GLOVICO. Ekkehard Wolf
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Für Viola Ekström verlief die Nacht auf dem Schiff keineswegs so wie erhofft
Für Viola Ekström verlief die Nacht auf dem Schiff keineswegs so wie erhofft. Zwar hatte sich nach dem Essen in der Bar zunächst ein attraktiv wirkender Schwede mit fast akzentfreiem Englisch an sie herangemacht. Die Erwartung auf ein unkompliziertes Date verflog jedoch recht schnell, nachdem sich ein weiterer Fahrgast zu ihnen gesellte. Der Amerikanerin wurde klar, das sich die beiden Männer kannten und offenkundig versuchten, sie entsprechend abgefüllt zu einem flotten Dreier zu veranlassen. Aber darauf stand der jungen Frau aus Kentucky nun einmal nicht der Sinn. Nicht, dass ihre Neugierde auf diesem Gebiet bereits befriedigt worden wäre. Sie hatte sich schlicht bereits vor Jahren auf dem Kollege entschlossen, sich auf derartige Spielchen nicht einzulassen. Es waren ausgerechnet ihre Kommilitonen gewesen, die ihr mit ihren Prahlereien über das, was sie in solchen Situationen mit dem Mädchen alles angestellten, die Lust auf derartige Erlebisse gründlich verdorben hatten. Aus vorweggenommener Rache für die entgangene Nachtbegegnung hatte sie die beiden Männer zwar erst noch kräftig angebaggert, um ihnen das Gefühl zu geben, da würde was gehen. Aber da es für den Aufbau einer weiteren Bekanntschaft bereits zu spät war, nutzte die junge Frau gegen 23.00 Uhr die Gelegenheit eines Gangs zur Toilette, um die beiden Schweden mit ihren Begehrlichkeiten allein zu lassen.
Zurück in ihrer Kabine packte sie ihr Notebook aus, stellte per Wireless LAN eine Verbindung zum Internet her und klinkte sich in ein laufendes Chatforum ein, in dem über Zombierechnern diskutiert wurde. Das, was sie dort erfuhr, passte zwar in das Bild, das ihr der unerwartete Besucher am Abend zuvor vermittelt hatte, trug aber zugleich dazu bei, dass sie der Begegnung des kommenden Tages mit abermals deutlich gemischteren Gefühlen entgegensah, als bisher.
Entgegen ihrer ursprünglichen Absicht verließ Viola Ekström die Fähre am nächsten Morgen bereits in Egersund.
„Ich hab’ wirklich keine Lust, die beiden Typen jetzt noch den ganzen Vormittag zu ertragen,“ hatte sie sich für diesen Entschluss selbst gerechtfertigt. Am Hafen hatte sie sich einen Mietwagen genommen. Bei dem Fahrzeug handelte es sich um einen kleinen Bus älteren Typs von Volkswagen.
„Notfalls kann ich mich da über Nacht einrichten,“ entschied die junge Frau. Die Fahrt über die neue Küstenstraße über Stavanger war anschließend ohne Probleme verlaufen. Auch das vereinbarte Haus, in dem das Treffen stattfinden sollte, hatte sie auf Anhieb ausfindig machen können. Der Schlüssel hatte verabredungsgemäß unter der Fußmatte gelegen. Bei ihrem Eintreffen war es erst kurz vor 18.00 Uhr gewesen. Ihr war damit ausreichend Zeit geblieben, sich im Gebäude selbst und in der näheren Umgebung ein wenig umzusehen. Außer ihrem Haus gab es noch vier andere Häuser gleicher Bauweise auf dem Gelände. Keines davon war belegt. Das Grundstück vor dem Haus mündete direkt an einen Fjord. Ein kleiner Bootsanleger mit einem Ruderboot bot der Besucherin Gelegenheit, ihre Lebensgeister unbeobachtet bei einem Bad im kalten Wasser zu reaktivieren.
Sie liebte diese Form der Entspannung. Gleich nach ihrer Ankunft hatte das tiefe Blau des Wassers an dem langgezogenen Fjord sie magisch angezogen. Sie liebte auch das klare, kalte Wasser. Das war einer der Gründe, warum sie keinerlei Probleme damit hatte, in Schottland ihren Dienst zu verrichten. Auch dort fanden sich solche Gewässer.
Die Erfrischung hatte eine knappe Dreiviertelstunde in Anspruch genommen. Gegen 18.45 Uhr war sie dann ins Haus zurück gegangen und schaltete den Fernseher ein. Auf einem der Programme lief eine der alten Serien aus US-Produktion, die in Europa anscheinend immer mit einer mehrjährigen Verzögerung auftauchten.
