Was für Ticker ist ein Politiker. Marion Wolf

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Was für Ticker ist ein Politiker - Marion Wolf

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Geister kennen keine Eigenverantwortung.

      Sie legen ihr Wohlergehen lieber in die Hand des Partners, einer Gottheit, eines Gurus, oder des Staatsoberhaupts, das für sie Entscheidungen trifft. Ist solch ein Untertanengeist mit seinem Los unzufrieden, sind natürlich andere schuld – was Volksverhetzern Tür und Tor öffnet. Ansonsten wird über das scheinbar unausweichliche Schicksal gejammert.

      Kriminelle suchen gezielt nur nach dem eigenen Vorteil und scheren sich nicht die Bohne um Recht und Gesetz.

      Leute mit solchen Denkweise sind nicht demokratiefähig. Deshalb muss uns daran liegen, geistig und seelisch intakte Menschen großzuziehen, die selbständig denken können.

      Es fragt sich also:

      Wie entwickelt sich ein Kind am besten?

      Was sollten Eltern tun und was vermeiden?

      Welche Regeln müssen gelten,

      um moralisch einwandfrei zu ticken?

      In erster Linie sollte ein Kind von Eltern und Umfeld vorbehaltlos angenommen zu werden. Schenkt eine unreife Mutter ihrem Sprössling kaum Beachtung, weil für sie das Vergnügen wichtiger ist, als das Wohlergehen des hilflosen Säuglings, kriegt das Baby einen Knacks ab. Es kann kein Urvertrauen entwickeln und scheut sich später, Freundschaften einzugehen. Wann immer so ein Mensch zu einer Person Nähe aufbaut, beschleicht ihn gleichzeitig die Furcht vor Enttäuschung – und je größer die Zuneigung, desto stärker ist die Angst vor Zurückweisung.

      Fatalerweise hat ein seelisch vernachlässigtes Kind einen großen Nachholbedarf an Liebe und ist dadurch leicht zu beeinflussen – ein gefundenes Fressen für hinterhältige Verführer. So gerät eine geschundene Seele in Abhängigkeit von Leuten, die ihre Zuneigung schamlos ausnutzen. Mir fiel das auf, wenn ich als Studentin an der Leopoldstraße entlang lief. Immer, wenn es mir schlecht ging, wurde ich von Typen angelabert, die auf den Bänken herum lungerten und Ausschau nach Opfern hielten.

      Fallen unglückliche Menschen auf solche Gefühlsgeier rein und durchschauen zu spät das falsche Spiel, fürchten sie oft Widerstand zu leisten, weil sie Angst davor haben, allein zu bleiben. Sie zahlen einen hohen Preis für ihre Scheu, Ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen.

      Manche verfallen in ihrer Verzweiflung in Promiskuität, weil sie Sex mit Liebe verwechseln. Die Sehnsucht nach Zuneigung führt bei Selbstbewussten oft auch dazu, sich als Angeber aufzuspielen, hochnäsig herumzuzicken, oder mit bizarren Frisuren und schrulligem Verhalten aufzufallen.

      Ängstliche Naturen entwickeln sich manchmal auch zu Vollkommenheitsfanatikern, die ihr inneres Gleichgewicht davon abhängig machen, unangreifbar zu sein. Bei jeder kleinen Blöße befürchten sie ihren Untergang und sobald jemand etwas an ihnen bemängelt, drehen sie durch.

      Sorgfältige Arbeit verdient Anerkennung, übertriebener Ehrgeiz hingegen stresst die Seele, nervt die Umwelt und gebiert Eigenbrötlerei. Ein gesundes Selbstwertgefühl hingegen macht Leute gelassen und lässt Selbstkritik zu.

      Die gleichen Folgen hat die Ablehnung von Verwandten, Nachbarn, Spiel-, Schul- oder Sportskameraden:

      Wird ein Kind gehänselt, weil es abweicht – ob es nun eine schiefe Nase, schäbige Kleidung, ein Gebrechen oder eine fremde Herkunft hat – wächst es in der Vorstellung auf, minderwertig zu sein und wird sich deshalb nichts zutrauen – oder aber ständig auf sich aufmerksam machen wollen: Der notorische Störenfried oder Klassenkasper.

      Schlimmstenfalls sinnt so ein Außenseiter auf Rache und kapselt sich in seine eigene Wunschwelt ab – der Beginn krankhafter Machtgier, religiöser Wahnideen, ideologischer Verbohrtheit oder einer Verbrecherlaufbahn.

