Reise - Begleitung. Jürgen H. Ruhr

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      „Das ist ja auch eine ganz andere Qualität“, stieß ich zwischen den Zähnen hervor und stürmte in den Konferenzraum. Diese blöde, blöde Zicke!

      Hochroten Kopfes ließ ich mich auf einen Stuhl fallen. „Guten Morgen, Jonathan.“ Christine grinste mich an. „Der Esel grüßt aber zuerst, wenn er in den Stall kommt.“

      „Morgen, Chrissi, morgen Sam.“ Sam nickte mir zu und blickte interessiert auf meinen Schlapphut. „Was ist denn das, Jonathan? Bist du jetzt unter die Cowboys gegangen? Wir haben doch keinen Karneval.“ Christine lachte: „Ich glaube eher, dass Jonathan seine weibliche Seite damit ausdrücken will.“

      Reichte es eigentlich nicht, dass Birgit mich so ärgern musste? Warum hörte ich mir jetzt auch noch die dummen Kommentare meiner Kollegen an? Mir lag schon eine entsprechende Entgegnung auf der Zunge, als Bernd den Raum betrat. Hinter ihm kam Birgit in das Zimmer und schloss die Tür.

      Ich grinste und machte ihr ein Zeichen: „Von außen, Birgit, von außen.“

      Bernd nickte uns zu und wünschte uns einen guten Morgen. „Guten Morgen zusammen. Und Jonathan: Es hat schon seine Richtigkeit, dass Fräulein Zickler, also Birgit, heute beim Meeting anwesend sein wird. Nähere Erläuterungen später.“

      Birgit ließ sich mir gegenüber grinsend nieder und machte - als Bernd nicht hinsah - das Victory - Zeichen. Ich konterte mit dem ausgestreckten Mittelfinger, was Bernd allerdings auffiel, da er sich in diesem Moment umdrehte. „Jonathan, Jonathan. Was soll das jetzt wieder? Und nimm’ endlich diesen kindischen Hut ab. Das ist doch ein Damenhut; du siehst damit irgendwie komisch aus.“ Er suchte einige Unterlagen zusammen und sah mich an. „Gut, wenn Jonathan auch endlich bereit ist, dann können wir ja beginnen. Nachdem der Observierungsauftrag nun beendet ist - auch wenn der Ausgang doch etwas, wie soll ich sagen ... eigenartig war, so ist Jonathan nun immerhin für weitere Aufgaben frei. Aber dazu gleich mehr. Monika sollte eigentlich heute auch dabei sein, musste aber kurzfristig absagen, da sie mit ihrem Mann zu einem Kongress nach Dublin geflogen ist. Wir sind also unter uns ...“

      Als Birgit leise lachte, machte ich ein böses Gesicht: Nein, wir waren nicht unter uns, denn die Zicke gehörte schließlich hinter die Rezeption und nicht in dieses Meeting hier. Dieser Platz war für die wirklichen Detektive reserviert. Und wenn es nun in der Tat um einen Auftrag vom Oberstaatsanwalt gehen sollte, so hatte das Mädchen hier erst recht nichts verloren.

      Aber ich sagte nichts, schließlich war Bernd ja der Chef und er würde schon wissen, wen er zu seinen Meetings einlud.

      Seufzend goss ich mir ein Glas Mineralwasser ein. Wieso standen eigentlich die Flaschen Orangensaft, Apfelsaft und Limonade außerhalb meiner Reichweite? Das ging doch wieder auf die Zicke zurück! Aber ich wollte die Versammlung jetzt ja auch nicht stören, indem ich aufstand und mir eine Flasche vom anderen Ende des Tisches her holte. Und warum kochte Birgit niemals Kaffee?

      „Jonathan, hörst du mir zu?“ Bernd riss mich aus meinen Gedanken.

      „Natürlich Bernd“, entgegnete ich und sah Birgits Grinsen aus dem Augenwinkel.

      „Also, zunächst zu einer kleinen Änderung die Detektei betreffend: Wie wir feststellen mussten, erfordern die Aufgaben hier keine Sekretärin mit Vollzeitstelle. Ja, eigentlich nicht einmal eine in Teilzeit. Nach intensiven Gesprächen mit Jennifer und Birgit sind wir zu dem Schluss gelangt, dass die verwaltungstechnischen Dinge auch von Jennifer miterledigt werden können. In den nächsten Tagen wird an der Eingangstüre ein Hinweis für Laufkundschaft ausgehängt werden, dass die Detektei ab sofort drüben im Krav Maga Zentrum von Jennifer, also Frau Enssel, mitverwaltet wird. Anrufe werden direkt umgeleitet und ihr sorgt bitte dafür, dass die Türe vorne stets geschlossen ist, so dass niemand Unbefugtes in die Räume gelangen kann.“

