Frauenjagd. Arik Steen
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Richard Pope hatte unglaublich viel Geld gemacht. Frauen zogen sich aus, Männer vögelten die Frauen und bei Pope klingelte die Kasse. So klang das natürlich relativ einfach. Aber im Prinzip steckte dahinter natürlich eine enorm aufwendige Industrie.
Dennoch stand Pope auch für ein schicksalhaftes Leben. Der in der Zwischenzeit 72 Jahre alte Mann saß im Rollstuhl. Er war vom vierten Brustwirbel an nach unten gelähmt. Und das bereits seit zehn Jahren. So richtig wusste Leon nicht, ob er ihn bewundern oder bemitleiden sollte.
Wenn Pope in seinem Rollstuhl saß und von seinem Whiskey nippte, dann war das ein äußerst seltsames Bild. Er war krank, das sah man ihm an und er hatte sicherlich schon sehr viel gelitten. Dennoch wirkte er mächtig. Wie der Pate einer Mafia oder der Patriarch einer religiösen Sekte. Und es schien ihm nichts auszumachen im Rollstuhl zu sitzen. Im Gegenteil.
«Lassen Sie mich zu Ihrem Auftrag etwas sagen!», meinte Pope.
Leon nickte. Natürlich wusste er, um was es ging. All die ganzen Verträge, Tests, die ganzen Gespräche. Es war mehr als nur ein Vorstellungsgespräch gewesen. Aber es war doch ein «Auftrag», der nicht so wirklich normal war. Jedes Detail war wichtig. Die ganze Sache war so surreal und absurd, dass Leon für jede Information dankbar war. Sein Auftrag: Er sollte Frauen jagen. Frauen, die nackt waren und sich auf der Insel befanden ...
Pope stellte nun ebenfalls sein Whiskeyglas ab, fuhr dann mit seinem Rollstuhl zur Reling und zeigte über das Meer: «Das dort drüben ist meine Insel. Wir sind ungefähr in einer halben Stunde dort.»
«Sieht gut aus!», sagte Leon, aber es klang nicht wirklich überzeugt. Im Grunde wusste er nicht so wirklich, was er sagen sollte.
«Die Spielregeln sind klar!», sagte Pope: «Ihre Aufgabe ist es, die Beute auf der Insel zu jagen. Sie zu fangen und sie auf die Nebeninsel zu bringen. Dort machen Sie die Beute zu ihrer Sexsklavin!»
Leon nickte: «Ja, das habe ich verstanden. Und Sie schauen zu!»
«Richtig. Überall sind Kameras. Ich werde alles hier von der Jacht aus anschauen. Und es natürlich voll und ganz genießen ...» Pope grinste.
«Okay ...», sagte Leon: «Habe ich verstanden.»
Ein perverses, krankes Spiel. Vermutlich würde dass die meisten Menschen so sehen. So wirklich normal war es auf keinen Fall. Leon hatte gehört, dass es in England mal eine ähnliche Inszenierung gegeben hatte. Prostituierte, die sich von Männern hatten jagen lassen. Mit Paintballgewehren und Farbkügelchen. Aber das hier war doch ein wenig anders.
Das Spiel war im Prinzip von der Idee her simpel. Im Großen und Ganzen jedoch eine wahnsinnig aufwendige Inszenierung. Eine Insel mitten im Indischen Ozean war der Ort des Geschehens. Leon konnte nur ungefähr abschätzen, wo genau diese Insel lag. Zwei Tage waren sie nun unterwegs. Aber im Prinzip war es ihm auch vollkommen egal.
Leon war der Jäger. Mehr musste er nicht wissen. Er wusste nicht, was für Frauen auf dieser Insel waren, wie viele es waren, wie sie hießen oder wo sie herkamen. Er wusste nur, dass welche da waren.
Der Auftrag war klar: er, der Jäger sollte sie einzeln jagen, sie auf die Nebeninsel bringen und sie dort zu seinen Sexsklavinnen machen. Sie sexuell unterwerfen.
Eine Vorstellung, die mehr als nur verrückt war. Moralisch brachte alleine der Gedanke ihn an seine Grenzen. Natürlich war ihm klar, dass alle Frauen freiwillig auf dieser Insel waren. Sie bekamen Geld dafür. Glaubte man Pope, so war es sogar eine Menge Geld. Aber die Frauen waren keine Schauspieler oder professionelle Prostituierte. Darauf hatte Pope geachtet. Sie waren Teil dieses Spiels. Teil dieser unglaublichen Inszenierung. Doch auch wenn sie sich freiwillig jagen ließen, so war das für Leon durchaus eine moralische Grenzerfahrung.
