Im Schatten des Deiches. Fee-Christine Aks

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Im Schatten des Deiches - Fee-Christine Aks StrandtGuth

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am Ende der Ferien gebrochen haben. Besonders dieses eine Mädchen (hieß sie Lina oder Linda?) hat an Basti gehangen wie Fliegen an einem Löffel mit Honig. Es ist beinah schon amüsant gewesen, wie dämlich sie sich benommen und sich ihm schamlos an den Hals geworfen hat. Wenn Basti gewollt hätte, wäre sicherlich mehr daraus geworden. Aber neben Maja Lundqvist, der hübschen langbeinigen Schwedin, die ein wahres Naturtalent auf dem Surfbrett gewesen ist, hat sich jede andere verstecken müssen. Moritz kann verstehen, dass Basti sich sofort Hals über Kopf in die sonnengebräunte blonde junge Frau verliebt hat. Für einen Urlaubsflirt hält die Geschichte schon ziemlich lange, immerhin hat Basti bereits drei Wochenenden bei Maja in Stockholm verbracht.

      Nachdenklich lässt Moritz seinen Blick weiter wandern, streift den kastanienbraun gelockten Hinterkopf einer zierlichen jungen Frau, die rechts an einem der Fenstertische sitzt, und fällt schließlich auf einen Tisch schräg davor am Gang, in dem soeben Basti aufgetaucht ist. Offenbar hat er eine Runde um die Kombüse gedreht und kommt nun durch den anderen Gang zurück, um die junge Mutter, die ihr strampelndes Kleinkind im Gang auf der linken Seite zum Stillsein ermahnt, nicht noch mehr zu stressen.

      Im ersten Moment glaubt Moritz seinen Augen nicht zu trauen. Dann fällt ihm ein, dass viele zur Weihnachtszeit ihre Verwandten auf Borkum besuchen. Und, wenn er sich recht erinnert, dann hat Linda dort einen Großvater.

      Hektisch reißt Moritz einen Arm hoch, um Sebastian zu bedeuten, nicht weiterzugehen. Noch hat Linda ihn nicht gesehen. Ein Glück, dass sie sich den Tisch ganz hinten genommen haben, hinter dem immens beleibten Rentnerehepaar, das mit Sicherheit zur (Abmagerungs-)Kur auf die Insel fährt. Warum sie das ausgerechnet über Weihnachten machen, muss niemand verstehen.

      Sebastian hat alle Hände voll zu tun, auf dem schwankenden Schiff nicht hinzufallen. Doch er sieht Moritz und braucht zwar ein, zwei Augenblicke, um zu begreifen, dann aber hat er Linda und ihre Familie gesehen. Moritz erwartet, dass sein Freund nun schleunigst den Rückzug antreten und zurück um die Kombüse herum gehen wird. Stattdessen sinkt Sebastian, offenbar von den Bewegungen des Schiffes unterstützt, auf die freie Bank am Tisch der jungen Frau mit den kurzen kastanienbraunen Locken.

      Grinsend beobachtet Moritz, wie sein Freund seinen ganzen Charme spielen lässt, um bis zum Ende der Fahrt nicht in Lindas Blickfeld geraten zu müssen. Denn dann wäre nicht nur Holland in Not. Dann wäre es vor allem dahin mit der Ruhe, auf die sie sich bei einem Besuch auf der winterlichen Insel so freuen.

      Als die Fähre schließlich an der Hafenmole anlegt und alle Passagiere hektisch aufstehen und zu ihrem Gepäck in den Ablagefächern rennen, wartet Moritz mit abgewandtem Blick, bis Linda samt Familie an ihm vorbei zum hinteren Gepäckbereich gegangen ist. Dann steht er rasch auf und blickt zu Basti hinüber, der ihm fröhlich zuwinkt.

      Gerade will Moritz seinen Platz verlassen und zu ihm gehen, da wendet die zierliche Frau mit den kurzen dunklen Locken den Kopf und folgt Sebastians Blick. Auf die Entfernung von drei Metern kann Moritz nur erkennen, dass sie dunkle Augen und ein fein geschnittenes Gesicht mit hohen Wangenknochen hat.

      Sebastians Winken folgend, geht Moritz hinüber und schiebt sich hinter seinem Freund und der zierlichen jungen Frau, die ihm gerade mal bis zum Kinn reicht, den Gang entlang in Richtung Ausgang.

