Was für Ticker ist ein Politiker. Marion Wolf

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Was für Ticker ist ein Politiker - Marion Wolf страница 3

Was für Ticker ist ein Politiker - Marion Wolf

Скачать книгу

mahlen. Manchmal scheinen sich Richter als Marionetten der Beklagten zu gerieren. Zügiges Vorgehen und sich kurz und klar auszudrücken scheint Juristen ohnehin unbekannt und obendrein gibt es viel zu viele Fälle zu bearbeiten, was nicht der Fall wäre, wenn in den Amtsstuben Gesetzestreue und Gerechtigkeitssinn herrschte…

      Doch dieser Trott wird unermüdlich fortgeführt.

      Fortschrittsgläubige sind oft blind, wenn es darum geht, die Folgen von Neuerungen zu bedenken. Oder glauben Sie, die Bevölkerung der Nachkriegszeit hätte dem Bau von Kernkraftwerken zugestimmt, wenn sie über Risiken und Abfallprobleme aufgeklärt worden wäre und man sie gefragt hätte, ob sie dieses Wagnis eingehen wollte?

      In den 60igern beschlossen Politiker und Großkapitalisten die Einführung der riskanten Technologie über die Köpfe des Volkes hinweg und in gezielten Presse-Erklärungen wurde Kernkraft als großer technischer Fortschritt bejubelt.

      Der Mensch beherrscht die Natur,

      bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.

      Albert Schweitzer

      Um die zukünftige Elite auf ihre Seite zu ziehen, wurden wir in der 11. Klasse ins Kernkraftwerk Ohu geladen, wo uns nach dem Rundgang bei Häppchen und Limo Atom-Energie als Meilenstein der Technik angepriesen wurde. Eine mögliche Havarie wurde auf Nachfrage als Restrisiko im Promillebereich abgetan. Nur 20 Jahre später verseuchte der Supergau in Tschernobyl 150.000 km2 und im Berchtesgadener Land fiel radioaktiver Hagel mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren. Mein Kopf bekam von der Strahlung was ab, weil ich während des Unwetters auf den Balkon ging, um meine Blumen vor den Hagelkörnern zu schützen. Meine kleine Tochter lief mir mit offener Schlafanzugjacke bis zur Balkontür hinterher und bekam dort Rötungen, wo die nackte Haut rausgeschaut hatte.

      Jahrelang spürte ich einen ominösen Druck auf den Kopf, später wurde eine geschrumpfte Hirnrinde festgestellt, doch kein Arzt räumte ein, der unerklärliche Befund sei auf die radioaktive Strahlung zurückzuführen. Ich bekam ein Medikament verordnet, um die Hirndurchblutung zu verbessern und alles schien gut.

      Doch nach der hirnrissigen Gesundheitsreform wurde das nebenwirkungsfreie Mittel nicht mehr bezahlt. Das kostenfreie Folge-Medikament enthielt einen weiteren Stoff, der eine Schaltstelle meines Hirns lahmlegte. Ich bekam Wahnvorstellungen, baute einen Unfall und wurde verurteilt.

      Ein Jahr hatte ich keinerlei Gefühle mehr, meine Kreativität war verschwunden, mein Kurzzeitgedächtnis setzte aus und alte Erinnerungen waren weg. Seitdem brauche ich Ginkgo-Präparate zur besseren Durchblutung der Hirnrinde und dank hochdosiertem Vitamin B12 und Übungen konnte ich alle Hirnfunktionen wieder erlangen. Sobald ich die Pillen längere Zeit absetze, bekomme ich wieder Aussetzer.

      Staatliche Stellen haben auf die Meldung dieser eklatanten Nebenwirkungen jahrelang nicht reagiert, die letzte hat mich mit Allgemeinplätzen abgewiegelt. Die Pharma-Firma weist jede Verantwortung ab, die Folgekosten darf ich allein tragen. Eine junge Ärztin bestätigte später die Symptome.

      Als ich durch einen mit einem Desinfektionsmittel (das man roch) belasteten Lebkuchen krank wurde, wiegelte mich der Hersteller ab und das Gesundheitsamt zeichnete nicht zuständig. Ein andermal floss beim Garen extrem viel Wasser aus den Rouladen und nach dem Genuss bekam ich – längst in der Menopause – Schmierblutungen. Mein Arzt bestätigte die Vermutung, die Rinder seien mit Hormonen behandelt worden. Der Hersteller schickte als Wiedergutmachung ein Geschirrtuch und drohte im Begleitschreiben mit seinen Anwälten, wenn ich das öffentlich behaupte…

