Paulo bereist die Seidenstraße (4). HaMuJu

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Paulo bereist die Seidenstraße (4) - HaMuJu

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      Das wäre aber teuer, ob wir nicht etwas Billigeres haben wollten, natürlich wollten wir. Wir unterhielten uns auf Englisch, das die jungen Leute gebrochen, aber gut verständlich sprachen, alte Teheraner sprachen nur Farsi. Wir wollten wissen, was mit den Basiji los wäre, ob man sich vor ihnen fürchten müsste. Wir brauchten keine Angst zu haben, sagten die jungen Leute, so lange wir bei ihnen wären, würde uns nichts passieren. Fast alle waren Studenten, sie hätten Ferien, weshalb viele nach Hause gefahren wären, sie könnten uns deshalb für wenig Geld im Wohnheim unterbringen, da gäbe es genügend freie Betten. Wir sagten, dass wir schon eine Nacht im „Azadi“ gebucht hätten, am nächste Tag würden wir aber gerne zum Wohnheim kommen. Wir unterhielten uns ausgiebig mit unseren neuen Freunden, meine drei Bekannten aus dem Zug sagten, dass sie über Pakistan nach Indien wollten, ich sagte, dass ich die Seidenstraße entlang pilgern wollte. Damit zog ich die Blicke aller Anwesenden auf mich. Warum ich eine so anstrengende Reise machen wollte. Ich antwortete, dass ich versuchen wollte, zu mir selbst zu finden, sie verstanden, was ich meinte und nickten mit den Köpfen.

      Wir sahen am Nebentisch jemanden essen und fragten, wo man etwas zu essen bekäme. Was wir denn essen wollten und wir sagten, dass wir Reis, Fleisch und Gemüse haben wollten, genau das gleiche, das am Nebentisch gegessen würde. Dann ging jemand ins Cafe und bestellte unser Essen. Wir saßen bis zum frühen Abend in dem Cafe, an der Kreuzung war eine Menge los, die Menschen eilten vorbei und trugen ihre Neuerwerbungen nach Hause, es wurden viele Teppiche vorbei geschleppt. Später bestellten alle Falude, ein beliebtes persisches Eis in Form von Nudeln mit Zitronenaroma. Was wir denn am Abend machen wollten, wurden wir gefragt. Das wüssten wir noch nicht, sagten wir. Wenn wir Lust hätten, könnten wir doch zu einer Party kommen, die jemand zu seinem zwanzigsten Geburtstag im Wohnheim gäbe. Wir nahmen die Einladung dankend an. Bei uns saßen auch einige Mädchen, die sich die ganze Zeit zurückgehalten hatten. Sie trugen Kopftücher und einen Mantel, einen schlichten knielangen Mantel. Sie kicherten untereinander, beteiligten sich aber nicht an unseren Gesprächen.

      Wir verabschiedeten uns bis zum Abend, ließen uns die Adresse vom Wohnheim geben, wo die Party gefeiert werden sollte und verschwanden. Nette Leute, dachten wir und liefen zur Valiasr-Straße zurück. Es hatte angefangen zu nieseln und um nicht allzu nass zu werden, fuhren wir wieder hoch zum Hotel und legten uns eine Stunde hin. Jean-Jacques, Pierre und Steve waren in Ordnung, ich hatte schon Adressen mit ihnen getauscht, die beiden Franzosen kamen aus Aix-en-Provence, Steve kam aus Brighton, wir wollten uns alle zu Hause treffen, auch bei mir in Essen. Ich musste merkwürdigerweise an Frau Aldenhoven denken, was sie wohl zu Teheran gesagt hätte?

      Um 19.30 h trafen wir uns wieder in der Halle und wollten dann zur Party fahren. Wir nahmen wieder die U-Bahn in die Stadt und liefen dann noch ungefähr dreißig Minuten bis zum Wohnheim. Der Junge, mit dem wir im Basar am meisten geredet hatten, hatte uns einen Zettel mit der Adresse geschrieben, sein Name war Arvid. Die Namen der anderen mussten wir noch in Erfahrung bringen. Als wir an dem Wohnheim ankamen, war fast alles ganz dunkel. Wir fanden aber hinein und mussten nur der Musik folgen. Dann kamen wir in einen großen Partyraum, es waren bestimmt dreißig Personen dort versammelt. Es waren auch viele Mädchen dabei und siehe da, ohne Kopftuch und Mantel sahen die richtig hübsch aus. Es war eine ganz andere Szene als im Basarcafe, es gab Alkohol, es wurde getanzt und es wurde geknutscht, man traute seinen Augen kaum. Arvid kam auf uns zu und hieß uns willkommen. Sofort bot er jedem von uns eine Dose Bier an, er sagte, wir sollten Musikwünsche äußern. Wir gingen zu den CD-Ständern und fanden alles, was bei uns zu Hause auch auf Parties gespielt wurde. Dann kamen auch die anderen aus dem Basarcafe und begrüßten uns. Wir prosteten uns zu und riefen unsere Vornamen, wir riefen Jean-Jacques, Pierre, Steve und Paulo und hörten Arian, Sami, Farid und Amon. Auch die Mädchen nannten ihre Namen, Nina, Kira, Daria, Tara, Samira und Dilara. Natürlich konnten wir uns die Namen nicht sofort alle merken. Dann wurde getanzt, ich tanzte mit Daria und sagte ihr, dass ich Paulo wäre. Sie sah sehr gut aus und lachte mich an, ich lachte zurück, das wäre im Basar undenkbar gewesen. Wir tanzten sogar einen sehr engen Schmuseblues zusammen. Daria rieb ihre Brüste an meinem Oberkörper, wir küssten uns. Die anderen nahmen das zur Kenntnis, schenkten dem aber keine weitere Bedeutung. Als wir zu Ende getanzt hatten, setzten wir uns zusammen und erzählten uns alles Mögliche. Darias Englisch war ganz in Ordnung, wir verstanden uns jedenfalls gut. Steve und die beiden Franzosen unterhielten sich auch prächtig. Die Musik war inzwischen mächtig laut geworden und Daria und ich setzten uns im Raum nach hinten, um uns unterhalten zu können. Wir schauten uns ständig an, als Daria anfing, mich zu streicheln. Wir küssten uns und küssten uns und küssten uns. Gegen Mitternacht erschienen plötzlich zehn Basiji, stellten die Musik leise und konfiszierten den Alkohol. Sie schrieben die Namen aller Partygäste auf, nur Daria und ich, wir hatten uns hinten im Raum hinter einem Schrank versteckt und uns mit einer Decke zugedeckt, wir wurden nicht aufgeschrieben.

