GLOVICO. Ekkehard Wolf
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„Viola, wenn Sie hier irgendwo sind, bitte kommen Sie zu mir. Ich habe eine Nachricht von Rosi für Sie. Sie müssen sich nicht fürchten. Wir sind Freunde.“ Die Frau auf dem Baum darüber konnte sich nicht mehr länger halten. Ohne den geringsten Laut von sich zu geben, rutschte sie ab, versuchte nachzufassen, griff nochmals nach, griff daneben und schwebte danach ganz, ganz langsam von ihrem Versteck herab, direkt vor die Füße der überraschten Bodybildertypen. Sie fiel der Länge nach hin, spürte plötzlich einen stechenden Schmerz im Kopf und verlor das Bewusstsein.
Als sie wieder zu sich kam, blickte Viola Ekström in die Augen genau der Frau, deren unerwartete Anwesenheit sie zuvor – „wie lange war das eigentlich her?“ -in Panik versetzt hatte. Ihr reflexartiger Versuch, sich aufzubäumen, wurde von der bekannten Unbekannten mit sanfter Gewalt blockiert.
„Beruhigen Sie sich,“ versuchte die fremde Stimme in der bereits vertrauten Tonlage auf die Liegende einzuwirken. „Ich bin Agnieszka,“ gab ihr die Polin zu verstehen und wies zugleich dem am Steuer sitzenden Goliath an: „Fahr los!“
Nach einem Moment der Orientierungslosigkeit realisierte die Angesprochene, dass sie sich in dem von ihr selbst gemieteten VW-Bus befand. Sie lag auf der umgeklappten Rücksitzbank mit den Füßen im Gepäckraum. Vor ihr am Kopfende saß die Polin. Der Wagen war in Bewegung. Einer der beiden Bullen saß am Steuer. Der Zweite fehlte.
„Sie sollen sich nicht beunruhigen.“ Es dauerte einen Moment, bis der Sinn der Worte bis zu ihrem Bewusstsein vorgedrungen war, aber zugleich registrierte die Bedienstete der NSA, dass sie offenkundig am Leben war. Allein diese Wahrnehmung ließ ihre Lebensgeister wieder erwachen.
„Wer sind Sie?“ waren die ersten Worte, zu denen sie sich überwinden konnte.
„Ich bin Agnieszka,“ wiederholte die Frau neben ihr. „Wir waren verabredet. Ich bin die Überraschung, von der Ihnen Rosi hoffentlich erzählt hat. Rosi hat angerufen. Sie hat versucht Sie per Handy zu erreichen. Sie sind nicht an den Apparat gegangen. Wir haben uns Sorgen gemacht.“
Viola begann den Sinn der Worte schrittweise zu erfassen. Sie fing von hinten an.
„Rosi hat angerufen?“ wiederholte sie die letzte Bemerkung und war unmittelbar darauf erneut in der Situation, von der Polin mit sanfter Gewalt daran gehindert werden zu müssen, sich ruckartig auf zu richten.
„Sie werden sich weh tun.“ Immerhin war Viola Ekström bereits so weit wieder hergestellt, dass sie realisierte, dass die Frau neben ihr einen fast mütterlichen Ton anschlug. In der Sekunde danach hatte sie sich wieder voll im Griff.
„Ok, lassen Sie mich aufstehen und erklären sie mir, was hier abgeht,“ raunzte sie die auf der Rücksitzbank des Transporters vor ihr Sitzende mit noch nicht gänzlich wiederhergestellter Stimme an. „Aber passen Sie auf, dass Sie sich nicht den Kopf stoßen beim Aufrichten,“ entgegnete die Polin.
Sodann erzählte sie der Amerikanerin davon, was sie mit Ruth am Telephon vereinbart hatte.
„Wir müssen unbedingt über die Grenze nach Schweden,“ erklärte Agnieszka Malik abschließend, „sonst sind wir geliefert.“
„Ich verstehe nicht, wieso Schweden, wieso Grenze? Schweden gehören doch zur EU,“ begehrte die Frau von der NSA auf.
„Es gibt trotzdem praktisch keine Grenzkontrollen nach da mehr, die Grenze schon,“ belehrte sie Agnieszka, „und auf der anderen Seite sitzen unsere Leute. Erst danach sind wir in Sicherheit.“ Anschließend erfuhr Viola Ekström ein weiteres Mal von dem „Trojaner“. Danach hatte sie das dringende Bedürfnis nach einer Toilette. Der VW-Bus musste zudem nachgetankt werden.