Leon hatte sich lange Gedanken darübergemacht, ob er dieses Angebot annehmen sollte. Er war ein Abenteurer und liebte die Herausforderung. Die Idee hatte ihn gereizt, aber tief in seinem Herzen sorgte sie auch für Unruhe.
Im Grunde ist es tief in uns Menschen verankert. Ein Wechselspiel von Dominanz und Unterwerfung. Ein Spiel von «Jagen und Gejagt werden». Es ist tief in unserer Genetik, davon war Leon überzeugt. Karl von Sylvenstahl, ein Freiherr und Freund von Leon, hatte ihm viel von seinen moralischen Bedenken genommen. Das war schon lange her. Damals hatte er herausgefunden, dass er es liebte Frauen zu dominieren und der Freiherr hatte ihm damals bereits erklärt, was er glaubte: «Alle unsere sexuellen Fantasien sind Erbe unserer Genetik».
Die Frau sucht Schutz und die Kraft eines Mannes. Sie möchte einen Mann, der in der Lage ist sie zu verteidigen. Der stark genug ist ihr in Gefahren beiseite zu stehen. Sie möchte einen Mann haben, der auf die Jagd geht, Wild erlegt. Der Holz für sie schlägt und es zur Höhle bringt, damit sie nicht friert. Der Muskelkraft und Verstand vereinigt. Und dafür ist die Frau bereit sich zu unterwerfen. Denn sie alleine entscheidet, wer sich mit ihr paart.
Der Mann möchte die Konkurrenz ausschalten. Er möchte seine Gene weitergeben, seine Art erhalten. Und deshalb strebt er die Kontrolle über das «Weibchen» an. Im Prinzip kann er sie nicht kontrollieren. Im Prinzip wird er nie in der Lage sein, immer zu bestimmen mit wem sie sich paart und welche Gene sie weiterträgt. Denn welche Frucht sie bei einer Schwangerschaft in sich trägt, das weiß nur sie alleine. So gerne der Mann glaubt, er könne die Frau kontrollieren - immer wird die Angst des Kontrollverlustes bleiben. Und diese Angst möchte die Frau ihm nehmen. Sie gibt ihm das Gefühl seine Gene mehr zu schätzen. Sie unterwirft sich ihm und gibt ihm das Gefühl «der Einzige» zu sein.
Es ist ein tief in uns festgelegtes genetisches Programm. Alle Versuche der Emanzipation und der weiblichen Ständigkeit können dieses Programm nicht einfach löschen. Und so findet man die Auswirkung dieser Gene noch heute. Frauen wollen starke Männer. Und wie kann ein Mann seine Stärke mehr beweisen als dass er sich als Jäger zeigt? Jeder Flirt ist eine Jagd, jedes erste Date ein kleiner Kampf. Hier in der Frauenjagd erlebt das Ausleben unserer Gene seinen Höhepunkt.
Daran glaubte Leon. Wenn das nicht der Fall wäre, dann könnte er dieses Spiel nicht mitspielen. Es war in seinen Genen. Er war der Jäger. Die Frauen seine Beute ...
Er hatte zugesagt. Er war eigentlich nicht käuflich, aber das Geld und die Jagdprämien hatten doch mit dazu beigetragen, dass er «ja» gesagt hatte. Aber ihn faszinierte vor allem dieser erotische Nervenkitzel. Und er glaubte tatsächlich daran, dass dieses Spiel auch der Befriedigung seiner Gene diente ...
«Die Insel» war ein absoluter Traum. Umso näher die Jacht kam, umso mehr wurde das klar. Das Meer veränderte sich von tiefdunkelblau hin zu türkis. Es waren keine hundert Meter mehr und die Jacht steuerte direkt an das Ufer.
Leon schaute über die Reling und fieberte dem Augenblick entgegen endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Ihm war immer noch ein wenig schlecht. Er hatte sich zwar die letzten Stunden nicht mehr übergeben, aber vermutlich vor allem deshalb, weil er nichts gegessen hatte. Keine Ahnung, warum er so empfindlich war. Bislang hatte er immer geglaubt gegen solche Dinge immun zu sein. Aber das war Leon nicht.
Ein weißer Sandstrand umgab die gesamte Insel. Hier und da stand eine Palme. Dahinter der Wald und weiter Richtung Landesinnerem war ein Berg zu sehen. Es war ein Traum von einer Insel. Wer sich so etwas privat leisten konnte, der hatte es definitiv geschafft.
«Sehen Sie den