INQUISITOR MICHAEL INSTITORIS 1 - Teil Vier. Eberhard Weidner

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INQUISITOR MICHAEL INSTITORIS 1 - Teil Vier - Eberhard Weidner Inquisitor Michael Institoris 1

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als Wolfgang die obersten Stufen erreichte, die vom Licht der Straßenbeleuchtung erhellt wurden, wagte er es, einen Blick über die Schulter zu werfen und nach unten zu sehen. Doch vom Inquisitor war nichts zu sehen. Die Finsternis war wieder wie eine Wand, die er nicht mit Blicken durchdringen konnte und in der sich alles Mögliche verbergen konnte. Gut so!, dachte Wolfgang, zufrieden über seinen Vorsprung, und hetzte weiter. Nachdem er die Stufen hinter sich gelassen hatte, sah er sich fieberhaft um und suchte in unmittelbarer Nähe nach einem geeigneten Versteck. Doch in dieser Gegend gab es keine Büsche oder Bäume, hinter denen er sich verbergen konnte. Er rannte zur Straße, die über die Brücke führte, und überquerte sie, um auf die andere Seite der Brückenzufahrt zu gelangen, da ihm eingefallen war, dass sich auch dort ein Abstieg zum Fluss befinden musste. Als er die Böschung erreichte, sah er sich bestätigt, doch ehe er die Stufen nach unten stieg, blickte er noch einmal zurück.

      Der Inquisitor war noch nicht auf der anderen Seite aufgetaucht, aber gewiss würde es nicht mehr lange dauern, bis er kam. Deshalb durfte Wolfgang nicht länger zögern, wollte er unentdeckt bleiben, und rannte die Treppe nach unten. Erst nach einem guten Dutzend Stufen kam er zum Stehen. Fast wäre er gestrauchelt, doch es gelang ihm, sich mit der linken Hand an der Wand neben sich festzuhalten. Schwer atmend blieb er stehen und schnappte nach Luft. Gleichzeitig bemühte er sich, zu lauschen, um gegebenenfalls die Schritte des anderen Mannes hören zu können. Doch er konnte nichts Derartiges wahrnehmen, da sein eigenes Schnaufen und das Pochen seines hämmernden Pulsschlags in den Ohren zu laut waren und jedes andere Geräusch übertönten.

      Wolfgang ging davon aus, dass der Inquisitor mittlerweile ebenfalls das Niveau der Straße erreicht hatte. In seiner Fantasie malte er sich aus, wie Institoris sich in alle Richtungen umsah. Als er nichts Verdächtiges bemerkte, kam er unweigerlich zu dem Schluss, dass niemand in der Nähe gewesen sein konnte. Möglicherweise dachte der Inquisitor, dass das Knirschen einen anderen Grund haben musste und vielleicht von einem nachtaktiven Tier stammte. Vor Wolfgangs innerem Auge zuckte Institoris mit den Schultern und ging eilig davon, weg vom Tatort seines feigen Mordes, um seine Verabredung mit dem Gardisten an der Pforte der Vatikanstadt nicht zu versäumen.

      Wolfgang konnte dem Inquisitor jetzt natürlich nicht länger auf den Fersen bleiben, aber das war ohnehin nicht notwendig, da er wusste, wohin der Mann unterwegs war. Er musste sich nur dort auf die Lauer legen und beobachten, wie Institoris in den Vatikan gelassen wurde. Alles andere ging ihn nichts mehr an, und folgen konnte er ihm dorthin eh nicht.

      Mit jeder verstreichenden Sekunde beruhigten sich Wolfgangs Erregung, Atmung und Herzschlag immer mehr. Offensichtlich war er noch einmal davongekommen.

      Nachdem die Aufregung sich gelegt und er eine Atempause gewonnen hatte, war es Zeit für einen weiteren nächtlichen Anruf bei Butcher, entschied Wolfgang. Der Rudelführer würde über die erneute Störung seiner Nachtruhe sicherlich ebenso wenig erfreut sein wie beim ersten Mal, aber über die neueste Entwicklung der Dinge wollte er andererseits sicherlich sofort informiert werden.

      Wolfgang postierte sich so, dass er die nach oben führenden Stufen und den oberen Treppenabsatz weiterhin im Auge behalten konnte, und lehnte sich mit der Schulter gegen die kühlen Steine der Seitenwand. Er holte sein Handy aus der Hosentasche und gab Butchers Nummer ein. Schon nach dem ersten Rufzeichen wurde abgenommen. Anscheinend hatte Butcher nicht geschlafen. Entweder war er nach Wolfgangs erstem Anruf nicht wieder zu Bett gegangen, oder er war schon wieder wach, weil er in Kürze ebenfalls in Richtung Vatikanstadt aufbrechen wollte, um sich dort mit eigenen Augen davon zu überzeugen, dass alles nach Plan verlief. Butcher war eben ein Perfektionist. Wolfgang überraschte es daher nicht, dass er alles zusätzlich persönlich kontrollierte, obwohl er genügend Handlanger hatte, die derartige Dinge für ihn erledigten.

