Wind über der Prärie. Regan Holdridge

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Wind über der Prärie - Regan Holdridge

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wollte Juliane wissen. Sie unterhielten sich immer auf Deutsch, was ihrer Sprachförderung nicht gerade zugute kam.

      Doktor Retzner zuckte die Schultern. „Ich weiß es nicht, wirklich nicht...Julie!“ Er grinste breit, als er den zufriedenen Ausdruck auf ihrem hübschen Gesicht bemerkte. „Weißt du was? Von jetzt an werde ich dich nur noch so nennen!“

      Ein paar Meter neben dem Wagen, abseits von dem aufgeweichten Schlamm der Straße marschierten diejenigen, die sich entweder keinen Wagen hatten leisten können oder sich mit anderen beim Fußmarsch abwechseln mussten, weil die Tiere nur eine bestimmte Anzahl von Leuten ziehen konnten.

      „Bald fängt es wieder zu dämmern an“, meinte Hubert und richtete seinen Blick nach oben, zu den grauen Aprilwolken. „Ich frage mich, wann wir endlich ankommen werden.“

      Sein Vater schien ihm nicht richtig zugehört zu haben. „Ja“, erwiderte er nur. „Ja, ja.“

      Erstaunt zog Hubert die Brauen hoch. „Was ist denn?“, wollte er wissen und folgte dem Blick seines Vaters, der an ihrem Wagen, genauer, am Kutschbock hing, wo sich seine einzige Tochter und der österreichische Arzt angeregt unterhielten.

      Hubert musste ein Grinsen unterdrücken. „Sieht fast so aus, als würden Hardys Berechnungen nicht nur auf dem Interesse einer schnellen Ankunft beruhen“, gluckste er, nur mit Mühe die Beherrschung wahrend.

      Friedrich warf ihm einen strengen Blick zu. „Solche Anschuldigungen verbitte ich mir! Ich halte Hardy für einen ausgesprochen höflichen, wohlerzogenen, jungen Mann!“

      „Oh, ich habe nichts Gegenteiliges behauptet!“, wagte Hubert zu widersprechen. Niemandem konnte entgehen, mit welch ungewöhnlicher Aufmerksamkeit der österreichische Arzt seine kleine Schwester bedachte. „Aber ich bin der Ansicht, er passt nicht zu ihr.“

      „Passen!“, stieß Friedrich verächtlich hervor. „Was heißt hier passen? Ob ein Ehemann zu einem Mädchen passt oder nicht, haben immer noch die Eltern zu entscheiden.“

      Huberts braune Augen weiteten sich. Er biss sich auf die Lippen. „Du...du meinst, Hardy und Juliane sollten...ich meine...sie sollten...“

      „Warum nicht?“, unterbrach Friedrich sein Gestammel. „Nicht sofort, natürlich! Erst, wenn wir am Ziel angekommen sind und uns eine Existenz aufgebaut haben. Vorher gebe ich sie ihm nicht, aber dann – was spricht dagegen?“

      Hubert atmete tief durch. Er konnte sich nicht helfen. Sicher, die Argumente seines Vaters waren durchaus vernünftig. Bisher hatte Hardy sich nur von seiner besten Seite gezeigt und Hubert bezweifelte, dass es da eine andere, eine schlechte Eigenschaft an ihm gab, die sie noch nicht kannten. Doch es gab einen Punkt, den er ganz klar in Frage stellte und den er für die Eheschließung als absolut notwendig erachtete: „Juliane liebt ihn nicht.“

      Friedrich starrte ihn perplex an. „Bitte?“, fragte er. „Was hast du gesagt?“

      Hubert schluckte. Er wusste, was es bedeutete, sich mit seinem Vater auf eine Diskussion einzulassen. Friedrich war gebildet und schlagfertig und zudem noch mit einem gesunden Selbstbewusstsein ausgestattet, durch das er sich unangefochten als Oberhaupt innerhalb seiner Familie sah.

      „Nun“, erwiderte der junge Mann gedehnt. „Ich denke, dass Juliane nicht die Gefühle für ihn hegt, die für eine Ehe wichtig wären.“

      „Liebe“, sagte Friedrich und das Wort klang aus seinem Mund, als sei es ein Fremdwort. „Liebe innerhalb einer Ehe bringt meistens nur Ärger mit sich! Die Liebe kommt schon im Laufe der Jahre, wenn erst einmal Kinder da sind und die Frau weiß, wo sie hingehört! So war das auch bei eurer Mutter und mir! Unsere Eltern haben bestimmt, dass wir heiraten werden und wie du siehst, sind wir nach fast zwanzig Jahren immer noch glücklich. Was können zwei Menschen sich mehr wünschen?“

      Hubert antwortete nichts darauf, sondern richtete seinen Blick stur auf den Boden vor seinen Füßen. Nun gut, es war offensichtlich, dass Doktor Retzner Interesse an Juliane zeigte. Kein Wunder, dachte er, sie ist eine reizende, junge Dame geworden, richtig erwachsen.

