich dabei um eine Quantitative Messung von RNase L-Proteinen.
[Anmerkung:
Ribonukleasen