Sie war meine Königin. Janina Hoffmann

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Sie war meine Königin - Janina Hoffmann

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allein unterwegs ist“, fühlte sich meine Mutter nun genötigt, ihren Standpunkt zu verteidigen. „Er ist noch zu jung. Da draußen kann ihm alles Mögliche passieren.“

      „Aber meine Freunde ...“, setzte ich an, um ihr zu widersprechen.

      Mein Vater hob seine rechte Hand leicht, um mir zu bedeuten zu schweigen. „Ab jetzt darfst du so viel mit deinem Rad unterwegs sein, wie du willst“, bestimmte er und sah dabei meine Mutter an. „Aber zu den Mahlzeiten bist du rechtzeitig zu Hause, wenn du Ärger vermeiden willst.“

      „Ja, klar, ich ...“

      „Und was ist mit mir?“, unterbrach Melissa ungeduldig. „Ich will auch allein mit dem Rad fahren dürfen.“

      „Du kannst Constantin begleiten“, entschied mein Vater. Dann wandte er sich an mich. „Du trennst dich nicht von deiner Schwester, wenn sie mit dir unterwegs ist, verstanden?“

      Ich nickte, obwohl ich ganz und gar nicht damit einverstanden war.

      „Schön, dass ihr drei euch einig seid“, warf meine Mutter mit leicht zitternder Stimme ein. Sie war kurz davor zu weinen. Auf einmal tat sie mir leid. Aber ihr ständiges Bemuttern konnte einem wirklich auf die Nerven gehen.

      Mein Vater warf einen Blick auf seine teure Armbanduhr, ohne darauf einzugehen. „Entschuldigt mich bitte. Ich muss jetzt los zu meinem Termin. Esst in Ruhe ohne mich zu Ende.“ Mit diesen Worten stand er auf und verließ den Raum.

      An den darauffolgenden Tagen wurde es wärmer und sonniger – das ideale Wetter zum Fahrradfahren. Leider hatte ich dabei die ganze Zeit Melissa im Schlepptau. Um allein zu sein, hatte ich ihr sogar angeboten, mit ihr „Prinzessin und Aristokrat“ zu spielen, wenn sie anschließend zu Hause bliebe. Doch davon wollte Melissa überhaupt nichts wissen. So fuhren wir gemeinsam, unsere Badesachen auf den Gepäckträger geklemmt, an den See, wo viele unserer Klassenkameraden versammelt waren, um sich in dem flachen Gewässer zu erfrischen. Außerdem hatte Melissa stets ihre türkisfarbene „Prinzessinnentasche“ bei sich, um die sie ihre Freundinnen beneideten. Meine Schwester band die Tasche jedesmal sorgfältig an ihrem Fahrrad fest, bevor sie es abschloss und sich auf ins Wasser machte, damit ihre kostbare Tasche auch ja nicht abhanden kam. Auf dem Rückweg nach Hause bestand ich jedes Mal darauf, noch einen Schlenker durch den Ort zu machen, vorbei am Salon „Engelshaar“, in der Hoffnung, einen Blick auf Angelina Angelo zu erhaschen. Melissa nahm den Umweg glücklicherweise in Kauf, ohne nach dem Grund dafür zu fragen. Einmal sahen wir am späten Nachmittag neben der Eingangstür des Friseursalons einen Jungen mit dunklen Locken, der etwa so alt war wie ich, auf den Steinplatten knien und mit Murmeln spielen. Vielleicht war das ja Guido. Ich hielt so abrupt an, dass meine Schwester, die hinter mir fuhr, fast in mein Fahrrad gefahren wäre.

      „He, du Blödmann, was soll das denn?“, beschwerte sie sich, doch ich achtete schon gar nicht mehr auf sie, sondern ging mit meinem Fahrrad auf den Jungen zu, der bei meinem Näherkommen von seinem Murmelspiel aufsah. Der Junge hatte vorstehende Zähne – vielleicht war das der Grund, dass sein Mund halb offen stand - und trug eine Zahnspange.

      „Hallo Guido“, begrüßte ich ihn.

      „Woher weißt du denn, wie ich heiße?“, erwiderte Guido und sah mich hinter den dicken Gläsern seiner Brille verwundert an, statt den Gruß zu erwidern. Wegen seiner Zahnspange sprach er etwas undeutlich.

