Sie war meine Königin. Janina Hoffmann

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Sie war meine Königin - Janina Hoffmann

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Angelina schien zutiefst beeindruckt. „Und dein Papa verdient das viele Geld?“

      Ich nickte. „Er arbeitet als Anwalt in der Stadt. Er ist nicht oft zu Hause.“

      „Guidos Papa ist gar nicht mehr bei uns zu Hause“, berichtete Angelina, und ihre Stimme hatte einen traurigen Unterton. „Er wohnt in eine andere Stadt und hat jetzt eine andere Frau.“

      Ich hielt es für klüger, nicht zu erwähnen, dass mein Vater auch andere Frauen hatte und meine Mutter damit zur Verzweiflung trieb.

      „Ich habe einen Stiefbruder und einen Halbbruder“, sagte Guido.

      „Guidos Stiefbruder ist der Sohn von der Frau, die Guidos Papa geheiratet hat“, erklärte Angelina und kostete nun ebenfalls von ihrem Eis. „Und zusammen haben sie auch noch einen kleinen Sohn bekommen. Das ist Guidos Halbbruder.“

      „Mein Stiefbruder hat schon ein Motorrad“, ließ mich Guido wissen. „Neulich durfte ich da sogar mitfahren.“

      „Willst du Fotos von unsere Familie sehen?“, bot Angelina an.

      Ich nickte.

      Sie stand auf und kehrte kurz darauf mit zwei Fotoalben zurück. Dabei war ich davon ausgegangen, dass sämtliche Familienbilder bereits an den Wänden der Wohnung hingen. Angelina stellte das Tablett, auf dem sie die Eisbecher serviert hatte, auf den Boden und schlug eines der auf dem Tisch liegenden Fotoalben auf. Die ersten Bilder waren schon älter, teilweise noch schwarzweiß, und zeigten Angelinas Eltern. Sie sei mit fünf Geschwistern aufgewachsen, verriet sie mir.

      Angelina wusste zu jedem Bild eine Geschichte zu erzählen. Die Zeit verging dabei im Nu. Zwischendurch klingelte einmal das Telefon im Wohnzimmer. Angelina verließ den Balkon und schloss die Balkontür hinter sich, als sollten Guido und ich nicht hören, was gesprochen wurde. Als sie zurückkehrte, machte sie einen enttäuschten Eindruck.

      „Wer war es denn?“, fragte zum Glück Guido, denn mich interessierte es ebenfalls, aber es wäre mir zu neugierig vorgekommen, mich selbst danach zu erkundigen.

      „Das war Harry. Er kann heute doch nicht kommen.“

      Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wer dieser Harry war, doch seine Absage schien Guido alles andere als traurig zu stimmen. Er lächelte zufrieden und zeigte dabei seine Zahnspange. Angelina kommentierte die Reaktion ihres Sohnes jedoch nicht und widmete sich wieder den Familienfotos.

      Nachdem wir das erste Fotoalbum durchgeblättert hatten, sagte sie zu mir: „Ich glaube, die anderen Bilder heben wir uns für deine nächste Besuch auf. Es ist schon spät. Deine Eltern warten sicher schon auf dich.“

      Da fiel mir siedend heiß Melissa ein, die ich vor Stunden am See zurückgelassen hatte. Schnell verabschiedete ich mich, versprach, nach dem Frankreich-Urlaub wieder zum Friseursalon zu kommen und verließ die Wohnung. Mein Fahrrad stand samt Badetasche zum Glück noch da, wo ich es im Hausflur abgestellt hatte.

      Eilig machte ich mich, nachdem ich mit dem Aufzug endlich im Erdgeschoss angekommen war und das Haus verlassen hatte, mit dem Fahrrad auf zum See. Dabei wäre es schon höchste Zeit gewesen, auf kürzestem Wege nach Hause zu fahren. Der See lag etwas abseits von der Straße hinter einigen Bäumen. Ich machte mir noch die Mühe, bis ans Wasser heranzufahren, obwohl ich schon ahnte, dass sich dort niemand mehr aufhielt. Und richtig: Der See sowie das Ufer waren menschenleer. Sicher war Melissa zusammen mit ihren Freundinnen schon vor einer Weile nach Hause gefahren. Das hätte ich Blödmann mir auch gleich denken können. So hatte ich nun unnötigerweise einen Umweg auf mich genommen, der mir den Ärger meiner Eltern einbringen würde.

