GLOVICO. Ekkehard Wolf

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GLOVICO - Ekkehard Wolf Europakrimi

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habe.“

      Die junge Frau merkte, wie ihre Gedanken abglitten. Hin zu jener Frau, deren Nichterscheinen sie zunehmend zu beunruhigen begann.

      Erstmals waren sich beide in Feldafing am Starnberger See im Rahmen eines informellen Treffens verschiedener Nachrichtendienste begegnet. Das Koordinationstreffen diente hauptsächlich der Abstimmung der Vorgehensweise und der Wege des Informationsaustausches zwischen den befreundeten Diensten in Fällen, in denen eine Seite den Verdacht auf Internetstraftaten hatte, die von einem Drittland aus gesteuert wurden. Das war gerade einmal fünf Jahre her. Allzu viel verstanden die Teilnehmer seinerzeit nicht von der Materie. Rose war damals so alt gewesen, wie Viola heute – neunundzwanzig. Sie selbst hatte dort ihren 25’sten Geburtstag verlebt. Eigentlich hieß sie ja Ruth, aber Viola hatte sie ganz einfach umgetauft, weil sie fand, dass dieser Name viel besser zu ihr passte. Ihre Dienststelle hatte die noch unerfahrene Mitarbeiterin gemeinsam mit neun männlichen Kollegen dort angemeldet, weil sie die Atmosphäre derartiger Veranstaltungen kennen lernen sollte. Große inhaltliche Erwartungen hegte von amerikanischer Seite seinerzeit niemand. Das Treffen war auf Wunsch der Deutschen zustande gekommen. „Rose“ hatte an der Tagung als Vertreterin des 1991 gegründeten Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik teilgenommen. Es gehörte zum Konzept der Veranstalter, dass sich die Teilnehmer aus den verschiedenen Ländern auch persönlich besser kennen lernen sollten.

      Die Unterbringung erfolgte daher gemischtnational. „Rose“ war Viola bereits bei der Vorstellungsrunde aufgefallen. Die Deutsche hatte nicht ganz ihre Größe, war schlank, dunkelblond, und litt offenkundig nicht an einem Mangel an Selbstvertrauen.

      „Ach ja, und falls das noch jemand nicht bemerkt haben sollte, ich bin eine Frau,“ hatte sie zum Abschluss ihrer Vorstellung mit eisigem Blick in die von Männern dominierte Runde geworfen. Viola selbst war fast Einmeterfünfundsiebzig groß, von Natur aus ebenfalls blond und hatte das, was man eine sportliche Figur nennt. Dass ihr in der Schule und ebenso auf dem College aufgrund ihres Aussehens nicht selten der nicht als Anerkennung gemeinte Spitzname ‚die Deutsche’ angehängt wurde, hatte ihr keineswegs geschmeichelt. Die Rotfärbung ihrer Haare war bereits als Jugendliche in gewisser Weise ihre kleine Trotzreaktion gewesen. In Feldafing hatte sich Viola das Zweibettzimmer mit Rose geteilt. Im Verlauf der vierzehntägigen Begegnung, waren sich beide schnell näher gekommen und das nicht nur mental. Für Viola war es eine völlig neue Erfahrung gewesen, mit einer Frau zusammen zu sein. Gleichgeschlechtlichen Sex zu haben, war für sie bis dahin unvorstellbar gewesen. Auch danach war sie nie der Versuchung erlegen, sich mit einer anderen Frau einzulassen. Mit Rose dagegen war das etwas anderes gewesen. Noch immer lief ihr ein kleiner Schauer über den Rücken, wenn sie sich an deren erste intensive Berührung erinnerte. Sie hatte es einfach nicht halten können und hätte ihre Lust fast laut hinaus geschrieen.

      Zum Glück war Rose so geistesgegenwärtig gewesen, ihr die andere Hand vor den Mund zu halten. Sie hatten sich nicht nur in dieser ersten Nacht noch mehrfach geliebt und Viola würde die unglaublich intensiven Orgasmen nie vergessen, die sie mit dieser Frau erlebt hatte. Ihr selbst verschaffte es damals zudem eine unbeschreibliche Genugtuung zu erleben, wie ihre Freundin sich durch ihre Berührungen von Höhepunkt zu Höhepunkt treiben ließ. Zum Abschluss der Tagung hatte die Ältere sie gewohnt zärtlich und irgendwie auch wieder ungewohnt energisch in den Arm genommen und ihr sanft und zugleich bestimmt ins Ohr geflüstert: „Das bleibt natürlich unser süßes kleines Geheimnis, Liebes.“

      Wir haben Begleitung

      Wir haben Begleitung,“ hatte Tolja wenige Stunden zuvor seiner Begleiterin in Norwegen ohne großes Aufheben mitgeteilt und mit dieser Bemerkung seine Mitfahrerin abrupt aus ihren Betrachtungen gerissen.

      „Das gefällt mir gar nicht,“ antwortete die Frau erwartungsgemäß.

