Wind über der Prärie. Regan Holdridge

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Wind über der Prärie - Regan Holdridge

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und eines Tages werden keine Indianer mehr übrig sein – ausgerottet, wie manche Tierart das heute schon ist. Aber hast du dich jemals gefragt, warum es soweit kommt? Wir sind mit ein Grund dafür, nur ein kleiner, aber wir sind einer. Wir drängen uns in dieses Land und womöglich in hundert Jahren oder schon früher wird eine ehrliche, gebildete Generation auf den Bergketten stehen und das Land unter sich betrachten – weit und grün und fruchtbar. Wenn die letzten Spuren ihrer einstigen Bewohner längst mit dem Präriewind davongeweht sind und sie sagen: ‚Schau, das hier waren einst die Jagdgründe des Roten Mannes und sie sind gleichzeitig sein Grab geworden.’ Nun ja, du weißt, ich zweifle ernsthaft, dass dies jemals so passieren wird. Die Menschheit ist zu raffgierig für solcherart Erkenntnisse...“

      Ruckartig wandte er sich ab. Er warf den Stofffetzen zornig neben den Wagen und stapfte davon, hinaus in die nächtliche Prärie und in die Dunkelheit. Seine Worte ließen Hugh mit einer Gänsehaut zurück und dem betäubenden Schlag der Feststellung, dass er dumm und ungebildet war und dass es an ihm ganz alleine lag, seinen Horizont zu erweitern. Nie hatte er mehr Ehrfurcht, Respekt und Anerkennung für einen anderen Menschen empfunden als in dieser Sekunde für Hardy Retzner.

      Sie erreichten Fort Gibson zwei Tage später. Es war quadratisch, aus niedrigen Holzhäusern gebaut, umgeben von einer Mauer aus Baumstämmen und wesentlich kleiner, als sie erwartet hatten. Es stand auf einer kleinen Anhöhe zwischen Mischwald und Prärie, drei Meilen flussaufwärts der Stelle, wo der Arkansas, Grand und Verdigris River ineinander übergingen. Ein einziger Weg führte zwischen den Bäumen hindurch und über die Ebene bis zum Fort hinauf. Die beiden Wachtürme waren besetzt und einer der Soldaten schrie herunter, was sie wollten. Charlie hob seinen Arm und rief etwas zurück. Keine fünf Minuten später öffnete sich das Tor und ein großer, schlanker Mann mit dunklem Vollbart trat energischen Schrittes auf sie zu. Ihm folgten vier Soldaten, jeder mit einem Revolver im Holster um die Hüften. Seine Augen glitten abschätzend über die Gruppe von Siedlern hinweg. Dann wandte er sich dem Mann auf dem Rapphengst zu.

      „Schon wieder welche? Hab ich dir nicht das letzte Mal schon gesagt, dass...“

      „Ja, ja!“, unterbrach Charlie ihn eilig. „Sie kennen meine Ansicht, Captain! Was ist übrigens aus dem vorigen Treck geworden?“

      „Oh, die sind auf die andere Seite des Arkansas gewechselt. Ich weiß nicht, was sie inzwischen machen. Habe nichts mehr von ihnen gehört“, lautete die knappe Antwort. Mit drei, vier großen Schritten trat er auf die Siedler zu. „Nun gut, jetzt sind Sie alle einmal hier!“ Er wartete auf eine Reaktion, doch alle schwiegen gespannt und gleichzeitig ein wenig ängstlich, was nun mit ihnen geschehen würde. „Dies hier ist offiziell noch immer Indianerland, auch wenn keiner sagen kann, wie lange noch! Sie haben deshalb kein Recht, sich darauf niederzulassen! Das Heimstättengesetz gilt hier nicht! Sie betreten dieses Land widerrechtlich! Ich hoffe sehr, Sie sind sich dessen bewusst! Das Problem ist, ich habe strikte Order, jeden davonzujagen, der versuchen sollte, hier einzudringen und jede Art von Ansiedlung sofort zu unterbinden!“

      „Ach, kommen Sie schon!“, ächzte Charlie, die Augen verdrehend. „Sie wissen, das sind nicht die ersten...“

      „Das ist mir vollkommen klar!“, unterbrach der Captain ihn scharf. „Und genau das ist der Punkt! Ich bin mir durchaus der ganzen Entwicklung bewusst, die unter Captain Paynes Leitung stattgefunden hat! Und ich weiß auch, dass niemand abschätzen kann, wieviele solcher Wagentrecks er hierher gebracht hat und ihnen gestattet hat, sich hier niederzulassen. Und ja, es gibt auch Rinderfarmen weiter nördlich, auf dem Gebiet des Indianerterritoriums! Trotzdem gibt es Ihnen nicht das Recht zu bleiben!“

      „Genau das, was ich schon die ganze Zeit sage“, raunte Hardy Retzer mit einem Hauch grimmigen Triumphes.