„Ich denke, es wird besser sein, wir setzen die Fahrt getrennt fort,“ hatte die Polin beim Halt entschieden. „Ich fahre mit Tomas voraus. Sie kommen in etwa einer Viertelstunde nach. Kristof wird zur Sicherheit mit Ihnen fahren. Wir treffen uns das nächste mal in Haugastöl,“ hatte Agnieszka der Amerikanerin klar gemacht, aber dazu sollte es nicht mehr kommen.
Gleich, nachdem der Audi mit den beiden Polen abgefahren war, hatte sich Viola Ekström auf der Toilette frisch gemacht, anschließend noch schnell einen kleinen Imbiss eingenommen und ein kurzes Telephongespräch von der Telephonzelle aus geführt. Dann war sie mit ihrem polnischen Bodyguard am Steuer im VW-Bus ebenfalls wieder auf die Sieben eingebogen und nach Osten gefahren. Erst eine Viertelstunde später hatten sie den PKW wieder vor sich. Bereits aus der Ferne war das Auto nicht zu übersehen; denn er brannte lichterloh.
Ich bin mir nicht sicher
„Ich bin mir nicht sicher, ob das vernünftig ist, wenn wir so weit voraus fahren,“ hatte der Fahrer des dunkelblauen Audi A6 gerade zu bedenken gegeben, ohne von seiner Vorgesetzten eine Antwort zu erhalten. Nach dem Gespräch mit Viola Ekström hatte Agnieszka Malik das unbestimmte Gefühl, dass es nicht die ganze Wahrheit gewesen sein könnte, als die Amerikanerin in dem vorangegangenen Gespräch den Eindruck erweckt hatte, mit dem ‚Trojaner’ bisher noch nichts zu tun gehabt zu haben.
„Ich fürchte, dass wir es hier mit Menschen zu tun haben, die bereit sind über die sprichwörtlichen Leichen zu gehen,“ hatte sie der Amerikanerin eindringlich zu verstehen gegeben und sie danach ganz direkt gefragt: „Auf wessen Seite stehen Sie eigentlich?“
Die Frage war ihr einfach so herausgerutscht und sie hätte sich aufgrund der Unprofessionalität der Fragestellung selbst ohrfeigen mögen.
„Wie meinen Sie das?“ Viola Ekström hatte jedoch scheinbar unbeeindruckt zurück gefragt und dazu gelacht, als ob die Polin einen Scherz gemacht hätte. Agnieszka hatte sich hierdurch nicht beirren lassen, und mit Bestimmtheit gesagt: „Sie werden das alles verstehen, wenn wir auf der anderen Seite der Grenze sind.“ Um ihre neue Bekannte nicht zu beunruhigen hatte sie noch hinzugefügt: „Dort wartet auch Rosi.“ Das war gelogen. „Bis dahin haben Sie Geduld. Wir können von hier jetzt nicht telephonieren. Nach dem, was Rosi erzählt hat schon gar nicht.“ Das stimmte. Die Polin war bei diesen Worten richtig energisch geworden.
„Sie erinnern mich irgendwie an Rose. Behalten Sie um Gottes Willen die Nerven,“ hatte die Amerikanerin mit leicht ironischem Unterton noch festgestellt, bevor sie sich getrennt hatten. Die polnische Polizistin wurde aus ihren Gedanken gerissen. Der Wagen hatte abrupt abgebremst und angehalten.
„Eine Polizeikontrolle,“ stellte ihr Fahrer knapp fest. Kurz nach der norwegischen Ortschaft Maurset führten die Beamten vermutlich eine Routinekontrolle durch. Der Audi mit dem polnischen Kennzeichen hatte so kurz vor der schwedischen Grenze wohl ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Als die Insassen des Fahrzeuges sich mit ihren Pässen auswiesen, war ihr Schicksal besiegelt.
Der kontrollierende Beamte wandte sich um, trat einen Schritt zu Seite und stürzte mit einem Hechtsprung in den Straßengraben.
Der Pole auf dem Fahrersitz kam nicht mehr dazu, das Fahrzeug zu verlassen.
Die Detonation der Handgranate, die der hinter dem Seitenfenster des allradgetriebenen Fahrzeugs stehende Polizist in den Wagen geworfen hatte, ließ das Auto erbeben und zerfetzte den Mann.
Die Wucht der Explosion drückte die Heckscheibe des Wagens auf und die auf der Rückbank sitzende Polin wurde halb aus dem Fahrzeug geschleudert. Agnieszka Malik hatte die Granante ins Auto