Sie war meine Königin. Janina Hoffmann

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Sie war meine Königin - Janina Hoffmann

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bin nur so froh, dass euch nichts passiert ist“, sagte unsere Mutter. Zu meinem Entsetzen liefen ihr Tränen über die Wangen.

      „Ist Papa gar nicht da?“, fragte ich, nachdem wir das Haus betreten hatten, hauptsächlich, um das Thema zu wechseln, denn mein Vater war um diese Uhrzeit selten schon zu Hause.

      „Nein“, erklärte meine Mutter. „Er hat noch etwas im Büro zu tun. Es kann wieder einmal spät werden, hat er gesagt. Wir sollen ohne ihn essen. Aber zuerst wascht ihr euch die Hände.“

      „Freut ihr euch denn schon auf unseren Urlaub?“, wollte meine Mutter mit aufgesetzt fröhlicher Stimme wissen, als wir alle etwas von dem asiatischen Gericht, das die Haushälterin auf Wunsch meiner Mutter zum ersten Mal zubereitet hatte, auf dem Teller hatten.

      Anfang nächster Woche wollten wir an die Côte d‛Azur aufbrechen, also in einigen Tagen, denn es war schon Freitag. Normalerweise freute ich mich auf die Familienurlaube, in denen mein Vater ausnahmsweise Zeit für Melissa und mich hatte, doch diesmal würden mich die zwei Wochen in Frankreich nur von Angelina Angelo fernhalten. Also würde ich die nächsten Tage umso intensiver nutzen müssen, um ihr nah zu sein.

      „Klar!“, antwortete Melissa begeistert und verzog, nachdem sie den ersten Bissen von dem Essen gekostet hatte, den Mund. „Das schmeckt aber komisch.“

      „Das ist thailändisch und hat extra wenig Kalorien“, erklärte unsere Mutter. „Genau das Richtige für abends. Ich habe das Rezept aus einer Zeitschrift und Frau Hubertus gebeten, es nachzukochen. Es ist ihr sehr gut gelungen.“

      „Na ja, geht so“, meinte Melissa mit wenig Begeisterung.

      Mich überzeugte der süßsäuerliche Geschmack ebenfalls nicht, doch wollte ich die Laune meiner Mutter nicht unnötig trüben und aß daher schweigend, bis das Klingeln des Telefons die Stille unterbrach. In mehreren Räumen unseres Hauses stand ein Apparat, so auch im Esszimmer.

      „Ich gehe schon“, bot ich an. So irrational es auch sein mochte, ich hoffte insgeheim, Angelina Angelo könnte am anderen Ende der Leitung sein.

      „Constantin Hart“, meldete ich mich.

      Für einen Moment antwortete niemand. Dann fragte eine weibliche Stimme: „Ist dein Vater zu sprechen?“

      „Nein“, antwortete ich. „Der ist im Büro.“

      „Aha, im Büro ist er also. Bist du sicher?“ Die Anruferin lachte amüsiert.

      „Ja“, bestätigte ich leicht irritiert.

      „Na, wenn das so ist, werde ich sehen, dass ich deinen Vater schnell im Büro anrufe, bevor er seinen wohlverdienten Feierabend macht“, sagte die Frau immer noch heiter. Dann legte sie einfach auf.

      „Wer war das?“, fragte meine Mutter, nachdem ich wieder Platz genommen hatte.

      Mir entging nicht der leicht alarmierte Tonfall ihrer Stimme. „Weiß ich nicht.“

      „Was soll das heißen: ‚Weiß ich nicht?‛ Du musst doch wissen, mit wem du gerade gesprochen hast.“

      „Die Frau hat ihren Namen nicht genannt.“

      „Die Frau. Aha.“ Meine Mutter nahm, wohl um sich zu beruhigen, einen Schluck aus ihrem Wasserglas. Gezwungen beiläufig fragte sie anschließend: „Und was wollte ... die Frau?“

      „Mit Papa sprechen.“

      „Aha.“ Meine Mutter presste ihre Lippen aufeinander und griff nach der Stoffserviette neben ihrem Teller, die sie mit ihrer rechten Hand fest zusammenknüllte. „Aha“, wiederholte sie. Nach einer kurzen Pause noch einmal: „Aha.“

      „Ich mag nicht mehr“, sagte Melissa, der das seltsame Verhalten unserer Mutter anscheinend nicht auffiel, und legte ihr Besteck auf den noch halb gefüllten Teller.

