INQUISITOR MICHAEL INSTITORIS 1 - Teil Vier. Eberhard Weidner

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INQUISITOR MICHAEL INSTITORIS 1 - Teil Vier - Eberhard Weidner Inquisitor Michael Institoris 1

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Wolfgang die Stufen in Angriff. Vorsichtig und möglichst lautlos folgte er ihnen durch die Dunkelheit. Schon nach wenigen Stufen gewöhnten sich seine Augen an die dürftigen Lichtverhältnisse, sodass er mithilfe seiner verbesserten Nachtsichtigkeit vage Umrisse erkennen konnte. Von Institoris und Marcella sah er jedoch nichts, da diese bereits das Ende der Treppe unten am Fluss erreicht haben und unterhalb der Brücke verschwunden sein mussten. Er hörte allerdings ihre Stimmen, die deutlicher wurden, je näher er ihnen mit jedem Schritt kam. Und je tiefer er stieg, desto vorsichtiger wurde er. Behutsam setzte er den Fuß auf die jeweils nächste Stufe, um keinen herumliegenden Gegenstand – eine weggeworfene Flasche oder einen herumliegenden Kieselstein – loszutreten, der die übrigen Stufen hinunterrollen, Lärm verursachen und seine Gegenwart verraten könnte.

      Schließlich erreichte auch er das Ende der Treppe. Er blieb auf der letzten Stufe im Schatten der Brückenmauer stehen und spähte um die Ecke. Die Hexe und der Inquisitor waren so nah, dass er die Worte, die sie wechselten, über das beständige Rauschen des Wassers hinweg gut verstehen konnte. Und der Schein einiger heller Lichter vom jenseitigen Ufer und ihre Reflexionen auf dem Wasser ließen ihn die beiden Personen erkennen, denen er bis an diesen einsamen Ort gefolgt war.

      Marcella und Institoris standen auf einem schmalen Streifen festgestampfter Erde, der an dieser Stelle das erhöhte Ufer des rasch dahinströmenden Flusses bildete und unter der Brücke hindurchführte, und befanden sich etwa auf halber Höhe zur anderen Seite. Der Ort war höchstwahrscheinlich auch bei Tage verlassen und bot die ideale Kulisse für eine ungestörte Unterhaltung. Doch was hatten die beiden zu besprechen, was sie nicht auch in der Abgeschiedenheit ihres Hotelzimmers hätten bereden können? Und wieso waren sie dazu ausgerechnet an diesen Ort gekommen?

      Auf den ersten Blick erkannte Wolfgang, dass Marcella und Institoris in eine verbale Auseinandersetzung verwickelt waren. Marcella stand mit dem Rücken zum Fluss und hatte die Arme vor der Brust verschränkt, als wäre ihr kalt. Der Inquisitor lehnte nur wenige Meter von ihr entfernt mit der Schulter gegen den gemauerten Grundbau der Brücke, der den schmalen Fußweg auf einer Seite begrenzte. Da Institoris dem heimlichen Beobachter den Rücken zuwandte, erkannte Wolfgang erst auf den zweiten Blick, dass er eine Pistole in der Hand hielt, deren Mündung auf die Hexe gerichtet war. Hatte sich also Wolfgangs Verdacht bewahrheitet, dass der Inquisitor die Hexe mittlerweile durchschaut hatte und wusste, wen er in Wirklichkeit vor sich hatte?

      Wolfgang rührte sich keinen Millimeter von der Stelle, um seine Anwesenheit nicht versehentlich zu verraten, während er alles aufmerksam beobachtete und interessiert den Worten der beiden lauschte.

      »In Wirklichkeit bist du also eine Hexe! Mehr muss ich nicht wissen, um zu erkennen, mit wem ich es hier tatsächlich zu tun habe.«

      »Aber ich liebe dich trotzdem, Michael. Das musst du mir einfach glauben.«

      »Liebe?« Der Inquisitor lachte humorlos und hämisch. »Als wenn Kreaturen wie du zu derartigen Gefühlen überhaupt in der Lage wären. Und warum sollte ich dir auch nur ein einziges Wort glauben? Du hast mich die ganze Zeit über nach Strich und Faden belogen. Erzähl mir also nicht, dass du ausgerechnet jetzt damit anfängst, die Wahrheit zu erzählen. Dir geht es doch nur darum, dein armseliges Leben zu retten, und dazu ist dir vermutlich jedes Mittel recht. Außerdem ist ohnehin alles gelogen, was ihr Luziferianer von euch gebt, sobald ihr nur den Mund aufmacht. Das weiß doch jeder.«

      »Ich bestreite ja gar nicht, dass ich eine Hexe bin und dich getäuscht habe«, wandte Marcella ein. »Aber … aber ich wollte dir mit Sicherheit nie schaden. Zumindest das musst du mir glauben, auch wenn du mich wegen all der bisherigen Täuschungen zu Recht verachtest. Aber nur weil ich eine Hexe bin, heißt das noch lange nicht, dass ich nicht fähig wäre, die Wahrheit zu sagen oder jemanden zu lieben.«

