Final - Tanz. Jürgen Ruhr
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Final - Tanz - Jürgen Ruhr страница 10
Birgit schüttelte den Kopf. „Leider nein. Die Planung hat Sergios Frau übernommen und bei unserer Abfahrt stand wohl noch nicht so recht fest, welche Unterkunft sie gewählt hat.“
„Wenn der große Künstler also nicht im Flugzeug ist, stehen wir ganz ohne Hotel da?“ Ich blickte sinnend auf die Leute, die, ebenso wie wir, auf den Abflug warteten.
„Dann suchen wir uns kurzfristig etwas. Da sehe ich keine Probleme.“
„Na klar. Und wer zahlt das? Wir?“
„Die Versicherung. Das wird Bernd dann schon mit denen klären. Jetzt sei doch kein so Miesmacher, Jonathan. Sieh die Sache als Urlaub an ...“
Ich schüttelte entschieden den Kopf: „Urlaub geht schon gar nicht, wenn ich mir jeden Abend dieses dämliche Herumgehopse ansehen muss. Und dann die schreckliche Flötenmusik. Immer die gleichen Töne! Mir schmerzen jetzt schon die Ohren, wenn ich nur daran denke!“
„Du bist ein Banause. Das ist Kunst von der du nichts verstehst. Tanzen ist wie Singen mit dem ganzen Körper.“ Birgit lächelte mich an und bewegte die Beine im Sitzen. „Das solltest du auch einmal versuchen. Es entspannt Körper und Seele.“
„Danke, da reicht mir mein Kampfsport. Das entspannt auch Körper und Seele. Es sei denn, du trainierst mit Christine ...“ Chrissi und ich waren uns darüber einig geworden, beim Training nicht zu rücksichtsvoll miteinander umzugehen. Natürlich sollte niemand ernsthaft verletzt werden, doch ein paar blaue Flecken wollten wir uns schon zugestehen. Leider war immer wieder ich es, der von ihr nach Strich und Faden vermöbelt wurde. „Hast du denn eine Ahnung, wo der große Künstler auftreten wird?“ Ich überlegte kurz und nickte: „Vielleicht tritt er ja in der Nationaloper auf.“ Die Opéra National de Paris war das einzige Opernhaus, das ich vom Namen her kannte. Und das auch nur, weil ich vor kurzem darüber etwas im Fernsehen gesehen hatte.
„Es gibt zwei Opernhäuser der Opéra National de Paris“, belehrte mich die kleine Klugscheißerin. „Einmal die Opéra Garnier und dann die Opéra-Comique. Dein gesundes Halbwissen ist erschreckend, Jonathan. Sergio wird aber in keinem Opernhaus auftreten, sondern im Saal einer Tanzschule. Ich glaube, die heißt ‚Madame Routon‘.“
„Eine Tanzschule? Soll das eine Werbeveranstaltung für Tanzschulen werden? Du kannst mir sagen, was du willst: Der Knabe wird nie und nimmer auch nur einen Teil seiner Unkosten wieder hereinholen.“
In dem Moment als Birgit mit den Schultern zuckte, wurde unser Flug aufgerufen. Sergio Palyska nebst Ehefrau war immer noch nirgends zu entdecken. Ich fluchte vor mich hin, während wir zum Flugzeug gingen.
Birgit sah mich von der Seite an und bemerkte mein verkniffenes Gesicht: „Vielleicht sind sie ja schon an Bord. Oder kommen noch. Jetzt reg dich bloß nicht so auf, Jonathan. Es wird schon gutgehen!“
Im Moment dachte ich allerdings lediglich daran, den Tänzer zu erwürgen, wenn ich ihn in die Finger bekäme. Was aber der Versicherung, die uns beauftrag hatte, vermutlich auch nicht recht wäre ...
Der Flug verlief ruhig und meine Bedenken bezüglich unseres Künstlers wurden im Flughafen Charles de Gaulle am Gepäckband zerstreut. Während Sergio gelangweilt herumstand, angelte seine Frau nach ihren Koffern.
„Herr Palyska“, begrüßte ich ihn erfreut, „wir hatten schon befürchtet, dass sie sich nicht auf dem Flug befinden würden.“
„Ah, Jonathan, es ist aber auch eine Freude dich zu sehen, also euch. Waren wir denn nicht längst schon ‚per du‘? Sag doch einfach Sergio zu mir. Sergio mit scharfen ‚Ser‘ und weichem ‚gio‘.“
Ich nickte und freute mich, dass er auf dieses dämliche ‚Johni‘ verzichtete, auch wenn er Jonathan wie ‚Joenäßän‘ aussprach.