      Ich geriet bei der Geschwindigkeit, die ich nun auf der Rückfahrt an den Tag legte, etwas außer Atem, doch es ging um jede Minute. Jede Minute, die ich früher zu Hause ankäme, würde die Panik, die meine Mutter jetzt sicher schon empfand, mildern, redete ich mir ein. Dann fiel mir ein, dass Samstag und mein Vater daher vermutlich sogar zu Hause war. Es würde ein Donnerwetter geben, egal wie sehr ich mich beeilte. Das Hochgefühl, das ich bei dem Besuch bei Angelina Angelo empfunden hatte, wurde von einem unguten Gefühl verdrängt, das sich nun in meinem Magen breitmachte und mich wünschen ließ, ich hätte das Eis nicht gegessen.

      Bei meiner Ankunft zu Hause stand zum Glück weder meine Mutter noch mein Vater an der Straße. Ich wertete das als mögliches Zeichen, dass sich ihre Aufregung noch in Grenzen hielt. Ich stieg von meinem Fahrrad und klingelte an der Pforte, da sich diese von außen nicht öffnen ließ. Der Summer erklang ohne Nachfrage, und ich schob mein Fahrrad an der Hauswand entlang bis zur breiten Garage, die bis zu drei Wagen beherbergte und in deren Nebenraum ich es abstellte. Der Sportwagen meines Vaters fehlte, also war er wieder einmal unterwegs. Allerdings wunderte es mich schon, dass auch meine Mutter mich noch nicht an der Haustür erwartete. Daher klingelte ich dort erneut. Es dauerte einen Moment, bis die Tür durch Frau Hubertus, die Haushälterin, geöffnet wurde. „Hallo Constantin“, begrüßte sie mich. „Du bist gerade rechtzeitig zum Abendessen zurück. Deine Eltern haben sich kurzfristig mit Bekannten in einem Restaurant verabredet, soll ich dir und Melissa ausrichten.“ Ein Stein fiel mir vom Herzen. So würde mir die Strafpredigt vermutlich heute erspart bleiben. Die Erleichterung schwand sofort, als Frau Hubertus fragte: „Wo ist Melissa überhaupt?“

      Mir fiel nichts Besseres ein als zurückzufragen, während ich Frau Hubertus in den geräumigen Flur folgte: „Ist Melissa denn noch nicht zu Hause?“

      „Nein. Ich dachte, ihr wärt zusammen unterwegs. So sagte es mir jedenfalls deine Mutter. Na ja, vielleicht habe ich da auch etwas falsch verstanden.“

      „Nein“, widersprach ich hastig. „Melissa und ich waren zusammen unterwegs. Aber sie wollte lieber bei ihren Freundinnen am See bleiben, und ich ... hatte keine Lust mehr zum Baden.“

      „Ach, dann wird Melissa wohl bei einer ihrer Freundinnen sein“, meinte Frau Hubertus unbekümmert. „Dann hast du das Essen gleich für dich allein.“

      Während ich kurz darauf allein am Esstisch sitzend auf dem Hackkloß herumkaute, den Frau Hubertus zusammen mit Kartoffelpüree und Erbsen serviert hatte, dachte ich darüber nach, dass das gar nicht Melissas Art war, einfach so mit zu einer Freundin zu fahren, ohne zu Hause Bescheid zu sagen. Sie wusste doch, wie schnell sich unsere Mutter ängstigte, und dass alleinige Unternehmungen nach so einer Aktion verboten werden könnten, konnte sie sich wohl auch denken. Ich ließ meinen noch halb vollen Teller zurück und ging in die Küche, in der Frau Hubertus noch mit Putzen und Aufräumen beschäftigt war. Wahrscheinlich hatten meine Eltern sie gebeten, länger zu bleiben, damit Melissa und ich nicht allein wären. „Frau Hubertus“, sprach ich die Frau an, die so in das Scheuern der Arbeitsplatte vertieft war, dass sie mein Eintreten gar nicht bemerkt hatte.

      „Constantin. Was ist los? Willst du noch einen Hackkloß haben? Oder lieber noch etwas von dem Kartoffelpüree?“

      Ich schüttelte energisch den Kopf. „Nein, Frau Hubertus. Aber wir müssen herausfinden, wo Melissa steckt.“

      In einer Kommode im Flur lag ein Heft, in dem meine Mutter unter anderem die Telefonnummern von Melissas und meinen Klassenkameraden notiert hatte. Ich überredete Frau Hubertus, bei Melissas Freundinnen anzurufen und sich zu erkundigen, ob sich meine Schwester dort aufhielt. Die Haushälterin, die nun einen leicht beunruhigten Eindruck machte, kam meiner Bitte nach und wählte vom Telefon im Flur aus nacheinander fünf Nummern, um immer wieder dasselbe in Erfahrung zu bringen: Melissa wurde zuletzt am Badesee gesehen.

      „Jetzt mache ich mir langsam Sorgen“, murmelte Frau Hubertus, als sie den Hörer

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