Breathe. Elena MacKenzie

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Breathe - Elena MacKenzie

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eine Kobra schnappt er nach meinen Händen und zieht sie zu sich. Er umwickelt meine Handgelenke mit einem Ende des Gurts, das andere Ende wickelt er sich um seine Faust. »Zuerst solltest du wissen, dass es besser ist, wenn du tust, was ich dir sage, dann werden wir uns wahrscheinlich besser verstehen.«

      Ich lache dumpf auf und verziehe das Gesicht. »Und was sollte ich noch wissen?«

      »Dass ich normalerweise nicht zögere, wenn es darum geht, einen Menschen zu töten.« Seine Miene wird hart, dann legt er den Kopf schief, und in seinen Augen kann ich sehen, dass er jedes Wort ernst meint. Er sagt die Wahrheit, einen Menschen zu töten, bedeutet ihm eigentlich nichts.

      »Und warum zögerst du jetzt?«, will ich bissig wissen. Ich habe nicht vor, ihm zu zeigen, wie angespannt ich bin. Und ich habe nicht vor, mich verunsichern zu lassen. Ich weiß nicht viel über Entführungen, aber ich weiß, dass es wohl das Klügste wäre, wenn ich versuche, einen klaren Kopf zu behalten. Denn ich werde mich nicht einfach fügen. Wie konnte ich in so eine Situation geraten? Es hätte mir klar sein müssen, dass mit diesem Arschloch etwas nicht stimmt. Warum habe ich nicht auf das überlaute Warnsignal in meinem Verstand gehört? Weil ein anderer Teil meines Körpers lauter gebrüllt hat. Der Teil, der mich immer wieder Dummheiten begehen lässt. Der dunkle Teil, der auf der Suche nach etwas ist, von dem ich nicht weiß, was es ist.

      Ice reibt sich mit dem Daumen über den Unterarm. Ich hatte bisher keine Zeit, mir seine Tattoos genauer anzusehen, aber diese Bewegung lenkt meine Aufmerksamkeit auf etwas, das ich kenne, weil ich es schon bei zwei Männern gesehen habe. Rage und meinem Vater. Beide hatten dieses Symbol auf ihren Lederkutten, wenn sie uns besucht haben. Es ist das Zeichen eines Motorradclubs, das weiß ich, weil ich manchmal fernsehe. Ich unterdrücke jede Reaktion, weil ich nicht will, dass Ice mitbekommt, dass ich das Symbol erkannt habe. Hier geht es also um irgendwelche Streitereien unter Bikern und ich bin unverschuldet dazwischengeraten.

      »Vielleicht ist mir klar geworden, dass du mir lebend mehr hilfst«, sagt er mit einem breiten Grinsen. »Vielleicht ist mir aber auch klar geworden, dass Rache sich so viel besser anfühlen könnte, wenn man sie länger auskosten kann. Ich könnte dich jetzt töten und würde mich ein paar Tage, vielleicht auch nur Stunden, besser fühlen. Oder ich behalte dich einfach eine Weile und genieße die Vorstellung, wie viel wütender es deinen Vater machen wird zu wissen, dass du bei mir bist.« Ice packt mein Kinn und zwingt mich, ihn anzusehen. »Du bist die Rache für das Arschloch, das meine Mutter umgebracht hat, Stiefschwesterchen.«

      Ich schnappe heftig nach Luft und reiße mich los, dann rücke ich so weit, wie es möglich ist, von ihm ab. Ich mustere Ices Gesicht nachdenklich. Vielleicht hoffe ich, darin eine Lüge zu erkennen, aber alles, was ich sehe, ist Hass und Wut. Ich weiß, mein Vater ist zu Gewalt fähig. Ich weiß, er ist alles andere als ein Heiliger. Trotzdem werfe ich ihm vor, gelogen zu haben. »Das ist nicht wahr.«

      »Was davon? Dass du meine Stiefschwester bist?« Er zwinkert mir zu. »Glaub es, meine Mutter war die Frau deines Vaters, bis er sie ermordet hat.« Ice lacht und schüttelt den Kopf. »Du bist die Tochter eines Frauenmörders.« Seine Stimme klingt dabei giftig, hasserfüllt. Als würde er diese Worte regelrecht vor meine Füße kotzen.

      Ich schnaube abfällig, erschauere aber innerlich und spanne jeden Muskel in mir an, weil ich ihm glaube. Irgendwie. Dass es da eine andere Familie gibt, würde erklären, weswegen er nur so selten bei uns vorbeigeschaut hat. Wusste meine Mutter davon? Aber ich kann ihm nicht sagen, dass ich ihm glaube. Mein Vater ist kein guter Mensch. Er hat meine Mutter manchmal so grün und blau geschlagen, dass ich darüber nachgedacht habe, ihn mit Rages Waffe zu erschießen. Ich war keine acht Jahre alt, als der Gedanke mir zum ersten Mal kam. Ich habe seine Besuche gehasst und war froh, dass er nur so selten vorbeischaute. Anders als bei Rage, ihn mochte ich. Er war ruhig, freundlich, hat mit mir lange Wanderungen im Wald gemacht und mich gelehrt, die Natur zu lieben.