      »Wolfgang? Du schon wieder? Was gibt es denn diesmal? Ich hoffe, du hast keine weiteren schlechten Nachrichten für mich.«

      »Wie man’s nimmt«, erwiderte Wolfgang und verzichtete wohlweislich darauf, seinen Rudelführer auf die Folter zu spannen, sondern ließ die Katze sofort aus dem Sack: »Die Hexe ist tot!«

      »Die Hexe ist …«, wiederholte Butcher wie ein grollendes Echo, vollendete den Satz aber nicht. »Du sprichst von Marcella? Bist du dir sicher?«

      Wolfgang nickte heftig, auch wenn Butcher ihn nicht sehen konnte. »Ja. Kein Zweifel. Ich hab’s mit eigenen Augen gesehen.«

      »Wie konnte das passieren? Haben die Inquisitoren die beiden verfolgen können und erwischt? Und was ist mit dem Hexenjäger, ist er wohlauf?«

      »Ja, es …« Wolfgang verstummte und versteifte sich unwillkürlich, da er von oben ein Geräusch gehört hatte. Er lauschte angestrengt, ob es sich wiederholte.

      »Wolfgang, was ist los? Bist du noch dran?«, drang Butchers knurrige Stimme aus dem winzigen Lautsprecher des Mobiltelefons.

      »Einen Moment«, flüsterte Wolfgang und legte die Hand auf das Gerät, um jeden Laut zu dämpfen.

      Er horchte mit höchster Konzentration und spähte aus zusammengekniffenen Augen nach oben. Da tauchte am oberen Ende der Treppe ein dunkler Umriss auf. Augen, die im Mondlicht glitzerten, starrten zu ihm herunter.

      Wolfgangs Herzschlag setzte aus. Erwischt!, dachte er erschrocken, ehe er realisierte, dass es sich nicht um einen Menschen, sondern um einen Hund handelte, der dort oben stand und ihn ansah. Wolfgang erkannte, dass es ein Schäferhund war und sich das Nackenfell des Tiers aufgerichtet hatte. Als Gestaltwandler, der oft selbst in tierischer Erscheinung unterwegs war, wusste er die Signale eines bevorstehenden Angriffs zu deuten. Dennoch war er nicht beunruhigt, sondern froh, dass es nicht der Inquisitor war, der ihn entdeckt hatte. Ein Haustier machte ihm deutlich weniger Sorgen, und daher entspannte er sich wieder ein wenig.

      Obwohl es da, wo sich Wolfgang gegen die kühle Mauer der Tiberbrücke presste, stockfinster war und ein Mensch ihn nicht ohne Weiteres entdeckt hätte, witterte ihn der Hund. Er knurrte aggressiv, zog die Lefzen zurück und entblößte seine spitzen Reißzähne.

      Tiere, speziell Hunde, reagierten sehr unterschiedlich auf Gestaltwandlers. Entweder nahmen sie Reißaus, weil sie die Bestie unter der menschlichen Schale und ihre eigene Unterlegenheit instinktiv erkannten, oder sie gingen zum Angriff über, als wollten sie sich mit einem Rivalen in ihrem Revier messen. Manch dämlicher Köter der zweiten Kategorie hatte zu spät erkannt, dass er sich mit einem Wesen anlegte, das ein paar Nummern zu groß für ihn war, und seinen Übermut mit dem Leben bezahlt.

      Von der Brücke war die Stimme eines Mannes zu hören. Er rief ein paar Worte in italienischer Sprache, die Wolfgang nicht verstehen konnte. Er konnte aber den Rauch einer brennenden Zigarette riechen. Es war also nur jemand, der seinen Hund Gassi führte, weil dieser mitten in der Nacht ein dringendes Bedürfnis verspürt hatte, und die Gelegenheit nutzte, eine Zigarette zu rauchen.

      Der Hund knurrte erneut, lauter und eindringlicher dieses Mal. Die Lefzen waren jetzt ganz hochgezogen, sodass eine Reihe spitzer Zähne sichtbar war. Der Schäferhund machte einen weiteren zögerlichen Schritt in Wolfgangs Richtung, ohne allerdings die Treppe zu betreten, und duckte sich zum Sprung.

      Trotz dieser Anzeichen, dass der Köter ihn attackieren wollte, blieb Wolfgang ruhig und gelassen. Immerhin hatte er mit dem Auftauchen des Inquisitors gerechnet, der tatsächlich in der Lage gewesen wäre, ihn in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. Institoris hatte mittlerweile Marcella als Hexe identifiziert und erledigt. Möglicherweise verdächtigte er jetzt auch Wolfgang, nicht der zu sein, der er zu sein vorgab, sondern ebenfalls zu den Luziferianern zu gehören. Vor allem, wenn er realisierte, dass Wolfgang ihm und der Hexe heimlich hierher gefolgt war.

      Doch vor einem Hund – egal, welcher Größe oder Rasse – hatte er keine

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