      Die Basiji waren alle um die fünfundzwanzig Jahre alt, sie kamen sich unglaublich wichtig vor, man war drauf und dran, ihnen Kontra zu geben, wir hielten uns aber zurück. Wer der Verantwortliche des Festes wäre, wollten sie wissen. Da trat Arvid hervor und fragte, was denn verwerflich daran wäre, eine Party zu feiern. Der Anführer der Basiji, ein stämmiger Bursche mit Vollbart sagte, dass unsere Art von Musik mit dem islamischen Geist nicht vereinbar wäre, Alkohol wäre ohnehin verabscheuenswert und unser freizügiger Umgang mit den Mädchen wäre sexuell verwerflich. Darauf wusste Arvid nichts zu antworten, er gab bereitwillig seinen Namen und seine Heimatadresse preis, er kam aus Qom, der heiligen Stätte der Schia. Als der Anführer der Basiji hörte, dass Arvid aus Qom stammte, sagte er, dass er als Schiit doch erst recht wissen müsste, was er falsch gemacht hätte. Arvid gab klein bei. Man würde seine Eltern in Qom benachrichtigen und ihnen mitteilen, was ihr Sohn in Teheran so triebe. Die Ankündigung machte Arvid sehr betroffen und er schaute zu Boden.

      Er beschloss, mit seiner Schwester Daria am nächsten Tag nach Hause zu fahren, um der Benachrichtigung der Eltern zuvorzukommen. Daria bat mich, doch mitzukommen, sie würde mir Qom zeigen. Ich sagte zu und unterrichtete meine drei Freunde, dass wir uns am nächsten Tag trennen würden. Sie waren traurig, genau wie ich, wünschten mit aber auf meiner langen Reise viel Glück und freuten sich auf ein Wiedersehen in der Heimat.

      Die Party war zu Ende, die Basiji wieder abgezogen und wir fuhren mit dem Taxi zu unserem Hotel. Ich verabredete mich vorher mit Daria und Arvid am Bahnhof. Am nächsten Morgen frühstückte ich zusammen mit meinen drei Freunden, dann brach ich zum Bahnhof auf. Ich wartete eine halbe Stunde in dem Cafe, in dem ich schon bei meiner Ankunft in Teheran gesessen hatte, dann kamen Daria und Arvid. Wir begrüßten uns und schauten auf den Fahrplan. Wir mussten noch eine Stunde warten, bis der Zug nach Qom abfuhr. Daria hatte ein Kopftuch um und einen schlichten Mantel an, der ihr bis über die Knie reichte. Sie sah nicht gerade hässlich aus, aber am Vorabend hatte sie mir besser gefallen.

      Daria bemerkte meine Blicke und sagte, dass sie in Qom alles wieder ablegen würde. Wir gingen wieder ins Cafe zurück, wo wir die Wartezeit verbringen wollten. Arvid begann, von Qom zu erzählen. Qom war, neben Nadschaf im Irak, wichtigstes Zentrum der Schiiten. In Qom befand sich die wichtigste islamische Hochschule des Landes, an der auch Ayatollah Ruhollah Chomeini gelehrt hatte. Unter anderem wäre Ali Chamenei, der Führer der iranischen Republik, sein Schüler gewesen. Nach dem Tode Chomeinis wäre Ali Chamenei zu dessen Nachfolger mit noch größerer Kompetenz gewählt worden, nach seiner Zeit als Ministerpräsident wäre er zum Ayatollah befördert worden. Als solcher hätte er im Iran quasi diktatorische Vollmachten, er stünde sozusagen über dem Gesetz. Seine Macht stützte sich vor allem auf den Wächterrat, der 1980 die Funktion des Revolutionsrates übernommen hatte und in dem zwölf schiitische Geistliche sämtliche politischen Vorgänge überwachten. Parlamentsbeschlüsse würden kontrolliert, Wahlen durch Nichtzulassung reformerischer Kandidaten beeinflusst, politische Opposition würde klein gehalten, die Medien würden einer strengen Zensur unterworfen. Chamenei selbst konnte die Hälfte der Mitglieder des Wächterrates bestimmen, er wurde als Fühungspersönlichkeit des konservativen Establishments im Iran angesehen. Nachdem Muhammad Chatami 1997 zum iranischen Präsidenten gewählt worden war, keimte reformerische Hoffnung auf, die aber nach den Parlamentswahlen von 2005 wieder zerstob, als die Konservativen

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