Federträger. Yves Holland
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Fandor beugte sich hastig über die Lederhäute und schrubbte sie mit aller Kraft ab. Jetzt war es besser, nichts zu sagen, denn alles konnte Mome Iras Zorn nur noch mehr anfachen, aber bestimmt nicht besänftigen. Er blickte verbissen nach unten und bearbeitete mit aller Gewalt einen hässlichen matschigen Fleck, von dem er unmöglich ausmachen konnte, was ihn verursacht hatte. Eigentlich wollte er es auch gar nicht so genau wissen. Ihm wurde leicht übel, und er machte die Augen zu, während er den Fleck aufweichte.
Das Thingzelt würde riesengroß werden, wenn es denn endlich zum Stehen käme, und sie waren spät dran mit dem Aufbau, zugegeben, aber alles würde rechtzeitig fertig werden, wie immer.
Mome Ira, sonst die Ruhe selbst, war vor dem Sonnwendfeuer, der großen Feier und dem gleichzeitig stattfindenden Thing wie eine rasende Bussardmutter. Sie plante wie ein ganzer Ameisenstaat, hatte alles und alle im Griff und bewies wie jeden Sum ein Organisationstalent, um das sie mancher der Clanobersten beneidete. Mome Ira war das heimliche Stammesoberhaupt diese Woche, und sie genoss es. Wenn sie bloß nicht so schroff und übellaunig wäre, wenn mal nicht alles nach ihrem exakt ausgetüftelten Plan verlief.
Fandor machte sich so unsichtbar, wie es eben ging und arbeitete weiter. Die Sonnwendfeier! Das Thing! Alle waren aufgeregt, aber Thorn und Fandor, die beide dieses Mal ihr Schwert überreicht bekommen sollten, ganz besonders.
Sie waren fast gleich alt, aber Thorn hatte schon Schultern breit wie der Stamm einer Roteiche und Muskeln sehnig wie Bogenholz, mit denen Fandor nicht im Geringsten mithalten konnte. Auch hatte sich bei Thorn schon ein schattiger Flaum im Gesicht eingenistet, der auf baldigen Bartwuchs schließen ließ.
Fandor seufzte. Und wie sah er aus? Klein und schmächtig wie ein Tschilp, glatt wie ein Bachkiesel, hellhäutig, nur seine Stimme war, Jooba sei Dank, schon die eines Mannes. Wenigstens etwas. Auch wenn sie sich hin und wieder noch überschlug wie der Roller eines Steppenhahns. Aber das würde vergehen, und wenn es ihm passierte, was nicht mehr so oft vorkam, räusperte er sich immer schnell, als wenn er etwas in die falsche Kehle bekommen hätte.
„Fandor! Ja, ist es denn die Möglichkeit! Was habe ich gerade zu dir gesagt?“ Mome Ira musste sich wieder angeschlichen haben. „Wir sind in Eile! Bist du bald fertig mit dem bisschen Sauberwischen?“ Sie baute sich dräuend wie eine Gewitterwand vor ihm auf. „Ich kann doch nicht die ganze Zeit auf alle aufpassen. So werden wir nie rechtzeitig fertig!“
Fandor zuckte schuldbewusst zusammen. Er schrubbte doch tatsächlich immer noch an diesem unansehnlichen Fleck herum und war keinen Fuß weitergekommen mit der Plane. „Entschuldige, Mome Ira“, murmelte er stotternd, „ich bin gleich fertig.“
Ira blickte ihren Sohn lange mit einem sonderbaren Blick an, seufzte dann leise, schüttelte den Kopf und ging, ohne einen weiteren Rüffel verteilt zu haben, ihrer Wege. Fandor sah ihr erstaunt nach. Er hatte bei Jooba keine Ahnung, was das nun wieder bedeuten sollte.
Huson war dem eintönigen Restaurieren und Säubern der Papyrusrollen entkommen! Er konnte es noch gar nicht fassen, dies war ein echter Glückstag für ihn. Bruder Pak hatte den Novizen nach der Hochsonnandacht mit der Aufgabe betraut, der Edlen Malvea von Grünberg eine Botschaft zu überbringen.
Huson, dessen Augen verräterisch zu leuchten begannen, als Bruder Pak ihm den Brief für Malvea übergab, senkte rasch den Blick, damit Pak nicht sehen konnte, wie sehr er sich über diesen Auftrag freute. Dabei war sich Huson nicht einmal sicher, ob Pak daran überhaupt etwas schlimm gefunden haben würde. Es war Husons eigene Ansicht, dass ihm als Novizen keine Vergnügungen zustünden, und er legte sich gleich zur Buße eine halbe Stunde mehr Kampftraining für den Abend auf. Und daran würde er festhalten. Aber später. Jetzt ging es zuerst in die Stadt!