      In was für einem Staat leben wir eigentlich? Warum gibt es kein staatliches Labor, wo Bürger auffällige Lebensmittel einsenden können, um verbotene Substanzen festzustellen? Erweist sich die Vermutung als richtig, müsste doch sofort eingegriffen werden, um die Ursachen zu beseitigen. Doch den Staatsorganen liegen die Profite der Wirtschaft offenbar mehr am Herzen, als die Gesundheit des Volkes…

      Hippie-Bohème

      Zurück ins München von 1968: Bei der nachfolgenden Rundfahrt imponierte mir der Baustil des Maximilianeums, die Bavaria erschien mir als bairische Freiheitsstatue und das neugotische Rathaus gefiel mir sehr. Nur die Suppe im Hofbräuhaus schmeckte fad. Durchs Siegestor neben der Universität spazierten wir zur Leopoldstraße, wo Studenten der Kunstakademie Bilder und Kunsthandwerk unter den Alleebäumen anboten. Verzaubert von der Künstlerszene beschloss ich, nach dem Abitur in München zu studieren.

      München wurde für den Rest meiner Schulzeit das Ziel meiner Sehnsüchte. Wenn Scott Mc Kenzie im Radio von 'San Franzisco' sang, träumte ich, über den Schwabinger Freiluft-Kunstbasar zu schlendern und in den Hörsälen am Geschwister-Scholl-Platz meine Wissbegier zu befriedigen. Amerika war weit weg und die Landeshauptstadt so nah…

      Im 3. Programm liefen Bilder aus der Schwabinger Hippie-Szene – ich konnte es kaum erwarten, dem fränkischen Kleinstadtmief zu entfliehen…

      Während ich noch fürs Vorabitur büffelte, begannen die Studentenrevolten. Wir Kleinstadtmädchen müpften in der Schule recht gesittet auf, doch ein ewig gestriger Lehrer wollte sich nicht auf kritische Gespräche einlassen und floh aus dem Klassenzimmer, als fürchte er um Leib und Leben – dabei hatten wir Mädels von ihm nur höflich einen anspruchsvolleren Sozialkunde-Unterricht gefordert…

      Im Fernsehen sah ich, wie Demonstrationen der APO und des SDS von der Polizei niedergeknüppelt wurden.

      Was dachten sich die Politiker dabei? In der Schule wurden wir auf demokratische Werte hin getrimmt, lasen Dramen von Brecht und Dürrenmatt – doch sobald wir die Verhältnisse von hier und jetzt anprangerten, wurden wir autoritär abgewiegelt.

      Kritik war nur an vergangen Zeiten erlaubt, dafür wurden uns die Gräuel des Dritten Reichs vor Augen geführt – doch vom Eichmann-Prozess abgesehen wurden Täter kaum verfolgt und die Mächtigen im Lande dachten weiterhin in autoritären Kategorien, wie zu Kaisers Zeiten. Wer sich dem nicht unterwarf, wurde als Staatsfeind angesehen. Und von dieser Willkür-Mentalität ist bis heute in manchen Amtsstuben noch einiges zu spüren…

      Folge dieser rechtsradikal handelnden Staatsgewalt war eine linksextreme Gegengewalt in Form der RAF, die vom Staat mit Hysterie bekämpft wurde, während altvordere Nazis ungestört auf Waldfesten ihre Parolen trällerten und sich heimlich bewaffneten. Ein linksliberaler Jugendfreund war dazu eingeladen, weil er einen adligen Namen trug und man ihn deshalb als Gleichgesinnten ansah. Er gab sich nicht als Andersdenkender zu erkennen, genoss üppige Festessen, wurde mit den Töchtern der Gastgeber bekannt gemacht und gewann Einblicke in Geheimbünde, aus denen die NPD hervorging.

      Der BND beobachtete das Treiben, schritt aber nicht ein. Wären Politiker damals nicht auf dem rechten Auge blind gewesen, sondern hätten den Anfängen gewehrt, hätte die braune Saat im Westen nicht erneut Früchte getragen…

      Die Justiz der Weimarer Republik ließ einen Adolf Hitler einst frei, statt ihn wegen aufrührerischer Machenschaften hinzurichten. Den Zweiten Weltkrieg und die Auswüchse in den Konzentrationslagern, wie auch die heutige Nazibrut haben wir demokratiefeindlichen Richtern zu verdanken.

      Fehlurteile sind bis heute an der Tagesordnung und das Winkeladvokatentum treibt seine Blüten – doch Studenten der Jurisprudenz auf ihre Gesinnung hin zu prüfen, ist noch keinem Politiker eingefallen. Dabei gibt es genügend schwarze Schafe, die dreisten Rechtsbruch begehen.

      Das Recht darf die Gerechtigkeit nicht beugen!

      Wie ticken Menschen?

      Man glaubt es kaum, auch Politiker sind Menschen. Bei manchen merkt man das – Norbert Blüm ist so ein netter Feger und

Скачать книгу