      »So? Dann muss man mir während der Ausbildung die Unwahrheit erzählt haben, als man mich lehrte, dass Luziferianer – und dazu gehört ohne Zweifel auch das Hexengezücht – keine wahren Gefühle entwickeln können, weil sie gottlose Wesen ohne Seele sind. Willst du allen Ernstes behaupten, dass meine Vorgesetzten und Ausbilder und alle andere Repräsentanten der Kirche und der Inquisition, die diese Meinung teilen, Lügner sind?«

      Marcella zuckte in einer Geste der Hilflosigkeit mit den Achseln. Denn ganz egal, was sie auf diese Frage erwiderte, es wäre auf jeden Fall falsch und könnte ihr Todesurteil besiegeln. »Was sollen sie euch auch anderes erzählen?«, fragte sie im Gegenzug, und eine Spur ehrlicher Entrüstung verdrängte die tiefe Verzweiflung, die sich in ihrem Gesicht abgezeichnet hatte. »Das ist doch auch nur Propaganda. Schließlich führen Kirche und Inquisition, die vermeintlich Guten, auf der einen Seite und Luziferianer, die angeblich Bösen, auf der Gegenseite seit Jahrzehnten einen furchtbaren, erbarmungslosen Krieg gegeneinander. Bei uns geschieht das Gleiche, nur unter umgekehrten Vorzeichen. Uns wird von Kindesbeinen an beigebracht, dass alle Inquisitoren brutale, gnadenlose und blutrünstige Monster sind, die uns und alle anderen Luziferianer nur deshalb verfolgen, weil wir andersartig sind und in ihrem von der katholischen Kirche geprägten Weltbild keinen Platz haben. Wie im Mittelalter werden tagtäglich Unschuldige von der Inquisition verhaftet und in deren Kellerverliesen grundlos, aber genüsslich gefoltert. Dass es genau so und nicht anders geschieht, dachte ich früher auch. Doch nachdem ich dich getroffen und besser kennengelernt hatte, merkte ich sehr schnell, dass das, was mir einst beigebracht worden war, nicht völlig der Wahrheit entspricht. Mag sein, dass es in euren Reihen Leute gibt, auf die all das zutrifft, was uns gelehrt wird, und die man mit Fug und Recht als bösartig bezeichnen kann – so wie es auch bei uns viele gibt, auf die diese Bezeichnung zutrifft. Man kann aber doch nicht alle über einen Kamm scheren. Ich selbst unterscheide mich beispielsweise kaum von einem gewöhnlichen Menschen, da meine Fähigkeiten als Hexe gering sind. Und vielleicht bin ich deshalb eher in der Lage, wahre Liebe für jemand anderen zu empfinden. Außerdem habe ich mir nichts davon bewusst ausgesucht – weder meine Herkunft, für die ich nichts kann, noch dass ich unverhofft tiefer gehende Gefühle für dich entwickelte, als gut für mich war. Und wenn ich dich jetzt so ansehe in deiner Verblendung und deiner Selbstgerechtigkeit, würde ich lieber heute als morgen auf jegliche Empfindung für dich verzichten.«

      Michael hatte Marcella ausreden lassen, doch das geschah wohl nur aus Höflichkeit, da weder an seiner Mimik noch an seiner Körperhaltung zu erkennen war, ob etwas von dem, was sie sagte, zu ihm durchdrang und ihn in seinem Innersten berührte. Stattdessen wirkte er so unnahbar wie ein Pflasterstein.

      »Hör zu, Hexe!«, sagte er und ließ das Wort Hexe wie ein Schimpfwort klingen. »Selbst wenn ein Körnchen Wahrheit in dem stecken sollte, was du sagtest, kann ich dennoch nichts für jemanden wie dich empfinden, da du zu denen gehörst, die der Menschheit Schaden zufügen und sie ins Verderben stürzen wollen. Als ich vom Papst zum Inquisitor ernannt wurde, schwor ich, die Menschheit zu beschützen und dich und deinesgleichen gnadenlos zu bekämpfen. Diesen Schwur leistete ich vor Gott und kann ihn somit nicht brechen, ohne das Heil meiner eigenen unsterblichen Seele zu riskieren. Spar dir also gefälligst deine erbärmlichen Beteuerungen und Ausflüchte, da diese bei mir ohnehin auf taube Ohren stoßen. Erzähl mir lieber von den Dingen, die ich von dir wissen will.«

      Marcella seufzte lang und laut und senkte den Blick. Ihre Angriffslust schien aus ihr heraus und in den Erdboden zu sickern. Sie sackte sichtbar in sich zusammen, als würde alle Kampfeslust und jede Widerstandskraft in ihr ersterben. Es waren mehr als deutliche Anzeichen, dass sie resigniert hatte und sich ihrem Schicksal – wie immer dieses aussah – ergab. Scheinbar hatte sie erkannt, dass sie den Inquisitor mit Worten allein nicht von der Wahrhaftigkeit ihrer Empfindungen überzeugen konnte. Ihre Gesichtszüge verhärteten sich, als sie einen folgenschweren Entschluss fasste, der nicht nur sie betraf, sondern auch den Mann, den sie zu lieben behauptete. Sie hob den Blick und richtete ihn auf den Inquisitor, der noch immer mit der Pistole auf sie zielte, obwohl sie alles andere als eine Bedrohung für ihn darstellte. Ihre Augen füllten sich mit neuer Lebhaftigkeit und funkelten in finsterer, nahezu tödlicher Entschlossenheit.

      »Es

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