      „Ich kann hellsehen“, behauptete ich.

      „Kannst du gar nicht!“, widersprach Melissa, die ebenfalls von ihrem Rad abgestiegen und mir gefolgt war.

      „Dürfen meine Schwester und ich mitspielen?“, fragte ich.

      „Aber wir müssen doch nach Hause“, erinnerte mich Melissa.

      „Ein paar Minuten haben wir noch Zeit“, widersprach ich, obwohl wir in der Tat schon ziemlich spät dran waren.

      Eine Weile kullerten wir die Murmeln hin und her, nachdem wir Guido unsere Namen verraten hatten. Dann wurde die Tür des Salons geöffnet, und Angelina Angelo trat gefolgt von ihrer Schwester und Emily nach draußen. Ihre gelben Kittel hatten die drei im Salon gelassen. Die Friseurinnen trugen bunte T-Shirts mit irgendwelchen Aufschriften zu ihren Jeans. So etwas würde meine Mutter im Leben nicht anziehen. Ihre Kleidung musste stets Eleganz ausstrahlen und entsprechend viel kosten.

      Während Emily und Sabrina nicht weiter Notiz von uns nahmen und zu ihren Fahrrädern gingen, kam Angelina zu meiner großen Freude auf uns zu. „Na, Guido, hast du Freunde gefunden?“, fragte sie und strich ihrem knienden Sohn über das Haar.

      Guido stand auf und nickte. Melissa und ich erhoben uns ebenfalls. „Hallo Angelina“, sagte ich mutig.

      „Hallo ihr zwei“, begrüßte Angelina meine Schwester und mich lächelnd. „Leider kenne ich eure Namen nicht.“

      „Constantin und Melissa“, antwortete ich schnell.

      „Che bello“, fand Angelina. „Was für schöne Namen.“

      „Bist du öfter hier?“, fragte ich Guido, während mein Herz wegen Angelinas Kompliment noch raste. Dabei hatte ich ihren Sohn ja zum ersten Mal dort spielen gesehen.

      „Manchmal“, antwortete Guido.

      „Guido war ein paar Tage bei seine Papa“, erklärte Angelina. „Aber jetzt ist er wieder bei mir.“

      „Dann sehen wir uns morgen wieder?“, wollte ich wissen.

      Guido nickte.

      „Er freut sich, euch zu sehen“, übersetzte Angelina die Geste ihres Sohnes. „Aber jetzt müssen wir nach Hause.“

      „Ja, wir auch“, fiel mir siedend heiß ein. „Bis morgen, Guido!“

      „Bis morgen!“, wiederholte Melissa.

      Guido hob zum Abschied die Hand, während meine Schwester und ich auf unsere Fahrräder stiegen. Dann traten wir schnell in die Pedalen, um die beim Murmelspiel verlorene Zeit wieder aufzuholen, obwohl das natürlich unmöglich war.

      Unsere Mutter erwartete uns bereits an der Straße vor dem hohen Metallzaun stehend, der unser Grundstück umgab. Als sie uns näherkommen sah, hielt sie beide Hände wie zum Gebet vor ihren Mund.

      „Wo kommt ihr jetzt her?“, wollte sie mit unangenehm schriller Stimme wissen, nachdem Melissa und ich abgestiegen waren. Sie öffnete die Pforte, damit meine Schwester und ich unsere Fahrräder hindurchschieben könnten. „Wisst ihr eigentlich, wie spät es ist und was für Sorgen ich mir gemacht habe? Ich habe gedacht, ihr wärt im See ertrunken!“

      „Mama, in dem See kann man nicht ertrinken“, erklärte ich. „Dafür ist er nämlich zu flach.“

      „Trotzdem!“, beharrte meine Mutter. „Euch hätte sonst was passiert sein können! Ihr wisst, was euer Vater gesagt hat! Zu den Mahlzeiten sollt ihr pünktlich wieder zu Hause sein!“

      „Entschuldigung“, lenkte ich ein. „Das wird nicht wieder vorkommen.“

      „Das will ich auch hoffen! Ihr wisst gar nicht, was ich für Ängste um euch ausgestanden habe!“

      Nachdem Melissa und ich unsere Fahrräder abgestellt hatten, hinderte uns unsere Mutter daran, ins Haus zu gehen, indem sie

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