Leichtfüßig sprang Huson den in der Nachmittagssonne liegenden Berg hinunter, auf dessen Gipfel die Klostermauern steil und beeindruckend gen Himmel ragten. Die Klosteranlage lag auf einem einzeln vorgelagerten Berg, der zwar schon zur Kette der Himmelsberge gehörte, diese jedoch nach Norden hin begrenzte, und zur Stadt durch einen kleinen Taleinschnitt getrennt war. Grünberg selbst lag auf dem ersten der dicht aneinander gedrängten Felsen, welche das eigentliche Himmelsmassiv bildeten.
Huson hatte die Kutte etwas gerafft, um schneller laufen zu können, denn er wollte keine Zeit in der Natur verlieren, die ihn nicht so sehr interessierte wie die Stadt, in der es immer etwas Interessantes zu sehen und zu entdecken gab. Er war schon leicht außer Atem, als er über die Brücke rannte, die über das Grüntal führte, aber er nahm den erneuten Anstieg zur Stadt in Angriff, ohne eine Pause eingelegt zu haben.
Hier vor den Stadtmauern war die Straße schon ziemlich voll. Überall rollten Fuhrwerke mit allerlei Gütern, die reisende Händler in die Stadt brachten oder aus Grünberg ausführten, um mit ihnen in andere Städte zu fahren oder entlegene Bauerngüter oder Bergdörfer zu besuchen.
Huson half einem Mann mit Fuhrwerk, dessen Pferd kaum die Bergstraße hinaufkam, den Wagen zu ziehen, denn die letzten fünfhundert Fuß vor dem nördlichen Stadttor waren sehr steil. Der Mann, ein einfacher, schlicht in braunes Tuch gekleideter Bauer von einem der Stadt vorgelagerten Höfe im Grüntal, freute sich sichtlich, dass Huson ihm seine Hilfe anbot. Er knurrte aber trotzdem nur einen mageren Dank in seinen Bart, über den Huson sicher enttäuscht gewesen wäre, wenn er nicht bereits von seinen diversen Ausflügen in die Stadt gewusst hätte, wie wortkarg die Bauern des oberen Grüntals eben nun einmal waren. Ein geknurrter Dank aus einem Bauernmund war schon eine kleine Ehrerbietung, das war Huson klar, und so lächelte er, als sie oben angekommen waren und der Bauer mit seinem Karren wieder seiner eigenen Wege ging.
Huson überlegte schnell, was er nun machen sollte.
Er entschied sich, zuerst die Botschaft zu Malvea von Grünberg zu bringen und dann ein wenig durch die verlockend riechenden Gassen und über die bunten Marktplätze mit ihren Gauklern und Sängern zu gehen.
Nachdem Huson die mürrische Stadtwache passiert hatte, die ihm leicht zunickte, ging er die Anhöhe zum Hause derer von Grünbergs hinauf, wo er noch einmal nachlässig kontrolliert wurde. Man kannte ihn hier bereits. Er wurde in die Halle vorgelassen, wo er nach einigen Momenten des Wartens von der jungen Malvea von Grünberg, der Tochter des Stadtherren Olerich von Grünberg, begrüßt wurde. Sie kam wenig damenhaft die große Treppe heruntergesprungen und rief schon von ganz oben: „Huson, schön dich zu sehen.“
Ihre langen, glatten, offen getragenen braunen Haare wehten hinter ihr her, und ein aufrichtiges Lächeln spielte um ihre edlen Gesichtszüge, die denen des Stadtherrn, Olerich von Grünberg, so ähnlich waren. Huson strahlte sie an. Er kam gerne hierher, um Botengänge zu machen, denn die Edle Malvea behandelte ihn immer sehr nett. Er fühlte sich willkommen in ihrer Nähe.
Sie winkte ihm näher zu kommen, und in ihren hellbraunen, fast bernsteinfarbenen Augen blitzte der Schalk. „Setz dich und trink einen Krug Wein mit mir.“ Huson strahlte noch breiter. Dankbar setzte er sich. Das Haus des Stadtherren war prächtig eingerichtet, und die Stühle waren weich gepolstert, luden ein zu Gemütlichkeit und Muße, nicht so wie die harten Holzbänke im Kloster. Der Raum war angenehm kühl.
Malvea bot ihm immer Wein an, denn sie wusste, dass Huson im Kloster öfter mit Wasser als mit Wein verköstigt wurde. Hier, so fand sie, sollte er es sich