      „Ich habe keinen von Ihnen und Ihren Leuten jemals gesehen!“, brüllte der Captain jetzt, ihrem Führer einen finsteren Blick zuwerfend. „Bring sie weg und sieh zu, dass sie sich in der Nähe der Grenze zu Arkansas aufhalten!“

      „Jawohl, Sir!“ Charlie grinste zufrieden. „Ich mache, was immer Sie sagen, Captain!“

      Das ausbrechende Freudengeschrei wurde durch eine abrupte Armbewegung des Kavalleriemannes im Keim erstickt. „Es kann ständig zu Indianerüberfällen kommen! Bereiten Sie sich lieber darauf vor und suchen Sie sich einen fähigen Mann aus, dem Sie den Sheriffstern ans Hemd pinnen! Diese Wilden haben uns nicht gerade viel Freude bereitet im letzten Jahr! Also, machen Sie sich keine falschen Illusionen!“

      „Aber das Land gehört doch der Regierung, oder etwa nicht?“, schallte eine männliche Stimme hinter einem der Wagen hervor.

      „Das ist zwar korrekt“, nickte der Captain. „Aber es wurde den Stämmen zugesprochen!“

      „Ich frage mich, wie lange die Regierung die Aufsätzigen noch unter Kontrolle halten kann, ohne hässliche Schlachten!“ Charlie grinste verächtlich.

      Captain Harbach hob die Brauen, sichtlich verärgert. „Das ist weder etwas, das ich entscheide, noch mit dem Sie jemals konfrontiert werden! Aber solange wie ich hier die Befehle erteile, will ich Sie niemals wiedersehen oder ich schwöre, ich lasse Sie in der nächsten Zelle versauern und für organisierten Landraub anklagen! Habe ich mich deutlich ausgedrückt?“

      „Klar und deutlich!“ Das Grinsen auf dem Gesicht ihres Führers wurde breiter. „Auf dem Rückweg werde ich mal bei einem der Rancher vorbeischauen, Sie wissen schon, die haben richtig gutes Land für ihr Vieh gefunden, nicht weit von der Grenze und die Indianer haben dreimal versucht, sie davonzujagen...aber sie kommen immer wieder zurück!“

      Der Captain schürzte die Lippen. „Das ist eine Geschichte ganz nach Ihrem Geschmack, was?“

      „Natürlich! Diese Leute haben das beste Recht, sich hier niederzulassen! Nichts von diesem wunderbaren, fruchtbaren Land wurde jemals schriftlich an die Indianer abgetreten!“

      „Geht mir einfach aus dem Blick! Und rechnen Sie nicht mit irgendeiner Hilfe von meiner Seite, sollte es zum Schlimmsten kommen!“

      „Jawohl, Sir!“ Es klang respektlos und er ließ seinen schwarzen Hengst auf der Hinterhand umdrehen.

      Julie hatte weder ihm zugehört, noch irgendetwas überhaupt registriert, was während der letzten Minuten gesprochen worden war. Ihre Augen hingen an einem der Soldaten, die den Captain begleiteten. Ihr war schwindlig und ein seltsames Kribbeln breitete sich in ihrer Magengegend aus. Er bemerkte sie nicht hinter dem Wagen, hinter dem sie sich versteckte und sie fühlte sich erleichtert, dass er ihr keinen Blick schenkte, denn sie war zu nichts weiter in der Lage, als ihn wie eine törichte Gans anzustarren. Er war groß und schlank, mit einem feingeschnittenen Gesicht und blonden Haaren. Obwohl sie ihn noch nie zuvor gesehen hatte, erschien es ihr, als habe sie diese Reise nur angetreten, um diesem Mann zu begegnen. Nie zuvor hatte sie solche Gefühle in sich aufwallen bemerkt. Was war nur in sie gefahren? War sie mit all den Strapazen der vergangenen Wochen schon verrückt geworden? Sie konnte ihren Blick einfach nicht von ihm abwenden, als er nun mit langen Schritten dem Captain durch das Tor ins Fort folgte. Beinahe enttäuscht, wandte sie sich ab. Vermutlich würde sie ihn niemals wiedersehen und die Vorstellung erschien ihr unerträglich. Sie musste diesen Mann wiedersehen, ganz gleich, wie sie es auch anstellte! Sie musste! Julies Herz raste wie verrückt und sie nahm die anderen Menschen um sich herum kaum wahr. Sie schienen keine Bedeutung mehr zu haben, jedenfalls nicht dieselbe wie noch wenige Minuten zuvor.

      Hardy Retzner stieß einen tiefen Seufzer aus, als er plötzlich neben ihr auftauchte. „Es scheint mir fast, als seien wir bei Weitem nicht die ersten, die sich hier unbefugt niederlassen.“

      Hugh grinste breit. „Das heißt, wir brauchen uns keine weiteren Gedanken mehr

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