Breathe. Elena MacKenzie

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Breathe - Elena MacKenzie

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Kleinstadt im ganzen Land, aber unser Leben dort war immer sicher. Ich schüttle mich, als mir klar wird, dass ich gerade einen Anflug von Mitleid mit meinem Entführer habe. Auf keinen Fall sollte ich solche Gefühle zulassen. Alles, was er von mir bekommen sollte, ist Hass und Zorn.

      »Wir haben alle so unsere Probleme, aber das gibt dir nicht das Recht, mir das hier anzutun. Ich hab nichts mit dem zu tun, was er dir und deiner Familie angetan hat.«

      »Was tue ich dir denn an? Du wolltest raus aus deinem Leben, ich helfe dir nur dabei«, schnaubt er, dann schaltet er das Radio an und dreht es so laut, dass klar ist, für ihn ist diese Unterhaltung beendet.

      Ich drehe mich von ihm weg zur Tür hin, lehne meine Stirn wieder gegen die kühle Scheibe und erlaube es mir, in der Dunkelheit meinen Tränen freien Lauf zu lassen, während draußen Felder an uns vorbeihuschen, die in der Nacht kaum mehr als tiefschwarze Flächen sind, hin und wieder unterbrochen von kleinen Wäldern. Möglichst unauffällig versuche ich, den engen Strick um meine Handgelenke zu lockern und meine Hände aus den Schlingen zu befreien, aber je mehr ich mich darin winde, desto enger ziehen sich die Fesseln zusammen. Und als ich aufsehe und in das breit grinsende Gesicht meines Entführers blicke, gebe ich auf und lasse meine Hände kraftlos in meinen Schoß fallen.

      Ich lehne mutlos den Kopf wieder gegen die Scheibe, und während ich meinen Tränen gestatte zu fließen, die Landschaft monoton an uns vorbeifliegt und ich darüber nachdenke, wie ich vor ihm fliehen kann, oder was mich am Ende dieser Reise erwarten könnte, kämpfe ich gegen die Müdigkeit, die mich befallen hat. Was ich auf gar keinen Fall tun darf, ist einschlafen. Die Kontrolle über das verlieren, was mit mir geschehen wird. Wenn ich überhaupt noch Kontrolle darüber habe. Aber der Gedanke einzuschlafen, macht mir noch mehr Angst. Er lässt mich befürchten, dass im Schlaf Dinge passieren könnten, die meine Situation noch verschlimmern könnten. Oder vielleicht könnte ich eine Möglichkeit zur Flucht verpassen. Oder ich könnte aufwachen und alles wäre nur noch grauenvoller als jetzt schon. Wenigstens weiß ich jetzt noch, wo ich mich befinde. Aber wenn ich einschlafe … Ich könnte wer weiß wo aufwachen.

      3

      Schon seit einiger Zeit kämpft Raven mit der eigenen Müdigkeit, wahrscheinlich hin und her gerissen zwischen ihrer Angst vor mir, dem, was ich mit ihr vorhaben könnte und dem Bedürfnis, die Augen zu schließen, in der Hoffnung, später aufzuwachen und alles war nur ein Traum. Mitleid mit einem Opfer kenne ich eigentlich nicht, aber bei ihr ist es anders. Was wohl daran liegt, dass ich noch nie längere Zeit mit einem Opfer verbracht habe. Bisher waren sie nichts weiter als ein Auftrag, den es zu erledigen galt. Sie ist die Erste, die kein Auftrag ist, sondern nur ein Mittel zur Befriedigung meiner Rache. Und sie ist die Erste, die nicht aus meiner Welt stammt und das alles nicht verdient hat. Ich bin ein Jäger, ausgebildet zu jagen. Aber dabei geht es nur um Abtrünnige. Mit alldem hat sie nichts zu tun.

      Ich stöhne innerlich, als ich an die Szene vorhin im Wald denken muss. Diese zierliche Frau war so mutig, trotzig und selbstbewusst. Stärker als mancher Abtrünniger, der vor mir in den Ketten gehangen hat und aus dem ich stundenlang Informationen gefoltert habe. Sie hat mich zornig gemacht. Und sie hat mich erregt. Ihren Körper an meinem zu spüren, ihre heftige Atmung und ihre Wärme zu fühlen, hat mich fast die Kontrolle verlieren lassen. Ich habe mit mir selbst gekämpft. Ich war so nahe dran, meine dunkle Seite rauszulassen.