      ‚JA - JA - JA’, jubelte es in mir. Das war’s dann, liebe Frau Zickler - Birgit - Zicke! Ich hatte Mühe, mir meine Freude nicht anmerken zu lassen. Also deswegen befand sich Birgit jetzt mit uns hier im Meeting! Bernd entließ sie. Endlich! Das wurde ja auch Zeit. Vielleicht könnte ich ja sogar Bernd davon überzeugen, dass Jennifer ihre Tätigkeit hierhin verlegte. Die Anrufe von drüben hierhin umleiten. Ich roch schon den von Jenni so perfekt aufgebrühten Kaffee. Rasch überlegte ich, welche Brötchen ich mir zuerst von ihr wünschen würde. Schinken? Käse? Vielleicht Mettbrötchen mit Zwiebeln ... Ich sah rosige Zeiten auf mich zukommen.

      Bis Bernd meinen Traum auf brutale Weise platzen ließ. Ich hatte ihm nicht richtig zugehört, so sehr war ich in meiner Freude versunken, aber die folgenden Worte drangen wie Schläge mit einem Vorschlaghammer in mein Hirn: „... deswegen also haben wir beschlossen, dass Birgit ab jetzt bei uns aktiv im Team mitarbeiten wird. Sie bekommt eine Ausbildung, wobei einer von euch sie zunächst unter seine Fittiche nehmen wird, dann absolviert sie entsprechende Lehrgänge.“

      Das kühle, klare Mineralwasser floss aus meinem offenstehenden Mund heraus, meinen Hals hinunter und durchnässte mein Hemd. Mir war klar, dass ich das Glas absetzen musste, aber meine Hand gehorchte mir nicht mehr. Erst als sich alles Wasser auf meinem Hemd und meiner Hose befand, war ich in der Lage das Glas auf dem Tisch abzustellen. Aus ungläubigen Augen blickte ich abwechselnd Bernd und die Zicke an. Birgit Zickler als Kollegin! Ich stöhnte gequält auf. Das fehlte gerade noch. Wie hieß es so schön: Den Bock im Garten machen. Oder so ähnlich.

      „Bernd, das ... das ...“ - „Ja, Jonathan? Was möchtest du sagen? Wir alle freuen uns, Birgit als neue Detektivkollegin begrüßen zu dürfen. Jennifer hat sogar extra etwas vorbereitet - Birgit, würdest du?“

      Die Zicke erhob sich grinsend, verließ den Raum und kam nach wenigen Minuten mit einem riesigen Blumenstrauß zurück. Diesen reichte sie Bernd.

      „Also, offiziell und im Namen aller Kollegen hier und im Krav Maga Studio heiße ich dich, liebe Birgit, herzlich willkommen in unserem Kreis.“ Er überreichte ihr den Strauß.

      Mir wurde schwindelig. Mit zittrigen Fingern goss ich mir ein neues Glas Wasser ein. Ein halbes zumindest, denn die Hälfte landete auf dem Tisch.

      „Kommen wir nach diesen erfreulichen Neuigkeiten zurück zum Ernst des Lebens. Jennifer hat schon einen umfangreichen Trainingsplan ausgearbeitet. Kampfsporttraining bei Dozer und Sam - Birgit kann später auch die Kindergruppe mit Frank Behrmann zusammen betreuen. Jedenfalls soweit es Aufträge oder Ausbildung zulassen. Christine übernimmt das Schießtraining und Jonathan zeigt ihr ein wenig die Praxisarbeit.“

      Wieder floss Mineralwasser an meinem Hals herunter, sickerte durch mein Hemd und vergrößerte den Fleck auf meiner Hose. Hatte ich das richtig verstanden? Jonathan zeigt ihr die Praxisarbeit? Das konnte Bernd nicht von mir verlangen! Nie und nimmer würde ich mit der Zicke zusammenarbeiten. Das musste ich ihm jetzt unmissverständlich klar machen. „Bernd, also, ich ... die Zi... Birgit und - also, Bernd ...“

      „Genau Jonathan. Ich wusste, dass du dich freuen würdest. Endlich kannst du dein Wissen weitergeben. Du brauchst auch nichts zu sagen, wir haben uns das reiflich überlegt und Birgit hat uns ja auch bestätigt, dass ihr beide wunderbar miteinander auskommt. Bedenke nur, dass sie noch keinerlei Erfahrung hat und du sie nicht allzu hart rannehmen solltest. Ich habe auch schon einen ersten Auftrag für euch. Eigentlich sollte den Christine übernehmen aber so ist es vielleicht sogar noch besser. Denn für Chrissi habe ich ebenfalls eine Aufgabe, dazu komme ich aber später noch.“

      Ich stöhnte erneut gequält auf. Womit hatte ich das verdient? Birgit grinste mich jetzt unverhohlen an und aus ihrer Gestik sprach die ganze Genugtuung mir richtig eins ausgewischt zu haben.

      Schwach versuchte ich mich zu wehren: „Also ... ja eigentlich ... Bernd, ich bin doch

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