      Sebastian hilft ihr galant mit ihrem, für eine Frau erstaunlich kleinen, Koffer, der allen Anschein eines Kurzbesuchs auf der Insel macht. Moritz schultert die Reisetasche, in der sie den Großteil ihrer Kleidung untergebracht haben, da der stabile Flugkoffer mit vier Rollen voller Lehrbücher ist. Schweigend lassen sie sich von den übrigen Passagieren über die klappernde Rampe vom Schiff an Land schieben. Linda und ihre Familie sind glücklicherweise irgendwo weiter hinter ihnen im Gedränge verschwunden.

      „Aua!“ japst die junge Frau unvermittelt, als sie die treu wartende Borkum-Bahn erreichen und sich in Richtung des Waggons ‚Muschelfeld‘ wenden.

      Instinktiv greift Moritz nach ihrem daunen-ummantelten Arm und hält sie fest. Ärgerlich wendet er sich an den älteren Mann im dunklen Wintermantel, der ihr offenbar sein klappriges Herrenfahrrad in die Fersen geschoben hat. Doch dieser ignoriert jeden Protest und starrt die junge Frau mit offenem Mund an.

      „Lena!“ flüstert er heiser.

      „Lotta“, korrigiert sie automatisch und setzt sich eine taubenblaue Wollmütze auf ihre kurzen kastanienbraunen Locken.

      Der ältere Mann reagiert nicht, wendet sich abrupt ab und drängt sich an der zierlichen Frau vorbei, die ihm zwischen Schal und Mütze hervor aus haselnussbraunen Knopfaugen streng nachblickt. Der ältere Mann würdigt sie keines weiteren Blickes, schwingt sich auf das Rad und fährt mit kräftiger Beinarbeit in Richtung Borkum Stadt davon.

      „Was für ein ungehobelter…“, brummt Sebastian, der bereits das Gepäck auf die kleine Plattform vorne am Waggon hinauf gehievt hat und von dort aus die ganze Szene beobachtet hat.

      „Lass gut sein“, murmelt die junge Frau und klettert auf das Trittbrett des Waggons, der wenige Augenblicke später anruckt und rumpelnd in Richtung Borkum Stadt fährt.

      Drinnen im Waggon ist es erstaunlich warm, weil die Heizspulen unter den Holzbänken auf Hochtouren laufen. Moritz genießt das sanfte Schaukeln der Insel-Eisenbahn und betrachtet nachdenklich die vorbeiziehende Landschaft. In der abendlichen Dämmerung ist kaum etwas zu erkennen, nur manchmal sieht er die gelblichen Scheinwerfer von Autos, die auf der Straße neben der Bahn vorbeifahren. Ansonsten: tote Hose. Ganz anders als im Sommer.

      „So“, reißt Sebastians fröhliche Stimme Moritz aus seinen Gedanken. „Du heißt also Lotta. Gefällt mir.“

      „Carlotta“, antwortet die junge Frau und hindert ihren Koffer daran, in den Gang zwischen den Bankreihen zu rollen.

      „Gefällt mir auch“, erwidert Sebastian unbefangen, während Moritz ihm einen prüfenden Blick zuwirft. Ob er Maja bereits wieder vergessen hat? Offenbar ja, denn er schließt sogleich eine weitere Frage an, die er nicht stellen würde, wenn er kein Interesse an einer weiteren Bekanntschaft hätte.

      „Meine Großmutter hat ein Haus hier auf der Insel“, antwortet Carlotta nach kurzem Zögern. „Sie hat es meiner Mutter vererbt. ‚Haus Westwind‘ heißt es.“

      „Hey, das kenne ich“, rutscht es Moritz heraus. „Ein schönes altes Haus.“

      „Ja?“ macht sie und zieht überrascht die fein geschwungenen Augenbrauen hoch. „Wie alt? Ich meine, ist es sehr baufällig?“

      „Nicht doch“, erwidert er und lächelt. „Als wir im Sommer hier waren, sah es noch sehr gut aus; vor ein paar Jahren renoviert, würde ich sagen.“

      „Wir bringen dich hin“, mischt sich Sebastian wieder ins Gespräch ein. „Wir kommen sowieso daran vorbei, denn wir wohnen in der alten Signalstation, kurz hinterm Deich an der Süderstraße.“

      „Danke, das ist nett“, antwortet Carlotta und lächelt ihn an.

      *****

      Familienbande

       Sie schrie auf, als er zuschlug. Mit der flachen Hand traf er sie im Gesicht, bevor er ihr den Mund zuhielt. Seine andere Hand fixierte ihre Arme wie schon so viele Male zuvor. Unter sich spürte sie die dünne Matratze und das harte Bettgestell, gegen das er sie mit jeder seiner ruckartigen Bewegungen stieß, bis ihr Rücken begann taub zu werden.

       Tränen

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