      Wir sind jetzt schon etwas länger als zwei Stunden unterwegs. Sie seufzt leise, als ich um eine Kurve fahre und ein Auto uns entgegenkommt, dessen Lichter durch das Innere des Pick-ups huschen. Ihre Augen öffnen sich, sie sieht mich an, für den Bruchteil einer Sekunde verwirrt, doch dann fällt ihr wohl ein, wo sie sich befindet und ihr Blick verfinstert sich. Sie richtet sich auf, drückt sich mit dem Rücken gegen die Autotür und presst trotzig die Lippen aufeinander. Mir gefällt das Funkeln in ihrem Blick, der Zorn, den sie gegen mich richtet. Die Vorstellung, wie es wäre, diese Wut in eine viel heißere Richtung umzulenken, macht mich wahnsinnig vor Verlangen. Und dann diese Lippen. Obwohl sie sie zusammenpresst, sind sie noch immer voll und sehen weich und verführerisch aus. Als wären sie geschaffen, um erobert zu werden. In meinem Kopf sehe ich mir selbst dabei zu, wie ich über diese volle Unterlippe lecke, bevor ich sie zwischen meine Zähne nehme und sanft beiße. Eigentlich bin ich nicht so. Meine Gedanken schockieren mich selbst, aber irgendetwas hat sie an sich, das mich nicht loslässt und aus mir jemanden macht, der ich nicht sein will. Dafür verabscheue ich mich. Dabei habe ich schon viel schlimmere Dinge getan, als anzügliche Gedanken über eine Frau zu haben.

      »Wo sind wir?«, will sie harsch wissen.

      Ich blinzle verwirrt. »Mitten am Arsch der Welt, würde ich sagen.« Ich muss mich mehr auf die Straße konzentrieren, auch wenn es hier meilenweit nur geradeaus geht, das Auto hält sich nicht von allein auf der Straße. Ich grinse, als sie das Gesicht verzieht. Und ich grinse noch einmal, als ihr Blick auf die Pistole fällt, die auf meinen Oberschenkeln liegt. »Das wird nichts, Süße«, sage ich bestimmt.

      »Ich habe gar nicht daran gedacht«, antwortet sie düster.

      »Wenn du nicht daran gedacht hättest, wüsstest du nicht, wovon ich eben geredet habe«, werfe ich grinsend ein und ernte wieder nur ein abfälliges Schnauben. Irgendwie finde ich es sexy, wenn sie das tut, weswegen es bei mir die Wirkung, die sie sich erhofft, völlig verfehlt. Ganz im Gegenteil.

      Ein paar Meter vor uns taucht ein Schild im Scheinwerferlicht auf, das ein Motel bewirbt. »Was hältst du von einem Motel mitten am Arsch der Welt?«, frage ich sie, obwohl mich ihre Meinung nicht interessiert. Ich brauche eine Pause und sie braucht sie auch. Der Weg, der vor uns liegt ist noch weit, und irgendwie will ich nicht, dass sie völlig erschöpft die ganze Nacht neben mir im Auto sitzen muss, nachdem sie den gesamten Abend in der Bar bedient hat. Ich weiß nicht, warum ich überhaupt darüber nachdenke, ob es ihr gut geht oder nicht. Es sollte mich nicht interessieren.

      »Vielleicht habe ich ja Glück und ein Serienmörderpärchen betreibt es. Dann überleben wir die Nacht beide nicht.«

      Ich lache und wiege den Kopf gespielt nachdenklich hin und her. »Oder du hast Pech und es sind Freunde von mir.«

      Sie lacht. »Das wäre kein Pech. Solange ich diese Scheiße nur endlich hinter mir habe.«

      Ohne zu antworten, biege ich auf den Parkplatz des Motels ein. Weder der Parkplatz noch das Motel machen einen vertrauenserweckenden Eindruck. Die Gäste scheinen zumeist Trucker zu sein. Im Moment stehen zwei große Zugmaschinen und ein Transporter auf dem Parkplatz. Vor dem Eingang zum Check-in stehen zwei ältere Kleinwagen und ein Pick-up. Ich fahre den Wagen bis direkt vor die Tür des Schalters. Durch die Glasscheiben kann ich eine ältere Dame sehen, die wahrscheinlich schon zu viele Jahre hier verbracht hat, denn ihr Gesichtsausdruck ist eine Mischung aus Langeweile und Resignation. Als die Scheinwerfer unseres Pick-ups sie blenden, verzieht sie wütend das Gesicht. In dem kleinen Fernseher hinter ihr läuft irgendeine mexikanische Soap, wahrscheinlich stören wir sie gerade dabei.

      »Das Ganze läuft so«, beginne ich und sehe Raven ernst an. »Du gehst dort rein. Du nimmst ein Zimmer für eine Nacht für zwei Personen. Du sprichst nur das Nötigste mit ihr. Sollte ich den Verdacht bekommen, dass du ihr irgendetwas verrätst, du sie um Hilfe bittest oder sonst etwas tust, das mich in Gefahr bringen könnte, dann werde ich die alte Dame durch die Scheibe hindurch erschießen. Ist das klar?«

      »Ist es nicht«, sagt sie mit zusammengekniffenen Augen. »Warum gehst du nicht rein?«

      Ich lache leise auf, zerre ruckartig an ihren Fesseln und ziehe

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