      Dass sie ihn nicht liebte, höchstens bewunderte und verehrte, konnte Hubert allerdings nicht entgehen. Dazu war er zu sensibel und feinfühlig und dafür kannte er seine Schwester auch zu gut. Er bezweifelte nicht, dass sie sich erfolgreich weigern würde, sollte Friedrich auf den Gedanken kommen, sie – erstmal in Oregon, Kalifornien oder wo auch immer angelangt – mit dem Österreicher verheiraten zu wollen. Sie war doch noch so jung und Hardy Retzner fast doppelt so alt! Hubert seufzte leise. Nein, das Leben war weiß Gott nicht einfach, zumindest nicht für ein Mädchen. Ein Mann konnte sich aussuchen, welche Frau er haben wollte, zu ihren Eltern gehen und um ihre Hand anhalten und wenn die Eltern ihn als gut genug empfanden, gaben sie ihre Tochter frei. Wie ein Stück Vieh, schoss es Hubert durch den Kopf und ein Schauer jagte über seinen Rücken, genau wie eine Kuh oder ein Pferd. Dann wird sie an denjenigen weitergereicht, den ihre Eltern als den Besten betrachten, der sie haben möchte.

      Noch am selben Abend, bei Dämmerung und einem kalten, schneidenden Frühjahrswind erreichten sie St. Louis, eine der westlichsten Städte, die noch als zivilisiert bezeichnet werden konnten. Sie überquerten den Mississippi an einer flachen Stelle und ohne, dass einer der Wagen umkippte, obwohl die Zugtiere erschöpft und müde waren und der Wasserpegel aufgrund der Schneeschmelze eine ordentliche Höhe aufwies.

      „Jetzt, mein Junge“, sagte Friedrich und Stolz schwang in seiner Stimme mit. „Jetzt haben wir den Osten hinter uns gelassen und nur noch der endlose, weite Westen wartet auf uns!“

      Ein Engländer mittleren Alters, der die Strecke schon einmal gefahren war, es sich dann anders überlegt hatte und wieder nach New York zurückgekehrt war, um es jetzt noch einmal zu versuchen, führte sie ein Stück außerhalb der ersten Häuser der stetig wachsenden, für die Verhältnisse ausgesprochen modernen Stadt, zu einer abgeschiedenen Wiese. Dort standen, wild durcheinander und scheinbar ohne Anordnung, bereits unzählige Planwagen von anderen Trecks und dazwischen erhoben sich mindestens ebenso viele Zelte. Das einzige Gebäude in der sichtbaren Umgebung war eine mächtige Scheune.

      „Wie?“, sagte Luise fassungslos. „Sollen wir etwa die ganze Zeit über hierbleiben, bis es weitergeht? Nur in unseren Wagen oder den Zelten?“

      „Scheint so“, entgegnete Hubert und griff in die Zügel des Gespanns, um es anzuhalten.

      „Nun“, meinte Friedrich und schaute sich um. „Es kann sich ja hoffentlich nur um wenige Tage handeln, bis wir uns einem anderen Treck anschließen können!“

      „Sprich, wir sitzen erst einmal hier fest“, murmelte Hubert leise und machte ein finsteres Gesicht. Hoffentlich würde es sich nicht allzu lange hinziehen – er war ungeduldig, er wollte nicht unnütz hier herumsitzen!

      Sein Vater neben ihm seufzte tief. „Ja, es hat fast den Anschein, als müssten wir es uns hier vorerst gemütlich machen.“

      Hubert blickte um sich, betrachtete die Gesichter, die ihm mittlerweile schon vertraut vorkamen und die müde und erschöpft aussahen.

      „Ich glaube“, murmelte er, mehr zu sich selbst, „da sind wir nicht die einzigen.“

      Die anderen Reisenden ihres Wagentrecks begannen, einen Kreis mit ihren Wagen zu formen und Hubert trieb die Maultiere vorwärts, um sich ihnen anzuschließen. Danach begannen sie alle, sich bestmöglich für die Nacht vorzubereiten und die Ochsen und Pferde zu versorgen. Sie versammelten die Tiere in der Mitte der Wagen, wo die ersten auch bereits begannen, offene Feuer zu entfachen.

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