      Stecken schon die Eltern voller Komplexe, übertragen sie ihre Ängste aufs Kind. Mit der Geschlechtsreife wurde nämlich noch keiner im Kopf erwachsen ‒ dazu bedarf es gründlicher Denkprozesse. Andre nehmen bescheidene Verhältnisse hin, wiegen sie mit Proletenstolz auf und erwarten, dass ihr Kind darin verharrt. Damit verbauen sie intelligenten Nachkommen die Karriere. Es gibt auch heute noch Arbeiter und Bauern, die hoch begabten Kindern eine höhere Schule oder ein Studium verweigern, weil der Nachwuchs nichts Besseres werden darf, als sie selbst.

      Bevormundung durch Eltern, die ihre Macht ausspielen, obwohl es ihnen am Durchblick fehlt, hat arge Folgen:

      Ein Mädchen beklagte bei gf ihre Angst vor Eltern, die sie bevormunden und rechthaberisch anschreien, weil sie sich mit Elektronik besser auskennt und nur helfen wollte. Sie fragte, was mal aus ihr werden soll, wenn sie sich nicht mehr traut, ihre Meinung zu sagen. Elternrecht darf nicht willkürlich ohne jegliche Kompetenz ausgeübt werden!

      Selbst wenn ein Kind aus kleinen Verhältnissen studiert, sucht es nach Möglichkeiten, sich hervorzutun:

      Anfang der 70iger Jahre lief im AK-Film des Olympiadorfs eine Studentin mit Turban herum, wie die Filmdiven der Vorkriegszeit. Sie stammte aus dem Arbeitermilieu und wollte mit ihrer albernen Aufmachung offenbar betonen, zu Höherem berufen zu sein. Zur Wende stolzierten zwei hässliche Mädchen aus dem Osten in ähnlichem Aufzug durch ein Kuhdorf nahe Salzburg und kamen sich toll vor, weil sie nun im Westen zur Schauspielschule gingen.

      Ein junger Assistenzarzt in einer Kurklinik trank in jeder Mittagspause mit den Schwestern Sekt, riss pausenlos Witze und sonnte sich in Bewunderung. Dass bei dem Gejohle die Patienten ringsum keine Ruhe fanden, kam ihm nicht in den Sinn. Eine Benimmschule an Universitäten wäre wohl bei vielen zukünftigen Akademikern angebracht…

      Bestimmt das Wunschdenken akademischer Eltern den Bildungsweg der Sprösslinge, kann das genauso auf Abwege führen, denn ein eher handwerklich begabtes Kind kann durch schulische Überforderung in Verzweiflung geraten oder sich hochmütig überschätzen und nach Fehlschlägen den Halt verlieren. Manche hangeln sich dann mit Hilfe von Ghostwritern für Diplomarbeiten durch.

      Typisch für die Vermessenheit verzogener Kinder sind jene voice-kids, die gleich damit prahlen, siegen zu wollen und bereits bei der blind audition durchfallen.

      Männer, die sich minderwertig fühlen, verunsichern gern Frauen, indem sie deren Fähigkeiten verächtlich machen oder grundlos an ihnen herum mäkeln. Mein Ex hatte für meine Studienerfolge nur ein abschätziges „so?“ übrig, ein Mann mit 10kg Übergewicht bekrittelte meine Idealfigur.

      Offenbar putscht herablassendes Getue ein geringes Selbstwertgefühl auf – nett zu intelligenten Frauen sind nur kluge Männer, die keinen Grund sehen, an sich zu zweifeln.

      Ein besonderes Problem sind überbehütende Mütter: Aus Angst, dem Nachwuchs könne ein Unheil geschehen, wird das Kind ständig ausgebremst. Jede sich bietende Möglichkeit, sich auszuprobieren und oder durch Erfolgserlebnisse Selbstbewusstsein zu entwickeln, wird dem Kind verwehrt. Hier ein Beispiel:

      Auf dem Spielplatz am Schliersee hielt ich meiner 15 Monate alten Tochter hilfreich die Hand unter den Hintern, als sie unbedingt die Leiter zu einer kleinen Rutsche hinauf klettern wollte. Sie konnte erst sechs Wochen laufen und zitterte vor Anstrengung, hangelte sich aber mit eisernem Willen hoch. Oben sitzend zögerte sie. Ich reichte ihr die Hand und lief beim Hinunterrutschen neben ihr her.

      Beim zweiten Anlauf musste ich auf Abstand bleiben – sie wollte es ohne Mama schaffen. Als ich ihr oben die Hand reichte, wehrte sie mich ab, überwand ihre Furcht und bremste vorsichtig mit den Händen ab. Nachdem das glatt gelaufen war, stieg sie festen Trittes die Leiter hoch und glitt ohne zu bremsen hinunter. Mama wurde auf die Bank zu Papa geschoben – wir durften nur noch aus der Ferne applaudieren und waren stolz auf sie.

      An

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