      »Du hast noch vor fünf Minuten gestanden, dass du auch tötest, was macht dich also zu etwas Besserem?«

      Er sieht mich an und zieht einen Mundwinkel hoch. »Nichts, Süße. Rein gar nichts.«

      Schaudernd ziehe ich mich mehr auf meine Seite zurück. Ich drücke mich so eng an die Tür, dass ein Teil von mir hofft, sie würde aufspringen, aber das wird nicht passieren, weil Ice die Türen von innen verriegelt hat. »Du willst mich vielleicht nicht töten, aber ich verspreche dir, ich werde nicht noch einmal zögern«, fahre ich ihn an. In meinem Inneren rast Blut und Adrenalin durch meine Venen, so sehr, dass ich kaum atmen kann und mir ganz schwindlig ist. Aber meine Stimme klingt fest und entschlossen, was ihn zu beeindrucken scheint, denn er wirft mir einen interessierten, fast schon amüsierten Seitenblick zu.

      »Du bist ganz schön tough, Süße«, sagt er mit einem dunklen Funkeln in den Augen. »Zuerst einmal bleibst du einfach bei mir. Und dann sehen wir weiter. Ich könnte dich noch immer töten. Vielleicht morgen.«

      Ich starre hoffnungslos aus dem Fenster, in der Ferne tauchen die Lichter der nächsten Stadt auf, aber als wir an die Kreuzung kommen, biegt Ice rechts auf die einsame Straße ab, die gut zwanzig Meilen durch nichts als Wald und Äcker führt. Als ich das sehe, sinkt auch die letzte Hoffnung in mir, ich könnte vielleicht in der Stadt irgendwie auf mich aufmerksam machen.

      »Was bringt es dir, wenn mein Vater nicht einmal weiß, dass du mich entführt hast, um dich zu rächen?«, frage ich ihn und muss schreien, um den harten Rock zu übertönen, den Ice im Radio eingestellt hat. Ich hinterfrage es nicht einmal, ob Ice mir die Wahrheit gesagt hat. Ich glaube ihm, dass mein Vater seine Mutter getötet hat. Es gab Situationen, da hat nicht viel gefehlt und er hätte meine auch getötet. Manchmal hat es ihn wütend gemacht, wenn er überraschend vorbeikam und sie high und betrunken war. Manchmal hat es ihn wütend gemacht, wenn sie so nervös war, dass sie sein Essen hat anbrennen lassen. Und manchmal hat sie auch gar nichts falsch gemacht. Was er nie getan hat, war mich zu schlagen. Aber wahrscheinlich hätte er mich dafür überhaupt erst mal beachten müssen. Das Einzige, was er mir jemals beigebracht hat, was ihm wichtig war: dass ich mich selbst schützen konnte, wenn er nicht da war.

      Ice dreht das Radio leiser, sieht mich flüchtig an, dann zuckt er mit den Schultern. »Er wird es rausfinden, da bin ich mir sicher. Wann auch immer er wieder jemanden schickt, um nach dir zu sehen.«

      »Ich lebe seit Monaten allein. Niemand war da, um nach mir zu sehen. Meine Mutter ist spurlos verschwunden, mein Vater war seit Jahren nicht mehr in Black Falls.«

      »Sein Prospect war erst vor ein paar Wochen hier, sonst hätte ich dich gar nicht gefunden. Dein Vater hat dich also nicht vergessen. Er überwacht dich nur aus der Ferne.«

      »Wieso sollte er das tun?«, will ich verwirrt wissen und bezweifle jedes Wort, das über seine Lippen kommt.

      »Er macht sich eben Sorgen um dich, will aber nicht, dass jemand davon erfährt, dass es dich gibt. Er hat viele Feinde. Du bist seine Tochter. Es gibt einen Grund, warum er wegen dir unsere Gesetze missachtet hat.«

      »Was für Gesetze?«

      »Die, die deine Welt von unserer trennen.«

      »Was ist das für eine Welt? Für Mörder und Vergewaltiger?«

      »Die, in der er Kids dazu zwingt, für ihn zu arbeiten. Die, in der er mit meiner Mutter zusammen war und sie getötet hat. In der er Krieg gegen andere Clans führt und alles vernichtet, was ihm und seinen Zielen im Weg steht.« Ice knurrt diese Worte regelrecht und wirft mir einen hasserfüllten Blick zu. »Du weißt offensichtlich nichts über deinen Vater.«

      Ich senke verlegen den Blick, als ich den Schmerz in Ices Augen sehe und ich diese tiefe Verletzung seiner Seele erkenne. Wahrscheinlich habe ich wirklich keine Ahnung, denn obwohl

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