„Leider, leider“, fuhr er fort und beobachtete, wie seine Frau sich mit den Koffern abschleppte, „mussten wir in der Basisklasse fliegen. Herrgöttchen, wir haben euch in der Lounge entdeckt und uns wurde der Zugang verwehrt! Mir, dem großen Künstler. Hast du mich denn nicht winken sehen?“
„Nein, dann hätten wir euch doch zu uns eingeladen. Gut, dass wir uns wenigstens hier treffen.“ Ich dachte hauptsächlich an die Unannehmlichkeiten, die uns eine Hotelsuche eingebracht hätte. Das blieb uns ja nun zum Glück erspart.
„Zu welchem Hotel fahren wir denn?“
„Ach, was du auch wieder alles wissen willst. So etwas musst du Jeka fragen, die organisiert doch unsere Reisen. Herrjechen, da kommt sie ja. Wie lange das wieder gedauert hat!“
Jeka Krynow begrüßte uns mit einem Kopfnicken und ging direkt in Richtung Ausgang weiter. Ich hoffte nur, dass wir jetzt nicht mit der Metro zu unserem Hotel fahren mussten und der Künstler sich ein Taxi leisten konnte.
Das Taxi hielt nach fünfundvierzig Minuten vor einem Schiff auf der Seine, das sich als Hotelboot entpuppte. Ich warf Birgit einen bezeichnenden Blick zu, enthielt mich aber eines Kommentares, während sich in meinem Kopf die Frage manifestierte, wie unsere zukünftigen Unterbringungen in London, Sydney und New York wohl aussehen würden. Sergio und Jeka eilten mit ihren Koffern schon auf das Hotelboot, während der Fahrer mich auffordernd ansah. Seufzend übernahm ich die Bezahlung, ließ mir aber eine Quittung geben.
Sergio stand vor der kleinen Empfangstheke und hieb auf eine Glocke. „Hallo“, rief er lautstark, „ist denn hier niemand?“ Seine Frau hatte die Koffer abgestellt, stand an der Reling und zündete sich gerade eine Zigarette an. Sie benutzte eine lange Zigarettenspitze und blickte versonnen über den Fluss.
„Hallöchen“, krakeelte der Tänzer erneut, „der große Künstler Sergio Palyska ist angekommen!“ Als niemand antwortete, zuckte er mit den Achseln und gesellte sich zu seiner Frau.
„Guten Tag“, begrüßte uns eine junge Dame in nahezu akzentfreiem Deutsch. „Entschuldigen sie, wenn sie warten mussten. Habe ich richtig gehört? Sergio Palyska? Herzlich willkommen, wir haben eine Reservierung für sie.“
Ich nickte und wollte auf den Meister an der Reling zeigen, als die Frau mir einen Schlüssel in die Hand drückte. „Da vorne entlang. Ich wünsche ihnen einen schönen Aufenthalt.“ Ihr Handy klingelte und sie widmete sich dem Gespräch, das sie in hastigem Französisch führte.
„Nur ein Zimmer?“, fragte ich Birgit. „Ob die Krynow sich vertan hat?“
„Egal. Hauptsache es gibt ein Bad mit Dusche. Welche Nummer haben wir denn?“
Wir betraten einen großzügigen Raum, in dem sich ein großes Doppelbett, ein Tischchen mit mehreren Sesseln und eine riesige Badewanne befanden. An der Seite gab es unter zwei überdimensionierten Wandspiegeln Waschgelegenheiten. Ich blickte Birgit entgeistert an. „Keine Dusche?“, krächzte ich. Ich würde doch wohl kaum meine Abend- oder Morgentoilette verrichten, während mir Birgit vom Bett aus dabei zuschaute.
Die Kleine mit den bunten Haaren lachte. „Bei Künstlern herrschen wohl andere Maßstäbe, was die Intimsphäre betrifft. Ja, lieber Jonathan, da wirst du wohl vor der Tür warten müssen, wenn ich mich wasche ...“
Ich verfluchte den Tänzer, die Versicherung, dieses merkwürdige Hotel