      Unsere Mutter blickte ins Leere. „Aha.“

      „Mama“, sprach ich sie an und griff nach ihrer linken Hand, die zur Faust geballt auf dem Tisch lag, während die rechte noch die Serviette krampfhaft umfasste. „Ist alles in Ordnung?“

      Meine Mutter sah mich an und blinzelte kurz. „Wie? Ja, ja. Mit mir ist alles in Ordnung. In bester Ordnung sogar.“ Sie nahm ihr Besteck wieder in die Hand und begann energisch weiterzuessen. Plötzlich hielt sie inne, schluckte mühsam den Bissen, den sie gerade gekaut hatte, hinunter und hielt sich eine Hand vor den Mund, während sie am ganzen Körper zu zittern begann und Tränen in ihre Augen traten.

      „Mama, hast du dich verschluckt?“, wollte Melissa erschrocken wissen.

      Ich wusste es besser und stand auf, um unsere Mutter zu trösten. Melissa sah mir einen Moment lang zu und tat es mir schließlich gleich. Beide umarmten wir unsere Mutter, die nun hemmungslos schluchzte. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie sich wieder einigermaßen in der Gewalt hatte. Dann machte sie sich aus unserer Umarmung frei und erhob sich. „Sagt eurem Vater nichts davon“, bat sie meine Schwester und mich leise und verließ das Esszimmer.

      Am nächsten Tag war ich mit Melissa wieder am Badesee. Ich konnte es kaum erwarten, zum Salon „Engelshaar“ zu gelangen, denn samstags schloss das Friseurgeschäft früher als an den anderen Tagen, wie ich am Vortag durch einen Blick auf das Schild an der Eingangstür, das die Öffnungszeiten zeigte, in Erfahrung gebracht hatte. Daher fragte ich meine Schwester schon bald, während wir uns im Wasser aufhielten, ob wir wieder fahren wollten.

      „Nein“, gab diese entschlossen zurück. „Ich will noch weiterbaden. Außerdem sind wir doch gerade erst angekommen.“

      Ein paar Minuten später versuchte ich es erneut. „Ich habe keine Lust mehr zum Baden. Komm, lass uns fahren und sehen, ob Guido da ist.“

      „Ich will aber nicht zu Guido!“, lautete die abwehrende Antwort meiner Schwester.

      „Aber er sitzt ganz allein vor dem Friseursalon und wartet bestimmt schon auf uns“, appellierte ich an ihr schlechtes Gewissen.

      „Das ist mir doch egal! Guido kann ja zu uns an den See kommen!“

      „Du bist echt bescheuert!“, beschimpfte ich meine Schwester.

      „Nein, du bist bescheuert!“, wehrte sie sich. „Und jetzt lass mich in Ruhe!“

      „Ich fahre jetzt zu Guido“, kündigte ich an. „Bleib doch hier, wenn du nicht mitkommen willst.“

      „Aber Papa hat gesagt, dass wir immer zusammenbleiben sollen, wenn wir unterwegs sind“, erinnerte mich Melissa.

      „Dann musst du mit zu Guido kommen.“

      „Ich will aber nicht!“

      „Du bestimmst aber nicht, was gemacht wird, weil ich von uns beiden älter bin!“ Mir fiel nichts Besseres ein, als meine Schwester mit der Absicht, sie im Wasser zu Fall zu bringen, zu schubsen. Sie hielt jedoch ihr Gleichgewicht.

      „He, was soll das, Constantin!“, wollte sie verärgert wissen. „Jetzt komme ich erst recht nicht mit zu deinem blöden Guido!“

      „Er ist kein blöder Guido!“, verteidigte ich den

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