      „Gut, dann werden wir uns von denen mal verabschieden,“ entgegnete ihr Fahrer. In Bergen hatten sie direkt nach ihrer Ankunft einen kurzen Blick in die Altstadt geworfen. Anschließend waren sie in Richtung Eidfjord gefahren. Die beiden BMW im Schlepptau. Einem weniger geübten Beobachter als Tolja wäre das kaum aufgefallen. In Norheimsund fuhren sie zum Fähranleger. Als sie eingewiesen wurden, wollte der Rover nicht anspringen. Tolja winkte die anderen wartenden Fahrzeuge vor und machte sich sodann im Motorraum des schweren Fahrzeugs zu schaffen. Die beiden BMW mussten, - so die Rechnung- um nicht aufzufallen, notgedrungen auf das Boot gehen. Sobald die Fähre abgefahren wäre, wollte der Kosak den Range Rover wenden, der seine Lebensgeister auf wundersame Weise wieder erlangt haben würde und das Geländefahrzeug zurück auf die Straße nach Kvandal lenken. Er hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht.

      Lediglich einer der beiden BMW lenkte auf die Fähre. Der andere fuhr weiter.

      „Den sind wir erst einmal los,“ zeigte sich Tolja trotzdem erleichtert. Der Wagen würde jetzt bis Odda unterwegs sein und fiel folglich als Verfolger für die nächsten Stunden aus. Falls der zweite Wagen wieder auftauchen sollte, würde er kurz hinter Nesheim dasselbe Spiel an der Fähre nach Brimnes ein weiteres Mal spielen.

      „Das ist keine so gute Idee,“ gab ‚Tatjana’, alias Ruth Waldner, nach einem Blick auf die Karte zurück.

      „Besser du versuchst es noch einmal in Kvandal. Die Fähre von dort fährt bis Kinsarvik. Wenn wir sie an der Stelle abhängen, können wir den Übergang bei Nesheim nehmen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, wenn wir es heute noch bis Eidfjord schaffen wollen. Halt’ aber jetzt erst einmal kurz an der Tankstelle hier an. Ich muss auf die Toilette und außerdem telephonieren.“

      Der BMW war weit und breit nicht zu sehen. „Was zum Teufel haben die vor?“ Die Deutschrussin begann sich ernsthaft Sorgen zu machen. An der kleinen Bar der Tankstelle versuchte sie ihre amerikanische Freundin vom Münzfernsprecher in der Hütte zu erreichen, in der sie verabredet waren. Das Handy hatte sie offenkundig abgestellt und war auf diesem Wege nicht zu erreichen.

      „Stell das Gerät an Kleines,“ flehte Ruth Waldner trotzdem in sich hinein, während sie darauf wartete, dass der Hörer am anderen Ende der Leitung abgenommen würde. Aber die Angeflehte konnte sie nicht hören.

      Mit einem Ruck wurde statt dessen Viola aus ihren Träumereien gerissen. Das Telephon im Haus klingelte und die Polen standen auf einmal in der Tür ihres Hauses. Aber sie kamen nicht heraus und sie gingen nicht hinein. Lediglich die Frau verschwand für einige Augenblicke im Innern und nahm den Hörer ab. Im Licht der durch den Bewegungsmelder eingeschalteten Lampe konnte die Amerikanerin auf die geringe Entfernung nacheinander die Gesichter der beiden Männer fast klar erkennen. Markant, ein wenig bullig, kurzgeschorene Haare, Schlägertypen oder auch Security. Nur wenige Augenblicke später tauchte auch die Frau wieder auf. Dem Aussehen nach mochte sie Ende Dreißig oder auch Anfang Vierzig sein. Schwer zu sagen bei diesem Licht. „Irgendwie, wie Rose,“ stellte Viola unwillkürlich fest, „nur ein bisschen älter.“ Auf die Beobachterin wirkte sie nervös und erstaunlicherweise gab sie sich auch keinerlei Mühe, ihre Nervosität zu verbergen. Offenkundig war sie es, die hier das Kommando führte. Auf eine kurze Weisung hin begannen die Männer sodann, die Umgebung abzusuchen. Viola duckte sich so gut es ging in das Gebüsch.

      „Viola,“ rief die Polin mit deutlichem Akzent auf Englisch, „wenn Sie hier in der Gegend sind, kommen Sie bitte zum Haus, ich habe eine Nachricht von Rosi für Sie.“

      Während die beiden Männer das Unterholz mit ihren Lampen zu durchdringen versuchten, überlegte die Angesprochene, wie sie reagieren sollte. Sie begriff, dass die Suche ihr galt und dass die Frau gerade nach ihr gerufen hatte. Aber sie konnte sich trotzdem nicht dazu entschließen, ihr Versteckspiel zu beenden. Statt dessen nutzte sie die Unruhe und zog sich mit wenigen Handgriffen an den Ästen des nächststehenden Baumes hoch. Sekunden später standen

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