Viola ließ den Film laufen, da er in der Originalsprache gesendet wurde und lediglich mit Untertiteln auf norwegisch unterlegt war. Sie bemerkte erst am Ende des Films, dass es inzwischen bereits kurz vor acht war.
„Merkwürdig,“ dachte sie bei sich, „das passt doch eigentlich gar nicht zu ihr.“ Sie überlegte kurz, ob sie versuchen sollte, die Mobilnummer ihrer Freundin anzuwählen, entschied sich aber dann doch dagegen. „Wozu ein Risiko eingehen?“ Die blöde Panne ihres Vorgesetzten vor zwei Jahren, dessen Aufenthaltsort hatte geortet werden können, weil er vergessen hatte, sein Handy abzuschalten, steckte ihr noch immer in den Knochen. Seine Eltern hatten sich damals an die Telephongesellschaft mit der Bitte gewandt, ihn ausfindig zu machen, da seine Frau in einen schweren Autounfall verwickelt worden war. Der gesamte Auftrag hatte damals auf der Kippe gestanden, da die Eltern ihres Vorgesetzten versucht hatten, ihn über die örtliche Polizei ausfindig zu machen.
Die Zeit verging, aber „Rosi“ kam nicht.
Kurz vor halb neun hörte Viola ein Fahrzeug auf der Zufahrt zum Ferienhausgelände und ging sofort nach draußen.
Der Wagen war kurz vor ihrem Haus nach rechts weggebogen. Es handelte sich um einen dunklen Audi A6. Die genaue Farbe vermochte sie in der Dämmerung nicht zu erkennen. „Eine Polin,“ registrierte sie automatisch für sich, als sie das Nummernschild erblickte. Der Wagen hielt an einem der hinteren Häuser. Zwei junge Männer und eine Frau stiegen aus. „Merkwürdig, wieso zwei Männer?“ Als sie das Auto hatte einbiegen sehen, hatte sie sich zunächst darauf eingestellt, dass Ruth in dem Wagen sitzen könnte. Unwillkürlich spürte sie jetzt, wie jenes ungute Gefühl in ihr aufstieg, das sie in der Vergangenheit immer dann befallen hatte, wenn sich irgendetwas völlig anders zu entwickeln begann, als sie es geplant hatte.
„Besser, du verziehst dich hier jetzt erst einmal,“ hörte die junge Frau ihre innere Stimme sagen. Zurück im Haus hatte sie mit wenigen Handgriffen ihre Sachen aus dem Bad genommen und in die Reisetasche gesteckt. Als sie erneut die Tür öffnete um zu dem VW-Bus zu gehen, hörte sie die Stimmen der beiden Männer. Die Autotüren wurden zugeschlagen. Danach die Haustür. Dann herrschte Stille. Viola wartete eine lange Minute lang ab, lauschte, hörte nichts als das Rauschen des nahegelegenen Wasserfalls und das Geräusch vorbeifahrender Autos.
„Mach’ dich nicht verrückt,“ dachte sie bei sich, „jetzt irgendwo da draußen zu warten macht doch keinen Sinn.“ Doch die Vorsicht überwog schließlich. Ohne die Tür zu schließen überquerte sie mit wenigen Schritten die Zufahrt, erreichte den kleinen Trampelpfad, der in das Wäldchen führte und verschwand dort.
Bereits nach wenigen Metern machte sie Halt, wartete und lauschte in die Nacht. „Ok, dann lassen wir uns einmal überraschen.“ Vorsichtig stellte sie ihre Reisetasche ab und ließ sich darauf nieder. Ein Blick auf die Armbanduhr verriet ihr, dass es mittlerweile bereits kurz nach neun geworden war. „Ein Scheißspiel ist das,“ ärgerte sich die Rothaarige. „Rosi, wo steckst du nur?“
Die Minuten verstrichen. Von den Polen war nicht viel zu hören. Lediglich ein kurzes helles Lachen drang einmal zu der Wartenden herüber, dann noch ein etwas ausgedehnterer Quiekton, wie er weiblichen Wesen zueigen ist, wenn sie beispielsweise gekitzelt werden. Danach wieder Stille.
„Ich kann mir denken, was die da drüben treiben,“ dachte sich die junge Frau. Unwillkürlich fielen ihr dabei die beiden Typen wieder ein, die in der vergangenen Nacht versucht hatten, sich an sie heran